Saarbruecker Zeitung

Mit „Doppelwumm­s“gegen hohe Energiepre­ise

Mit einem 200 Milliarden Euro schweren „Abwehrschi­rm“will die Bundesregi­erung die hohen Energiepre­ise bekämpfen. Die Preise für Strom und Gas sollen gedeckelt werden, die umstritten­e Gasumlage ist stattdesse­n passé.

- VON ANTJE HÖNING UND JANA WOLF

adRkhm Die umstritten­e Gasumlage ist Geschichte, die Gaspreisbr­emse kommt: Mit einem „Abwehrschi­rm“über satte 200 Milliarden Euro will die Bundesregi­erung gegen die hohen Energiepre­ise angehen. Am Donnerstag stellten Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) die Pläne vor. „Die Preise müssen runter“, sagte der Kanzler, der wegen seiner Corona-Infektion virtuell zugeschalt­et war. Zur geplanten Stützung der Energiever­sorgung und den Preisbrems­en sagte Scholz: „Das ist ein Doppelwumm­s“. Die Details.

Wie funktionie­rt die Strom- und Gaspreisbr­emse?

Im dritten Entlastung­spaket hat die Bundesregi­erung bereits eine Strompreis­bremse angekündig­t. Danach soll den privaten Haushalten ein Basisverbr­auch gutgeschri­eben werden, für den sie einen vergünstig­ten Preis bekommen. Nur für das, was sie darüber hinaus verbrauche­n, müssen sie den vollen Preis zahlen. An den Details arbeitet das Wirtschaft­sministeri­um noch. Eine Idee ist es, den Haushalten 80 Prozent des Vorjahres-Verbrauchs gutzuschre­iben. Ähnliches ist nun beim Gaspreis geplant. Ende Oktober soll die vom Bund eingesetzt­e Gas-Kommission hierzu Vorschläge vorlegen.

Was wird aus Gasumlage und Mehrwertst­euer-Senkung?

Die Umlage tritt nicht wie geplant am Samstag in Kraft, sondern wird gekippt. „Sie geht in die Annalen der Geschichte ein“, sagte Habeck. Sollte es bei einzelnen Versorgern schon Abzüge gegeben haben, müssten diese zurückgeza­hlt werden. „Die Senkung der Mehrwertst­euer bleibt aber erhalten und soll auch auf Fernwärmek­unden ausgedehnt werden“, so Habeck weiter. Zum 1. Oktober sinkt die Steuer bei Gas von 19 auf sieben Prozent.

Wie soll das Ganze finanziert werden?

Der „Abwehrschi­rm“soll aus dem Wirtschaft­s- und Stabilisie­rungsfonds ( WSF) gespeist werden, den die Bundesregi­erung mit 200 Milliarden Euro ausstatten will. Die Summe soll über einen Kredit finanziert werden. Mit diesem Finanzvolu­men werde man in der Lage sein, bis 2024 „die Aufgaben zu bewältigen, die jetzt vor uns stehen“, sagte Scholz. Zum Vergleich: In der Bankenkris­e waren es 500 Milliarden Euro, in der Corona-Krise 600 Milliarden. Lindner betonte: „Deutschlan­d zeigt hier seine wirtschaft­liche Schlagkraf­t in einem Energiekri­eg.“

Was wird aus der Schuldenbr­emse?

Der Finanzmini­ster bedient sich eines alten Tricks und setzt auf ein neues Sonderverm­ögen. Die Schuldenbr­emse soll weiterhin gelten. Lindner betonte, man schlage nicht den Weg einer „expansiven Fiskalpoli­tik“ein. „Aus diesem Grund wählen wir ja das Instrument Wirtschaft­s- und Stabilisie­rungsfonds mit einer klaren gesetzlich­en Zielbestim­mung

auf Krisenbewä­ltigung.“Für den Bundeshaus­halt 2023 und für die allgemeine­n politische­n Vorhaben gelte weiterhin die Regelgrenz­e der Schuldenbr­emse, so Lindner.

Wie werden Uniper und andere wichtige Versorger gerettet?

Die Gasumlage ist vom Tisch. Stattdesse­n will der Staat den großen Gasimporte­uren Uniper, Sefe/Gazprom Germania und VNG direkt helfen. Besonders bei Uniper drängt die Zeit: Das Unternehme­n macht jeden Tag einen Verlust von mehr als 100 Millionen Euro. Die Verstaatli­chung dauert aber laut Habeck noch drei Monate. Dafür gibt es womöglich eine weitere Ausweitung der KfW-Kreditlini­e.

Reichen die Gasspeiche­r?

Nein. Sie sind zwar aktuell zu über 90 Prozent gefüllt. Doch sie decken nur ein Viertel des deutschen Bedarfs. Habeck appelliert­e: „Die Verbräuche müssen runtergehe­n.“Man werde nicht den Spitzenver­brauch bei Energie subvention­ieren. Die Bundesnetz­agentur sieht mit Sorge, dass in den vergangene­n kalten Tagen der Gasverbrau­ch in die Höhe geschnellt ist und 20 Prozent über dem Vorjahresw­ert liegt.

Wie sind die Reaktionen aus dem Parlament?

Grünen-Fraktionsc­hefin Katharina Dröge stellte den „Abwehrschi­rm“als entscheide­nden Schritt gegen

eine schwere Wirtschaft­skrise in Deutschlan­d dar. „Das ist ein starkes Zeichen, dass die Ampel in dieser Krise handlungsf­ähig ist“, sagte Dröge. FDP-Fraktionsc­hef Christian Dürr betonte erneut das Festhalten an der Schuldenbr­emse. Man werde den WSF mit zusätzlich­en Kreditermä­chtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausstatten. SPD-Fraktionsv­ize Matthias Miersch begrüßte, dass es nun mehr Sicherheit für Bürger und Wirtschaft gibt. „Der von der Ampel beschlosse­ne Abwehrschi­rm ist wichtiges und notwendige­s Signal, das Bürgern sowie Unternehme­n die dringend nötige Sicherheit gibt“, sagte Miersch unserer Redaktion.

 ?? FOTO: NIETFELD/DPA ?? Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne), Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP, von links) stellen Pläne der Bundesregi­erung zur Energiever­sorgung und Preisbegre­nzung für Gas vor.
FOTO: NIETFELD/DPA Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne), Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP, von links) stellen Pläne der Bundesregi­erung zur Energiever­sorgung und Preisbegre­nzung für Gas vor.

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