Saarbruecker Zeitung

„Das Saarland kann eine Modellregi­on werden“

Der Telekom-Manager sieht insbesonde­re in der digitalen Bildung Chancen. Dazu müsse sich das Land auf seine Stärken fokussiere­n.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE THOMAS SPONTICCIA

SAARBRÜCKE­N Ferri Abolhassan, Mitglied der Geschäftsf­ührung der Telekom, ist sich sicher, dass das Saarland Modellregi­on für digitale Bildung werden könnte. Der gebürtige Saarbrücke­r sieht gerade in der Größe des Bundesland­es einen gewissen Vorteil, wie er im Gespräch mit der Saarbrücke­r Zeitung verrät.

Herr Abolhassan, wo sehen Sie heute die Stärken des Saarlandes? ABOLHASSAN Das Saarland sollte sich nach meiner Überzeugun­g noch stärker auf seine Stärken und besonderen Kompetenze­n in den Bereichen Informatio­nstechnolo­gie, Informatio­nssicherhe­it, Künstliche Intelligen­z sowie Neue Materialie­n fokussiere­n. Hier hat das Saarland nach meiner Einschätzu­ng immer noch einen Wettbewerb­svorsprung im Vergleich zu anderen Regionen. Die großen Unternehme­n und mittelstän­dischen Betriebe in diesen Bereichen sollten noch stärker zusammenge­bracht werden und gemeinsam um Aufträge kämpfen. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass die Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie die Universitä­t des Saarlandes mit ihrer jeweils anspruchsv­ollen Ausbildung den Unternehme­n in der Region hoch qualifizie­rte Absolvente­n zur Verfügung stellen können.

Wo könnte sich das Saarland noch stärker profiliere­n?

ABOLHASSAN Das Saarland kann eine Modellregi­on für digitale Bildung werden.

Wie meinen Sie das?

ABOLHASSAN Die Region bietet kurze Wege, deshalb könnte man alle Schulen möglichst schnell mit Glasfaser ausstatten. Hinzukomme­n muss eine möglichst moderne Ausrüstung der Klassenräu­me mit digitalen Lehrmittel­n, Geräten und Medien bis hin zu einer möglichst praxisorie­ntierten Ausbildung der Lehrer zum Thema Digitalisi­erung. Inklusive der Möglichkei­t, auch von zu Hause aus mit modernsten Unterricht­smitteln arbeiten zu können. Etwa, wenn es darum geht, bestimmte Lerninhalt­e jederzeit online abrufen zu können. Wer ein solches Gesamtkonz­ept vorweisen kann, macht als Region auch als Standort für Ansiedlung­en sowie als Standort für Fachkräfte auf sich aufmerksam und fördert zu einem frühen Zeitpunkt die digitale Kompetenz. Hier könnte sich die saarländis­che Politik an die Spitze der Bewegung stellen.

Hier sehen Sie sicherlich dann auch die Telekom als Dienstleis­ter etwa für Glasfaser und Software im Boot?

ABOLHASSAN Wir sind in vielen Bundesländ­ern schon mit einem breit angelegten Programm für Schulen vertreten: von der Anbindung der Schulen ans Glasfasern­etz bis zur Software. Wenn sich auch die Landesregi­erung vorstellen kann in eine finanziell­e Förderung

Produktion dieser Seite: Timon Deckena

Manuel Görtz mit einzusteig­en, dann können wir uns ebenfalls den Einstieg in solche Projekte vorstellen. Zumal diese auch im öffentlich­en Interesse liegen dürften. Man könnte an der Saar vieles schneller, einfacher und kompakter ausprobier­en als in anderen Regionen. Davon bin ich überzeugt.

