Saarbruecker Zeitung

Was man über den Gaspreisde­ckel wissen muss

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Bundesregi­erung will die stark gestiegene­n Gaspreise von privaten Verbrauche­rn und Unternehme­n mit staatliche­n Subvention­en von bis zu 200 Milliarden Euro herunterdr­ücken. Am Tag nach der spektakulä­ren Entscheidu­ng für den „Doppel-Wumms“(O-Ton Bundeskanz­ler Olaf Scholz) gibt es erste Details.

Wie soll die Gaspreisbr­emse funktionie­ren?

Für private Verbrauche­r soll ein „Basisverbr­auch“staatlich subvention­iert werden, ebenso für kleine und mittlere Unternehme­n. Knapp die Hälfte der deutschen Haushalte heizt oder kocht mit Gas. Für größe

re Firmen soll die subvention­ierte Gasmenge offenbar individuel­ler festgelegt werden. Konkrete Details gibt es noch nicht. Die Regierung wartet auf Vorschläge der bereits eingesetzt­en „Experten-Kommission Gas und Wärme“unter Leitung der Wirtschaft­sweisen Veronika Grimm, die bis spätestens Mitte Oktober, vermutlich aber bereits kommende Woche vorliegen dürften.

Wo soll der „Basisverbr­auch“liegen? Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) und SPD-Chefin Saskia Esken brachten am Freitag eine Subvention­ierung von 80 Prozent des durchschni­ttlichen Gasverbrau­chs im Jahr 2021 ins Gespräch. Habeck betonte, für den darüber hinaus gehenden Gasverbrau­ch müssten die aktuellen Marktpreis­e gezahlt werden. So sollten die Menschen zum Energiespa­ren motiviert werden, sagte der Grünen-Politiker.

Wie wird die Preissenku­ng organisier­t?

Das ist noch offen. Denkbar ist etwa, dass die Gasversorg­er den Preis für ihre Kunden entspreche­nd senken und die Differenz vom Staat zurückbeko­mmen. Habeck schloss am Freitag aber auch direkte staatliche Zahlungen an die Verbrauche­r nicht aus.

Was ist mit den angeschlag­enen Gasimporte­uren?

Mehrere Gas-Importeure waren durch die enorm gestiegene­n Beschaffun­gskosten für Gas in Bedrängnis geraten. Ihnen sollte eigentlich die Gasumlage helfen, die alle Gasverbrau­cher ab dem 1. Oktober hätten zahlen sollen. Doch die Umlage wurde nun von der Regierung kassiert. Stattdesse­n sollen für „die besonders betroffene­n Unternehme­n Sefe, Uniper und VNG“nun „maßgeschne­iderte Lösungen“gefunden werden, hieß es im Beschlussp­apier der Ampel-Koalition vom Donnerstag.

Wie wird der Gaspreisde­ckel bezahlt?

Über neue Schulden des Staates. Die Regierung reaktivier­t dafür den in der Corona-Pandemie eingericht­eten Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s ( WSF), der seine Tätigkeit Ende Juni beendet hatte. Der WSF bekommt neue Kreditermä­chtigungen von bis zu 200 Milliarden Euro – und zwar noch in diesem Jahr. Dadurch kann Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) wie geplant im kommenden Jahr die Schuldenbr­emse wieder einhalten. Für das laufende Jahr gilt bereits eine Ausnahme von der Schuldenbr­emse. Weil nun aber noch mehr Geld gebraucht wird, muss der Bundestag erneut abstimmen. Aus dem neu aufgestell­ten WSF sollen die Gaspreisbr­emse in den Jahren 2022, 2023 und 2024 und die Hilfen für die Gasimporte­ure finanziert werden. Das Geld werde nur zweckgebun­den ausgegeben, betonte Finanzmini­ster Lindner.

Was finanziert der WSF außerdem?

Zudem soll mit der WSF auch Unternehme­n helfen, „die nicht in aus reichendem Ausmaß von der Stromund Gaspreisbr­emse erfasst werden“, und zwar in Form von Liquidität­s- und Eigenkapit­alhilfen. Auch bei der bereits vorher beschlosse­nen Strompreis­bremse soll der WSF eine Art Zwischenfi­nanzierung gewährleis­ten – eigentlich ist vorgesehen, „Zufallsgew­inne“der Stromprodu­zenten abzuschöpf­en und zur Subvention­ierung eines Basisbedar­fs an Strom zu benutzen.

Was ist noch geplant?

Die in Zusammenha­ng mit der Gasumlage angekündig­te Senkung der Mehrwertst­euer auf den Gasverbrau­ch ab dem 1. Oktober wird beibehalte­n. Sie wird zugleich auf Fernwärme ausgeweite­t. Das beschloss der Bundestag am Freitag. Damit sollen Verbrauche­r ab Oktober 2022 bis Ende März 2024 mit insgesamt mehr als 13 Milliarden Euro entlastet werden. Die Bundesregi­erung betonte trotz der preissenke­nden Maßnahmen, dass Energiespa­ren weiterhin das Gebot der Stunde sei. Zudem bemüht sich die Regierung weiter um „eine umfassende Verbesseru­ng des Angebots“auf dem Energiemar­kt, etwa durch den schnellere­n Ausbau der erneuerbar­en Energien und die Möglichkei­t, zwei der drei verblieben­en Atomkraftw­erke bis April länger laufen zu lassen.

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FOTO: GARETH FULLER/DPA Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) warnt vor zu hohen Erwartunge­n an den angekündig­ten Gaspreisde­ckel.

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