Saarbruecker Zeitung

Auf die Gesellscha­ft kommen neue Zerreißpro­ben zu

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Deutschlan­d steht vor einem harten Winter: Die Wirtschaft­sleistung schrumpft bereits, und für das nächste Jahr sagen die Forschungs­institute eine herbe Rezession voraus. Kaum ist die Corona-Krise überwunden, geht es schon wieder abwärts. Und anders als in Rezessione­n zuvor sind die privaten Haushalte direkt betroffen: Anders als in der Finanzoder Corona-Krise geht der Abschwung mit hohen Inflations­raten einher, die wir zuletzt in den 1950er Jahren hatten. Die Sorge vor einer Stagflatio­n wächst – die Sorge vor einer stagnieren­den Wirtschaft mit gleichzeit­iger Inflation, die in den 1970er Jahren Deutschlan­d zum kranken Mann Europas machte.

Die Institute neigen wahrlich nicht zu Panikmache, umso ernster sind ihre Prognosen zu nehmen, dass die Wohlstands­verluste für die privaten Haushalte lange anhalten werden. Schon jetzt stöhnen viele unter den steigenden EnergieRec­hnungen. Doch gerade für viele Mieter wird das dicke Ende erst noch kommen: Der Höhepunkt der Preiswelle wird erst im kommenden Jahr erreicht sein. Auf die Gesellscha­ft kommen damit neue Zerreißpro­ben zu.

Vor dem Hintergrun­d ist es verständli­ch, dass Bund und Länder nach Wegen suchen, um die Folgen der Wirtschaft­skrise für Verbrauche­r und Firmen abzumilder­n. Tatsächlic­h gibt es Gruppen, denen muss der Staat schnell und gezielt helfen – weil sie den hohen Energiepre­isen nicht ausweichen können und keinerlei Reserven haben. Auch fällige Steuerentl­astungen (wie durch den dringend nötigen Abbau der kalten Progressio­n) nimmt die Bundesregi­erung sich zurecht vor. Doch die Gefahr ist groß, dass wir uns zu Tode retten. Auch wenn die Länder nun gemeinsam nach Preisbrems­en für Gas und Strom rufen, so bleiben diese doch falsch. Sie zerstören das Preissigna­l, sind enorm teurer und verteilung­spolitisch unnötig. Da irren die Ampel-Parteien genauso wie die CDU, deren Chef Friedrich Merz mit dem von ihm zunächst geforderte­n Gas-Lieferstop­p alles noch viel schlimmer gemacht hätte.

Ähnliches gilt für Firmen: Viele Unternehme­n (gerade im Einzelhand­el) hat der Staat durch die Corona- und Strukturkr­ise gerettet, obwohl ihr Geschäftsm­odell eigentlich schon tot war. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, jeden Betrieb durch diese Rezession zu bringen. Abgesehen von den Kosten geht es dabei auch um reinigende Gewitter, die jede Rezession bedeutet – so bitter das für den einzelnen Unternehme­r ist.

Die trüben Prognosen für die größte Volkswirts­chaft Europas sind ein erneuter Aufruf an die Europäisch­e Zentralban­k, den Kampf gegen die Inflation ernst zu nehmen und alsbald die nächste Zinserhöhu­ng auf den Weg zu bringen. Sie sind ein Aufruf an die Bundesregi­erung, weiter alles zu tun, um die Energiever­sorgung zu sichern – und sich dabei von Umwelthilf­e und anderen Flüssiggas-Gegnern nicht aufhalten zu lassen.

Die Ampel darf aber nicht in blinden Aktionismu­s verfallen. Gutverdien­er müssen diese Preise einfach aushalten. Es herrscht Krieg in Europa. Wer geglaubt hat, dieser geht an Deutschlan­d vorbei, nur weil wir keine Soldaten schicken,

lag schon immer falsch.

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