Wie läuft der Glasfasera­usbau? ABOLHASSAN Bis Ende 2030 sollen alle Haushalte in Deutschlan­d direkt an das Glasfasern­etz angebunden sein – der überwiegen­de Teil von uns, der Rest von den Wettbewerb­ern. Ende 2024 wird die Telekom bereits mehr als zehn Millionen direkte Glasfaser-Anschlüsse gebaut haben, bis ins Haus und bis in die Wohnung. Das machen wir im Gegensatz zu Wettbewerb­ern auch ohne die Gewissheit, dass jeder angebunden­e Bürger einen Glasfaser-Anschluss bucht. Zum Ausbau in den ländlichen Gebieten haben wir zusätzlich die Firma „Glasfaser Plus“gegründet. Unser Ziel an der Saar ist es, bis 2024 rund 120 000 Haushalte anzubinden, davon etwa 90 000 Anschlüsse in der Landeshaup­tstadt, der Rest in Neunkirche­n und in Homburg. Wir sind darüber hinaus auch offen für weitere Städte und Gebiete. In mehreren Saarbrücke­r Stadtteile­n haben wir bereits mit dem Ausbau begonnen und teilweise sogar schon die ersten Anschlüsse geschaltet. Gerade in den größeren Städten wollen wir Dampf machen. Dazu brauchen wir dann aber auch schnelle Genehmigun­gen von den zuständige­n Behörden. Mit knapp 70 000 Antennen in ganz Deutschlan­d sind wir derzeit auch Marktführe­r beim Ausbau des superschne­llen 5G-Netzes. Jährlich kommen mehr als 1500 neue Standorte hinzu. Die werden vor allem an Autobahnen und Bahnstreck­en errichtet.

Wenn Sie heute die Kundenbedü­rfnisse sehen: Was ist denen am wichtigste­n?

ABOLHASSAN Unsere Kunden erwarten von uns die besten Netze, einfache wie innovative Produkte und einen tadellosen Service. Letzteres heißt: Die Kunden wollen eine Lösung möglichst schon im ersten Kontakt. Sie wollen nicht warten, sondern erwarten Verlässlic­hkeit und eine kompetente Beratung zu ihren Anliegen. Das klingt einfach, ist aber in der Praxis ein Marathon. Wir müssen uns täglich auf den Prüfstand stellen, ob wir die Erwartunge­n unserer Kunden auch wirklich erfüllen. Jeff Bezos, Gründer des Versandhän­dlers Amazon, nannte das die Day One Mentalität. Er hatte Amazon immer so geführt, als stehe das Unternehme­n am ersten Tag. Diesen Ansatz finde ich richtig. Denn das ständige Hinterfrag­en bringt uns als Unternehme­n voran und hilft uns, die kontinuier­lich wachsenden Ansprüche unserer Kunden im Fokus zu behalten und aufs Neue zu erfüllen. Das ist unsere Ambition.

Man hört immer wieder von Problemen bei den Kundenansc­hlüssen. ABOLHASSAN Corona hat gezeigt,

wie wichtig die stabilen Netzverbin­dungen für unsere Kunden sind. Von Homeoffice über Gaming und Streaming bis hin zum Smart Home und IPTV. Alles muss reibungslo­s funktionie­ren. Da helfen wir unseren Kunden, sich gegenüber vielen Störfaktor­en abzusicher­n. Das WLAN des Nachbarn ist häufig ein solcher Störfaktor. Es funkt häufig in das eigene WLAN, denn WLAN ist nichts anderes als Funk. Auch Fußbodenhe­izungen und Fenster beeinfluss­en das WLAN. Man sollte heute mit einer entspreche­nden Beratung auf ein gutes Heimnetzwe­rk setzen, das überall im Haus einwandfre­ie Leistungen ermöglicht: ob auf der Terrasse, im Garten, im Keller oder unter dem Dach. Das klappt aber nicht, wenn man den Router in irgendeine­r Ecke platziert. Wir werben dafür, sich profession­elle Unterstütz­ung zu holen. Es ist ja auch selbstvers­tänd

lich, sich für die Elektro-Installati­onen in einem Haus einen Elektriker zu holen. Wir stehen unseren Kunden mit kompetente­n Experten zur Seite, die auch dafür sorgen, dass ein WLAN durch keine Außeneinfl­üsse gestört werden kann. Das ist heute eine unverzicht­bare Voraussetz­ung, wenn Sie streamen oder Computersp­iele spielen wollen. Wir richten auch die PCs, Fernsehger­äte und Endgeräte inklusive der Übertragun­gswege ein. Ein solcher Komplettse­rvice wird auch in Zeiten von Homeoffice immer wichtiger.

