Ein Gruß aus St. Ingbert kommt hoch hinaus
Bei einer Trekkingtour in Kirgistan hatte Patrick Klemmer wieder mal seine Leidenschaft für exotische Gebirgsziele gezeigt. Der Bergsteiger aus St. Ingbert berichtet mit Begeisterung über seine neuen Abenteuer in Eis und Schnee.
ST. INGBERT Die Leidenschaft für Gebirgslandschaften und hohe Gipfel hat Patrick Klemmer nicht mehr losgelassen, seit ihn 1985 sein Patenonkel Georg Klemmer als Elfjährigen auf die 2630 Meter hohe Alpspitze im Wettersteingebirge führte. Als Bergsteiger inzwischen längst ein alter Hase, ist für den 49-jährigen St. Ingberter eine weitere Passion hinzugekommen, nämlich fremde Länder und Kulturen zu entdecken. Dafür boten die vergangenen Jahre aber schwierige Bedingungen. Aufgrund der Corona-Pandemie konnte Klemmer seine Leidenschaft fürs Klettern im Hochgebirge ab 2020 ausschließlich in den Alpen ausleben. Mit Klettern in Südtirol oder Bergsteigen in den Schweizer Alpen. Klassische Routen, wie Eiger, Langkofel-Nordwand oder Messner-Führe am II. Sella-Turm reihten sich in sein Tourenbuch ein. „Tolle Touren“, findet der Bergsteiger, aber kein wirklicher Ersatz für den Reiz, ein fremdes Land und seine Kulturen in der Kombination mit Bergsteigen kennenzulernen.
Und die Lust, nach einer Tour 2016 nach Pakistan ins Karakorum-Gebirge mit dem K2, dem mit 8611 Metern zweithöchsten Berg der Erde, noch einmal in den Höhen Asiens unterwegs zu sein, sei stetig gewachsen. Im Blick blieb dabei stetig Kirgistan. „Dort hatte ich im Sommer 2020 bereits eine Trekkingtour geplant, die aber coronabedingt abgesagt wurde.“Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben. Und als dann Reisen außerhalb Europas wieder möglich waren, setzte Klemmer seine Pläne in die Tat um. Er reiste Ende Juli 2022 über Istanbul nach Zentralasien. Kirgistan kannte er schon aus dem Jahr 2012, als er den Pik Lenin (7134 Meter) im Pamir-Gebirge bestiegen hatte.
Die 17-tägige Tour, für die sich Klemmer entschieden hatte, trug bei dem Veranstalter die bedeutsame Überschrift „Auf Merzbachers Spuren im Himmelsgebirge“. Wie der Bergsteiger berichtet, spielt dieser Titel auf zwei Sachen an. Zum einen den als Himmelsgebirge bezeichneten Gebirgszug Tienschan, der sich durch Hochasien und auch die Republik Kirgistan zieht. Zum anderen den bayerischen Geografen, Alpinisten und Asienforscher Gottfried Merzbacher, der bereits
Anfang des 20. Jahrhunderts auf seiner Forschungsreise die erste Karte des zentralen Tienschan erstellt hat. Nach ihm wurden auch die „Merzbacher Wiese“mit einem Geoforschungszentrum benannt, die der St. Ingberter bei seiner jüngsten Trekkingtour passiert hat, sowie der Merzbacher-See, an dem der 49-Jährige wie erhofft ein außergewöhnliches Naturereignis erlebte. „Dieser riesige See ist mit Schmelzwasser gefüllt und entleert sich auf einen Schlag binnen weniger Tage.“
Das Abenteuer Kirgistan nahm der St. Ingberter mit insgesamt neun anderen Teilnehmern aus Deutschland und Österreich in Angriff „Die anderen Teilnehmer waren echte Zufallsbekanntschaften, aber die meist lustigen Typen passten gut zusammen und bildeten schnell ein funktionierendes Team.“Startpunkt für die Trekkingtour war Bischkek, die Hauptstadt Kirgistans. Hier habe er besondere kulturelle Eindrücke von Land und Leute sammeln können, berichtet der St. Ingberter.
„Dass Kirgistan ein islamisch geprägtes Land ist, war unter anderem an den großen Moscheen zu sehen und der Bummel über den lebhaften Basar der Hauptstadt wird mir unvergesslich sein“, schildert Klemmer seine Eindrücke.
Von Bischkek aus startete die Gruppe mit einem Kleinbus über Karakol am Issyk-Kul-See Richtung Karkara. „Hier haben wir vom Bus auf den Helikopter gewechselt und nach einer Übernachtung in einer Jurte wurde unsere Bergsteiger
Gruppe zum Ausgangspunkt des Trekkings geflogen, der auf 2900 Meter liegt.“
Von diesem Basislager an einem der größten Gletscher außerhalb der Polarregion startete die eigentliche zehntägige Trekking-Tour im Tianschan-Gebirge. Jetzt war Klemmer in seinem sportlichen Element: „Ein abwechslungsreiches Trekking mit Tagesetappen bis zu acht Stunden auf dem Inyltschek-Gletscher führte unsere Gruppe im ständigen Auf und Ab in Stein und Eis in Richtung
Südinyltschek-Basislager auf 4100 Metern.“
Übernachtet wurde zwischen den Tagesetappen in Zelten, wie der Bergsteiger berichtet. Die Mühen und Strapazen seien belohnt worden mit faszinierenden Ausblicken auf die immer höher werdenden und eisgepanzerten Berge des Tianschan. „Durch den geringen Zuwachs an Höhe der einzelnen Tagesabschnitte war bei fast frühlingshaften Temperaturen eine gute Akklimatisation gewährleistet“, berichtet Klemmer. Und so hätten am achten Tag der Tour auch sechs Alpinisten der Gruppe den Aufstieg zu einem Viertausender, dem Pik Pesnaya Abaya, gewagt. Am Gipfel auf genau 4901 Meter angekommen, zeigte Klemmer auch seine Verbundenheit zu seiner Heimat, als er ein laminiertes Abbild eines St. Ingberter Ortseingangsschilds entrollte. Insgesamt benötigten die Bergsteiger zehn Stunden für den Auf- und Abstieg des Viertausenders.
Eine letzte Trekkingetappe führte die Abenteurer schließlich zum Südinyltschek-Basislager. „Es liegt wie ein Amphitheater im Herzen des Tianschan“, begeistert sich Klemmer noch immer. Zu den herausragenden Gipfeln zählen die kühne Marmorpyramide des Khan Tengri (7010 Meter), der zurecht als Herrscher des Himmels bezeichnet werde und über den die Grenze von Kirgistan, Kasachstan und China verläuft, sowie die abweisende Riesenmauer des Pik Pobjeda (7439 Meter), Letzterer im Übrigen der nördlichste Siebentausender der Erde.
Dem Gipfeltag folgte ein kleiner Wettersturz. „Nach einer Nacht mit Temperaturen um null Grad ist überraschend ein halber Meter Neuschnee gefallen“, erinnert sich Klemmer. Daraufhin habe sich auch der geplante Rückflug mit dem Helikopter zurück ins Jurtenlager nach Karkara verzögert. Als der Hubschrauber dann aber abheben konnte, verschaffte das dem Bergsteiger aus der Mittelstadt weitere unvergessliche Momente. „Von oben war noch einmal die atemberaubende Szenerie aus Fels, Schnee und Eis zu sehen, in der unsere Gruppe in den Tagen zuvor unterwegs gewesen war.“
Den kompletten Gegensatz zu Eis und Schnee bei den Trekking- und Bergsteig-Etappen habe schließlich zum Abschluss der Reise ein entspannter Badetag am Issyk-Kul-See gebildet, wie Klemmer berichtet. Und auch dieser See bot noch einmal ein besonderes Naturerlebnis in Kirgistan. Der Issyk-Kul-See ist mehr als doppelt so groß wie das Saarland und nach dem südamerikanischen Titicacasee immerhin der zweitgrößte Gebirgssee der Erde.