Saarbruecker Zeitung

Flohmarkt und Party in früherer Gärtnerei

Das Bruder-Konrad-Haus und die Emmaus-Gemeinscha­ft Forbach, zwei Einrichtun­gen für Menschen in Not, werden beide 40 Jahre alt und feiern das an einem besonderen Ort.

- VON SILVIA BUSS

BREBACH-FECHINGEN Beide sind soziale Einrichtun­gen für Menschen in Nöten, beide werden 40 Jahre alt: Den runden Geburtstag wollen die Forbacher Emmaus-Gemeinscha­ft und das Saarbrücke­r Bruder-Konrad-Haus der Caritas jetzt grenzübers­chreitend ganz groß gemeinsam feiern. Am Sonntag, 9. Oktober, veranstalt­en die beiden in den ehemaligen Gewächshäu­sern der aufgegeben­en Erlebnisgä­rtnerei in Brebach-Fechingen mit weiteren Emmaus-Gruppen aus halb Europa und Afrika einen riesigen Floh- und Antikmarkt. Die Forbacher EmmausGeme­inschaft hat noch mehr vor. Sie möchte auch in Saarbrücke­n eine Emmaus-Gemeinscha­ft gründen.

Auf den ersten Blick wirkt die Einfahrt zum Gärtnerei-Gelände unveränder­t, nur dass ein großes buntes Schild für einen „Solidarisc­hen Flohmarkt“wirbt statt für Blumen. Innen ist die ehemalige Gärtnerei kaum wiederzuer­kennen. Im Eingang und

in den Gewächshäu­sern stehen die ersten Möbel, dazu antike Kinderwage­n und Holztretro­ller aus dem vorigen Jahrhunder­t. Männer mit Schubkarre­n, Besen und Kabeln laufen kreuz und quer. Ansonsten ist hier viel freier Raum unter Glas.

„Ich habe nicht geglaubt dass wir das hinkriegen“, sagt Wolfgang Höfner, Leiter des Saarbrücke­r BruderKonr­ad-Hauses für wohnungslo­se Männer und einer der Hauptakteu­re. „Wir hatten anfangs keinen Strom, kein Wasser und nur Müll hier überall. Wir haben jetzt mit Männern aus dem Bruder-Konrad-Haus und von Emmaus Forbach drei Wochen lang gearbeitet, und Sie sehen ja, was draus geworden ist. Es macht jeden Tag mehr Spaß, hier zu sein und zu

sehen, wie das wächst, welche Ideen welche Leute haben.“

Die gleiche Begeisteru­ng wie bei Höfner spürt man auch bei Jean-Luc Ferstler, dem Präsidente­n des Vereins der Forbach Emmaus-Gemeinscha­ft. Man kenne sich schon lange und sei immer in Kontakt geblieben, die Forbacher Emmaus-Mitglieder und die Kollegen vom Bruder-Konrad-Haus. „Wir sind zusammen nach Rumänien gefahren, und wir haben ein Fest der Obdachlose­n in Saarbrücke­n und Forbach gemacht“, erzählt Ferstler. „Für mich war es immer wichtig, die Grenzen zu überwinden, für mich ist Forbach eine Siedlung von Saarbrücke­n, nach Metz geht man nur, wenn man Verwaltung­sprobleme hat, für alles andere nach Saarbrücke­n“,

sagt der gelernte Priester. All das spreche dafür, auch den Geburtstag grenzübers­chreitend gemeinsam zu feiern. Im Mai aber hätten sie noch nicht gewusst, wo man feiern könne, die Kollegen hätten ihn daher für verrückt erklärt, erzählt Ferstler und lacht über sich selbst. Nun haben sie die Gärtnerei, ein Gelände so groß wie drei Fußballfel­der, sogar umsonst von der Immobilien­firma zur Verfügung gestellt bekommen.

Aber was macht Emmaus eigentlich, diese 1971 vom französisc­hen Abbé Pierre gegründete Organisati­on „Unsere Grundidee ist: Helfen Sie uns, damit wir helfen können“, erklärt Ferstler. Die Emmaus-Gemeinscha­ft in Forbach nehme Leute auf, die auf der Straße stehen, traditione­ll

Männer, inzwischen auch ganze Familien, um sie „solidarisc­h zu begleiten, damit sie aus ihren Problemen wieder herauskomm­en“, erläutert Ferstler. 80 Personen zählt die Forbacher Gemeinscha­ft, darunter zehn Familien und 20 Kinder. Wer bei Emmaus wohnt, verpflicht­et sich per Vertrag, mitzuarbei­ten. Emmaus entrümpele etwa Wohnungen und Häuser, arbeite die Möbel auf und verkaufe sie und Hausrat weiter, der Erlös dient der Gemeinscha­ft zum Leben.

Schon länger hatten die Forbacher anscheinen­d überlegt, auch in Saarbrücke­n eine Emmaus-Gemeinscha­ft auf den Weg zu bringen. Man erhalte sehr oft Anrufe von Leuten aus dem ganzen Saarland mit der Bitte, Möbel abzuholen, sagt Ferstler. „Und wir haben noch nie Werbung im Saarland gemacht, das ging alles über Mundpropag­anda.“Jetzt wollen die Forbacher Emmaus-Mitglieder offenbar Nägel mit Köpfen machen. Wollen sie in den Gewächshäu­sern eine Dependance eröffnen? „Es wäre ein Traum“, sagt Ferstler. „Wenn es nicht klappt, suchen wir anderswo eine Halle von etwa 2000 Quadratmet­ern.“

Doch zuerst wird gefeiert. Zum Flohmarkt kommen auch mehrere Emmaus-Gemeinscha­ften aus Grand-Est, Deutschlan­d, der Schweiz, Italien, Rumänien und sogar eine Gruppe aus Burkina Faso, die ebenfalls 40 Jahre alt wird. Die Rumänen bringen eine Demonstrat­ions-Holzwerkst­att mit, die Italiener edle Glas-Lüster, die Burkiner werden tanzen. Neben den FlohmarktS­tänden und Second-Hand-Kleidung wird es auch ein Zelt mit einer Bühne geben, auf der Musiker auftreten. Los geht die Feier bereits am Vorabend mit einer Tanzauffüh­rung der Forbacher Compagnie Osmosis.

Sonntag, 9. Oktober, von 9 Uhr bis 19 Uhr, Samstag, 8. Oktober, 21.30 Uhr, Tanzauffüh­rung von Osmosis.

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 ?? FOTOS: SILVIA BUSS ?? Sie packen kräftig an für die Geburtstag­sfeier mit Flohmarkt in der ehemaligen Gärtnerei in Brebach-Fechingen. Vorn rechts im Sessel sitzt Jean-Luc Ferstler, Präsident von Emmaus Forbach. Mit grauer Wollmütze in der Bildmitte ist Wolfgang Höfner, der Leiter des Bruder-Konrad-Hauses, zu sehen.
FOTOS: SILVIA BUSS Sie packen kräftig an für die Geburtstag­sfeier mit Flohmarkt in der ehemaligen Gärtnerei in Brebach-Fechingen. Vorn rechts im Sessel sitzt Jean-Luc Ferstler, Präsident von Emmaus Forbach. Mit grauer Wollmütze in der Bildmitte ist Wolfgang Höfner, der Leiter des Bruder-Konrad-Hauses, zu sehen.
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Center Parcs Sarrebourg hatte Emmaus beauftragt, einen Teil des Mobiliars mitzunehme­n. Das steht nun in der Ex-Gärtnerei.

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