„Das Saarland kann eine Modellregion werden“
Der Telekom-Manager sieht insbesondere in der digitalen Bildung Chancen. Dazu müsse sich das Land auf seine Stärken fokussieren.
SAARBRÜCKEN Ferri Abolhassan, Mitglied der Geschäftsführung der Telekom, ist sich sicher, dass das Saarland Modellregion für digitale Bildung werden könnte. Der gebürtige Saarbrücker sieht gerade in der Größe des Bundeslandes einen gewissen Vorteil, wie er im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung verrät.
Herr Abolhassan, wo sehen Sie heute die Stärken des Saarlandes? ABOLHASSAN Das Saarland sollte sich nach meiner Überzeugung noch stärker auf seine Stärken und besonderen Kompetenzen in den Bereichen Informationstechnologie, Informationssicherheit, Künstliche Intelligenz sowie Neue Materialien fokussieren. Hier hat das Saarland nach meiner Einschätzung immer noch einen Wettbewerbsvorsprung im Vergleich zu anderen Regionen. Die großen Unternehmen und mittelständischen Betriebe in diesen Bereichen sollten noch stärker zusammengebracht werden und gemeinsam um Aufträge kämpfen. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass die Hochschule für Technik und Wirtschaft sowie die Universität des Saarlandes mit ihrer jeweils anspruchsvollen Ausbildung den Unternehmen in der Region hoch qualifizierte Absolventen zur Verfügung stellen können.
Wo könnte sich das Saarland noch stärker profilieren?
ABOLHASSAN Das Saarland kann eine Modellregion für digitale Bildung werden.
Wie meinen Sie das?
ABOLHASSAN Die Region bietet kurze Wege, deshalb könnte man alle Schulen möglichst schnell mit Glasfaser ausstatten. Hinzukommen muss eine möglichst moderne Ausrüstung der Klassenräume mit digitalen Lehrmitteln, Geräten und Medien bis hin zu einer möglichst praxisorientierten Ausbildung der Lehrer zum Thema Digitalisierung. Inklusive der Möglichkeit, auch von zu Hause aus mit modernsten Unterrichtsmitteln arbeiten zu können. Etwa, wenn es darum geht, bestimmte Lerninhalte jederzeit online abrufen zu können. Wer ein solches Gesamtkonzept vorweisen kann, macht als Region auch als Standort für Ansiedlungen sowie als Standort für Fachkräfte auf sich aufmerksam und fördert zu einem frühen Zeitpunkt die digitale Kompetenz. Hier könnte sich die saarländische Politik an die Spitze der Bewegung stellen.
Hier sehen Sie sicherlich dann auch die Telekom als Dienstleister etwa für Glasfaser und Software im Boot?
ABOLHASSAN Wir sind in vielen Bundesländern schon mit einem breit angelegten Programm für Schulen vertreten: von der Anbindung der Schulen ans Glasfasernetz bis zur Software. Wenn sich auch die Landesregierung vorstellen kann in eine finanzielle Förderung
Produktion dieser Seite: Timon Deckena
Manuel Görtz mit einzusteigen, dann können wir uns ebenfalls den Einstieg in solche Projekte vorstellen. Zumal diese auch im öffentlichen Interesse liegen dürften. Man könnte an der Saar vieles schneller, einfacher und kompakter ausprobieren als in anderen Regionen. Davon bin ich überzeugt.
Wie läuft der Glasfaserausbau? ABOLHASSAN Bis Ende 2030 sollen alle Haushalte in Deutschland direkt an das Glasfasernetz angebunden sein – der überwiegende Teil von uns, der Rest von den Wettbewerbern. Ende 2024 wird die Telekom bereits mehr als zehn Millionen direkte Glasfaser-Anschlüsse gebaut haben, bis ins Haus und bis in die Wohnung. Das machen wir im Gegensatz zu Wettbewerbern auch ohne die Gewissheit, dass jeder angebundene Bürger einen Glasfaser-Anschluss bucht. Zum Ausbau in den ländlichen Gebieten haben wir zusätzlich die Firma „Glasfaser Plus“gegründet. Unser Ziel an der Saar ist es, bis 2024 rund 120 000 Haushalte anzubinden, davon etwa 90 000 Anschlüsse in der Landeshauptstadt, der Rest in Neunkirchen und in Homburg. Wir sind darüber hinaus auch offen für weitere Städte und Gebiete. In mehreren Saarbrücker Stadtteilen haben wir bereits mit dem Ausbau begonnen und teilweise sogar schon die ersten Anschlüsse geschaltet. Gerade in den größeren Städten wollen wir Dampf machen. Dazu brauchen wir dann aber auch schnelle Genehmigungen von den zuständigen Behörden. Mit knapp 70 000 Antennen in ganz Deutschland sind wir derzeit auch Marktführer beim Ausbau des superschnellen 5G-Netzes. Jährlich kommen mehr als 1500 neue Standorte hinzu. Die werden vor allem an Autobahnen und Bahnstrecken errichtet.
Wenn Sie heute die Kundenbedürfnisse sehen: Was ist denen am wichtigsten?
