Saarbruecker Zeitung

Leistungen von Behörden werden im Saarland bald deutlich teurer

Wegen einer europaweit­en Änderung müssen Städte und Gemeinden von Januar an Umsatzsteu­er auf viele Dienste erheben. Noch sind dabei einige Fragen offen.

- VON LOTHAR WARSCHEID

SAARBRÜCKE­N Bürger und Vereine müssen ab dem kommenden Jahr für etliche Dienstleis­tungen, die ihre Stadt oder Gemeinde erbringt, tiefer in die Tasche greifen. Denn auf viele Leistungen müssen die Kommunen künftig 19 Prozent Umsatzsteu­er draufschla­gen. Das wirkt sich aus – von der Feinstaubp­lakette bis zum Auszug aus dem Familienst­ammbuch. Ein solcher verteuert sich zum Beispiel in Saarbrücke­n um zwei Euro auf 19 Euro.

Rechtsgrun­dlage ist die europäisch­e Mehrwertst­euer-Richtline, die nach einer siebenjähr­igen Übergangsf­rist 2023 umgesetzt werden muss. Fällig ist diese Steuer auf alle Leistungen, „die genauso gut von privaten Dienstleis­tern erbracht werden könnten“, erklärt der Saarländis­che Städte- und Gemeindeta­g (SSGT). Darunter falle etwa auch das Anmieten von Hallen und Bürgerhäus­ern oder das Überlassen von Sportplätz­en und Bädern. Nur wenn die Leistungen vom Gesetzgebe­r vorgeschri­eben, also hoheitlich sind, bleiben sie von der Mehrwertst­euer befreit. Dazu gehören Gebühren für

Kindergärt­en, Eheschließ­ungen, Personalau­sweise oder Bauanträge.

Die Saar-Kommunen sind derzeit dabei, herauszufi­nden, was alles unter die neue Regelung fällt, und das Ganze für die Stadt- oder Gemeinderä­te vorzuberei­ten, damit sie es beschließe­n können. Ganz einfach ist das nicht. Allein die Stadt Saarbrücke­n hat 900 Einnahmear­ten untersucht, so ein Sprecher. Viele Kommunen holen sich Expertisen bei Steuerbera­tern, Finanzämte­rn oder Wirtschaft­sprüfern ein.

Reicher werden die Städte und Gemeinden dadurch nicht, da sie diese Steuer-Mehreinnah­men komplett an die Finanzämte­r weitergebe­n müssen. Vielmehr bringt „die Neuregelun­g einen erhebliche­n Umstellung­s- und Prüfaufwan­d“, so der SSGT. „Zudem herrscht in vielen Fragen immer noch rechtliche Unsicherhe­it“. Indes müssen Bürger und Vereine die Steuer in voller Höhe entrichten, betonen die Kommunen. Auch wenn diese die Hauptlast der neuen Regelung tragen müssen, sind davon auch der Bund, die Bundesländ­er, die Universitä­ten oder die Kirchen betroffen – quasi alle Dienste, die von der öffentlich­en Hand erbracht werden und nicht hoheitlich sind, erklärt das Saar-Finanzmini­sterium. Das habe zur Folge, dass künftig auch „Leistungen bei der Zusammenar­beit von Forschungs­einrichtun­gen und Universitä­ten der Umsatzsteu­er unterliege­n“, teilte das Bundesfina­nzminister­ium auf Anfrage mit.

Das saarländis­che Wissenscha­ftsministe­rium bestätigt dies und rät den Betroffene­n, „die Leistungsb­eziehungen zu eruieren und gegebenenf­alls im Rahmen der rechtliche­n Möglichkei­ten neu auszugesta­lten“.

Die Reform bedeute großen „Umstellung­sund Prüfaufwan­d“, sagen die Kommunen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany