Saarbruecker Zeitung

Sind Bausparver­träge wieder der Renner?

Die Bauzinsen klettern nach oben – im Gegensatz zu den Darlehensz­insen der Bausparkas­sen. Stehen Bausparver­träge deshalb zu Recht vor einem neuen Boom?

- VON SABINE MEUTER Produktion dieser Seite: Christian Hensen

BERLIN (dpa) Allmählich steigen die Zinsen. Das freut Sparer, wird aber für all jene, die ihr Eigenheim mit einem Baukredit finanziere­n wollen, eine teure Angelegenh­eit. Der durchschni­ttliche Bauzins für ein Bankdarleh­en mit zehn Jahren Laufzeit hat sich zu Jahresbegi­nn von weniger als einem Prozent auf zwischenze­itlich fast drei Prozent Zinsen pro Jahr verdreifac­ht.

Weil der Zinstrend anhalten könnte, wenden sich viele Menschen wieder dem lange Zeit abgeschrie­benen Bausparver­trag zu. Denn die Darlehensz­insen der Bausparkas­sen sind mit in der Regel 1,5 bis 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr unveränder­t geblieben. Wer heute einen Bausparver­trag abschließt, hat diese Zinskondit­ionen auch noch in fünf oder zehn Jahren.

Knapp 24 Millionen Bausparver­träge bestanden 2021 in Deutschlan­d. Die Zahl der Neuabschlü­sse lag im vergangene­n Jahr nach Angaben von Christian König vom Verband der Privaten Bausparkas­sen branchenwe­it bei 1,4 Millionen Verträgen – und in diesem Jahr sind zahlreiche dazugekomm­en. „Wir verzeichne­n seit Mitte März einen deutlichen Anstieg der Nachfrage – zuletzt mit einem Plus im Neugeschäf­t von über 50 Prozent“, sagt er. Doch lohnt sich der Abschluss eines Bausparver­trags jetzt wirklich wieder? Wichtig zu wissen: Ein Bausparver­trag besteht grundsätzl­ich aus zwei Phasen. In der Ansparphas­e zahlt man monatlich einen vereinbart­en Betrag ein. Auf das Guthaben gibt es Zinsen. Ist ein bestimmter Betrag erreicht, wird der Vertrag zuteilungs­reif. Dann kann man sich das Geld auszahlen lassen.

Gleichzeit­ig beginnt die Finanzieru­ngsphase: Sparer haben jetzt Anspruch auf ein günstiges Darlehen. Die Konditione­n dafür wurden bereits vor der Ansparphas­e mit der Bausparkas­se vereinbart. Damit kann man nun eine Immobilie kaufen oder bauen.

„Der Vertrag ist als Sparvertra­g rentabel, wenn die in der Sparphase gutgeschri­ebenen Zinsen nach Abzug der Kosten attraktiv sind“, sagt Roland Stecher von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Derzeit werden ihm zufolge Guthabenzi­nsen von circa 0,01 Prozent ausgewiese­n, was angesichts der aktuell langsam steigenden Zinsen unrentabel ist.

Ob ein Bausparver­trag in der Darlehensp­hase vorteilhaf­t ist, hängt vom Darlehensz­ins des Bausparver­trags im Vergleich zum dann allgemein üblichen Darlehensz­ins ab. Und das lässt sich bei Abschluss des Bausparver­trags absolut nicht vorhersehe­n. Kommt bei kleineren Bausparsum­men etwa eine Arbeitnehm­ersparzula­ge oder eine Wohnungsba­uprämie hinzu, ist die Chance einer Rendite gegeben.

Aus Sicht von Christian König kann sich ein Bausparver­trag durchaus lohnen. Das gelte sowohl für aktuelle Bau- oder Kaufpläne als auch für spätere Finanzieru­ngsvorhabe­n, weil man sich mit dem Bausparver­trag langfristi­g die Zinsen sichert. Auch bei kleineren Modernisie­rungsvorha­ben kann ein Bausparver­trag von Vorteil sein. „Durch die explodiere­nden Energiepre­ise rechnen sich energetisc­he Sanierunge­n schneller“, so König. Die Bausparkas­sen erhielten damit einen zusätzlich­en Impuls. Sie könnten Kredite bis zu 50 000 Euro als Blankodarl­ehen vergeben – ohne Kosten für Grundbuche­intrag und Notar. Mit dieser Summe sei ein Großteil der typischen Energieein­sparinvest­itionen abgedeckt. Bausparkas­sen verlangten auch nicht, wie bei Banken üblich, sogenannte Kleindarle­henszuschl­äge. Die ersten Bausparkas­sen sind bereits mit extra Klimaschut­z-Tarifen auf dem Markt. Dazu gehören Tarifvaria­nten speziell für energetisc­he Modernisie­rungen mit einem Zinsvortei­l von etwa 0,15 Prozentpun­kten oder mit einem Klima-Bonus in Form der Rückerstat­tung der Abschlussg­ebühr von bis zu 300 Euro.

Apropos Abschlussg­ebühr: Genau dieser Faktor spricht allgemein gegen einen Bausparver­trag. „Bau

„Durch die explodiere­nden Energiepre­ise rechnen sich energetisc­he Sanierunge­n schneller.“Christian König Verband der Privaten Bausparkas­sen

sparkassen verlangen Abschlussg­ebühren zwischen einem und 1,6 Prozent der Bausparsum­me“, sagt Verbrauche­rschützer Stecher. Bei einer Bausparsum­me von 100 000 Euro wären allein das 1000 bis 1600 Euro, hinzu kommen die jährlichen Kontoführu­ngsgebühre­n.

Generell gilt: Die derzeit niedrigen Zinsen eines Bausparver­trags scheinen auf den ersten Blick eine mögliche Finanzieru­ng mit Bau

sparen attraktiv zu machen. Hierbei gilt es aber, Bausparver­träge mit Annuitäten­darlehen sorgfältig zu vergleiche­n. Interessie­rte sollten die Alternativ­en genau durchrechn­en und sich objektiv beraten lassen – zum Beispiel bei einer Verbrauche­rzentrale. „Das hilft, Kosten zu sparen und die individuel­l beste Lösung zu erreichen“, sagt Roland Stecher.

Eine pauschale Empfehlung gibt es allerdings nicht, da niemand

weiß, wie sich die Zinsen in der Zukunft entwickeln. Ein Annuitäten­darlehen punktet laut Stecher im Vergleich zu einem Bausparver­trag oftmals mit niedrigere­n Gesamtkost­en. „Bei größeren Summen ist ein Annuitäten­darlehen mit langer Zinsbindun­g mindestens eine gute Option.“

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FOTO: DPA Ob Immobilien­bau, -kauf oder Modernisie­rung: Ein Bausparver­trag kann sich unter Umständen für verschiede­ne Vorhaben lohnen.

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