ABOLHASSAN Unsere Kunden erwarten von uns die besten Netze, einfache wie innovative Produkte und einen tadellosen Service. Letzteres heißt: Die Kunden wollen eine Lösung möglichst schon im ersten Kontakt. Sie wollen nicht warten, sondern erwarten Verlässlichkeit und eine kompetente Beratung zu ihren Anliegen. Das klingt einfach, ist aber in der Praxis ein Marathon. Wir müssen uns täglich auf den Prüfstand stellen, ob wir die Erwartungen unserer Kunden auch wirklich erfüllen. Jeff Bezos, Gründer des Versandhändlers Amazon, nannte das die Day One Mentalität. Er hatte Amazon immer so geführt, als stehe das Unternehmen am ersten Tag. Diesen Ansatz finde ich richtig. Denn das ständige Hinterfragen bringt uns als Unternehmen voran und hilft uns, die kontinuierlich wachsenden Ansprüche unserer Kunden im Fokus zu behalten und aufs Neue zu erfüllen. Das ist unsere Ambition.
Man hört immer wieder von Problemen bei den Kundenanschlüssen. ABOLHASSAN Corona hat gezeigt,
wie wichtig die stabilen Netzverbindungen für unsere Kunden sind. Von Homeoffice über Gaming und Streaming bis hin zum Smart Home und IPTV. Alles muss reibungslos funktionieren. Da helfen wir unseren Kunden, sich gegenüber vielen Störfaktoren abzusichern. Das WLAN des Nachbarn ist häufig ein solcher Störfaktor. Es funkt häufig in das eigene WLAN, denn WLAN ist nichts anderes als Funk. Auch Fußbodenheizungen und Fenster beeinflussen das WLAN. Man sollte heute mit einer entsprechenden Beratung auf ein gutes Heimnetzwerk setzen, das überall im Haus einwandfreie Leistungen ermöglicht: ob auf der Terrasse, im Garten, im Keller oder unter dem Dach. Das klappt aber nicht, wenn man den Router in irgendeiner Ecke platziert. Wir werben dafür, sich professionelle Unterstützung zu holen. Es ist ja auch selbstverständ
lich, sich für die Elektro-Installationen in einem Haus einen Elektriker zu holen. Wir stehen unseren Kunden mit kompetenten Experten zur Seite, die auch dafür sorgen, dass ein WLAN durch keine Außeneinflüsse gestört werden kann. Das ist heute eine unverzichtbare Voraussetzung, wenn Sie streamen oder Computerspiele spielen wollen. Wir richten auch die PCs, Fernsehgeräte und Endgeräte inklusive der Übertragungswege ein. Ein solcher Komplettservice wird auch in Zeiten von Homeoffice immer wichtiger.
Wie lange sind heute die Wartezeiten bis man einen Techniker erreicht? ABOLHASSAN Unter einer Minute ist die Maßgabe. Und in mehr als 95 Prozent der Fälle schaffen wir das auch.
Was ist von der Technologie und von den Dienstleistungen her
eigentlich die nächste größere Herausforderung?
ABOLHASSAN Nach dem 5G-Netz und den Endgeräten dazu werden als nächstes Gesamtangebote für Kunden wichtig, die die Themen Surfen, Gamen, Abo-Dienste und anderes vereinen. Die Inhalte werden dabei immer stärker personalisiert und auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen zugeschnitten, wie wir es zum Beispiel von Google bis Netflix kennen. Sie wissen aufgrund der
Nutzergewohnheiten und der Nutzungsdauer heute schon, was der Einzelne wann und wo am liebsten sieht: ob zu Hause oder mobil.
Was bedeuten die neuen Möglichkeiten künftig für die Tarife? Bekommt man immer häufiger statt Einzeltarifen den Kompletttarif für alles?
ABOLHASSAN Wir haben im Juli unser neues, einfaches MagentaMobil-Tarifportfolio auf den Markt gebracht. Damit machen wir aus meiner Sicht vor allem Familien glücklich. Dabei gilt als Motto: Je mehr ihr seid, desto günstiger wird es. Man kann in diesem Tarifmodell zur Hauptkarte bis zu zehn Zusatzkarten dazubuchen, für meine Partnerin, Kinder oder auch Freunde. Mit jeder zusätzlichen Karte sinkt der Durchschnittspreis. Und trotzdem bekommen alle das gleiche Datenvolumen. So hat zum Beispiel jedes Mitglied einer vierköpfigen Familie monatlich zehn Gigabyte zur Verfügung, für durchschnittlich nur 19,95 Euro. So machen wir das beste 5G-Netz auch für Familien erschwinglich.
Was kommt ansonsten noch auf uns zu?
ABOLHASSAN Deutlich mehr Dienstleistungen im Auto. Das Auto kennt Sie und Ihre Vorlieben ja schon über den Autoschlüssel. Es schneidet alle Dienstleistungen im Fahrzeug und online individuell auf Sie zu. Während einer Reise werden Ihnen automatisch Hotels und Restaurants angezeigt, die Ihrem Budget entsprechen. Das wird heute schon beispielsweise von BMW und Mercedes angeboten. Es wird in Zukunft darauf ankommen, Datennutzer noch besser und gezielter zu informieren.
Wie sehen Sie die Telekom heute aufgestellt?
„Man könnte an der Saar vieles schneller, einfacher und kompakter ausprobieren als in anderen Regionen.“Ferri Abolhassan Telekom-Manager
ABOLHASSAN Die Telekom ist sowohl global wie auch in Deutschland sehr gut aufgestellt. In einem aufgrund von Pandemie und Ukraine-Krieg wirtschaftlich schwierigen Umfeld sind wir im ersten Halbjahr 2022 in allen Regionen weiter gewachsen. Das spiegelt auch unseren Markenwert wider: Mit mehr als 60 Milliarden Euro liegen wir ganz knapp hinter Mercedes, aber deutlich vor SAP, Volkswagen oder BMW. Auch daran sieht man: Das Geschäft läuft gut.