Wie lange sind heute die Wartezeite­n bis man einen Techniker erreicht? ABOLHASSAN Unter einer Minute ist die Maßgabe. Und in mehr als 95 Prozent der Fälle schaffen wir das auch.

Was ist von der Technologi­e und von den Dienstleis­tungen her

eigentlich die nächste größere Herausford­erung?

ABOLHASSAN Nach dem 5G-Netz und den Endgeräten dazu werden als nächstes Gesamtange­bote für Kunden wichtig, die die Themen Surfen, Gamen, Abo-Dienste und anderes vereinen. Die Inhalte werden dabei immer stärker personalis­iert und auf die Bedürfniss­e jedes Einzelnen zugeschnit­ten, wie wir es zum Beispiel von Google bis Netflix kennen. Sie wissen aufgrund der

Nutzergewo­hnheiten und der Nutzungsda­uer heute schon, was der Einzelne wann und wo am liebsten sieht: ob zu Hause oder mobil.

Was bedeuten die neuen Möglichkei­ten künftig für die Tarife? Bekommt man immer häufiger statt Einzeltari­fen den Komplettta­rif für alles?

ABOLHASSAN Wir haben im Juli unser neues, einfaches MagentaMob­il-Tarifportf­olio auf den Markt gebracht. Damit machen wir aus meiner Sicht vor allem Familien glücklich. Dabei gilt als Motto: Je mehr ihr seid, desto günstiger wird es. Man kann in diesem Tarifmodel­l zur Hauptkarte bis zu zehn Zusatzkart­en dazubuchen, für meine Partnerin, Kinder oder auch Freunde. Mit jeder zusätzlich­en Karte sinkt der Durchschni­ttspreis. Und trotzdem bekommen alle das gleiche Datenvolum­en. So hat zum Beispiel jedes Mitglied einer vierköpfig­en Familie monatlich zehn Gigabyte zur Verfügung, für durchschni­ttlich nur 19,95 Euro. So machen wir das beste 5G-Netz auch für Familien erschwingl­ich.

Was kommt ansonsten noch auf uns zu?

ABOLHASSAN Deutlich mehr Dienstleis­tungen im Auto. Das Auto kennt Sie und Ihre Vorlieben ja schon über den Autoschlüs­sel. Es schneidet alle Dienstleis­tungen im Fahrzeug und online individuel­l auf Sie zu. Während einer Reise werden Ihnen automatisc­h Hotels und Restaurant­s angezeigt, die Ihrem Budget entspreche­n. Das wird heute schon beispielsw­eise von BMW und Mercedes angeboten. Es wird in Zukunft darauf ankommen, Datennutze­r noch besser und gezielter zu informiere­n.

Wie sehen Sie die Telekom heute aufgestell­t?

„Man könnte an der Saar vieles schneller, einfacher und kompakter ausprobier­en als in anderen Regionen.“Ferri Abolhassan Telekom-Manager

ABOLHASSAN Die Telekom ist sowohl global wie auch in Deutschlan­d sehr gut aufgestell­t. In einem aufgrund von Pandemie und Ukraine-Krieg wirtschaft­lich schwierige­n Umfeld sind wir im ersten Halbjahr 2022 in allen Regionen weiter gewachsen. Das spiegelt auch unseren Markenwert wider: Mit mehr als 60 Milliarden Euro liegen wir ganz knapp hinter Mercedes, aber deutlich vor SAP, Volkswagen oder BMW. Auch daran sieht man: Das Geschäft läuft gut.

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Die Tekekom will bis zum Jahr 2024 rund 120 000 Haushalte im Saarland ans Glasfasern­etz anbinden.
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FOTO: NORBERT ITTERMANN/TELEKOM Der gebürtige Saarbrücke­r Ferri Abolhassan ist Mitglied der Telekom-Geschäftsf­ührung.

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