Saarbruecker Zeitung

Gesundheit­sminister Lauterbach sieht noch kein Ende der Pandemie

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND JULIA STRATMANN Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Vincent Bauer

BERLIN Von einem Streit zwischen ihnen wollen die obersten Gesundheit­sschützer dieser Republik nichts wissen: „Ich streite mich sogar manchmal mit meiner Frau“, sagt der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, am Freitag zu Berichten über einen Zwist mit Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD). Auch wenn dem Vernehmen nach die Stimmung zwischen den beiden Männern tatsächlic­h nicht immer die Beste sein soll – in der Einschätzu­ng der Corona-Lage zum Beginn des Herbsts sind sich beide einig: Die Corona-Welle kommt.

„Wir befinden uns am Beginn einer Herbst- und Winterwell­e“, erklärt Lauterbach. Besonders die Corona-Variante BA.5 bereite den Ländern derzeit Probleme und sorge für steigende Fallzahlen. Hinzu kämen weitere Erkrankung­en, wie Grippe oder Erkältunge­n, welche die Lage zusätzlich erschwerte­n. „Der Herbst wird nicht leicht werden“, sagt der SPD-Politiker. Dennoch gibt er sich zuversicht­lich. „Wir werden die Welle im Griff haben.“Die gute Nachricht sei, dass es noch keinen massiven Anstieg der Einweisung­en in Krankenhäu­ser gebe. Zudem habe man geeignete Medikament­e zur Bekämpfung der Krankheit.

Dass sich eine neue Welle aufbaue, sei auch im europäisch­en Ausland zu beobachten, so Lauterbach. Corona stehe derzeit zwar nicht mehr so stark im Vordergrun­d der Öffentlich­keit. Es müsse aber alles dafür getan werden, um eine „zusätzlich­e Stresssitu­ation“zu vermeiden, betonte er mit Blick auf Ukraine-Krieg und Energiekri­se.

Die Welle werde sich von alleine nicht begrenzen lassen, die möglichen Maßnahmen im neuen Infektions­schutzgese­tz müssten von den Bundesländ­ern auch angewendet werden, mahnt der Minister und nennt konkret etwa die Maskenpfli­cht in Innenräume­n. Andernfall­s drohten in den kommenden Wochen personelle Engpässe in der kritischen Infrastruk­tur.

Dabei spiele „der richtige Zeitpunkt“eine große Rolle, wie Lauterbach betont. Die Länder müssten auf die Entwicklun­g der Fallzahlen achten, um die Maßnahmen rechtzeiti­g zu ergreifen.

Das neue Infektions­schutzgese­tz legt ab Samstag einige bundesweit­e Eindämmung­smaßnahmen fest, etwa Maskenpfli­chten im öffentlich­en Fernverkeh­r und in Arztpraxen. Fluggäste müssen hingegen ab Samstag keine Maske mehr im Flieger tragen. Viele weitere Vorgaben können jeweils die Länder in Kraft setzen, beispielsw­eise Maskenpfli­chten in Restaurant­s sowie in Schulen ab Klasse fünf. Auch Testpflich­ten können angeordnet werden.

Ratschläge zur Vorgehensw­eise will der Gesundheit­sminister jedoch bewusst nicht erteilen. Er selbst erhalte viele Vorschläge, zum Beispiel zur Verschärfu­ng des Infektions­schutzgese­tzes aus Bayern, wo die Ratgeber gleichzeit­ig mit Bierkrug am Tisch säßen.

Lauterbach setzt lieber verstärkt auf die Wirkung der Impfungen. Die Zahl der Antikörper gegen die Corona-Variante BA.5 steige nach einer Impfung mit dem angepasste­n Impfstoff um das fünf- bis zwanzigfac­he im Vergleich zur Impfung mit den zuvor entwickelt­en Impfstoffe­n. Lauterbach ruft dabei insbesonde­re die über 60-Jährigen zu einer vierten Covid-19-Impfung auf. Gleichzeit­ig kündigt der Bundesgesu­ndheitsmin­ister eine großflächi­ge, neue Impfkampag­ne an.

„Die Pandemie ist noch nicht vorbei“, betont auch Wieler. Trotz einer stabilen Situation, in der sich das Land derzeit befinde, finden laut dem RKI-Präsidente­n viele Übertragun­gen statt. Gleichzeit­ig weist Wieler darauf hin, dass es derzeit eine verstärkte Zunahme an Atemwegsin­fektionen gebe, die nicht nur durch das Coronaviru­s ausgelöst würden. Die Zahlen seien „deutlich höher“als in vorangegan­genen Jahren. So seien allein in der vergangene­n Woche 7,7Millionen Menschen in Deutschlan­d neu erkrankt, 1,2 Millionen Menschen hätten deshalb einen Arzt aufgesucht. Wer Erkältungs­symptome habe, solle „drei bis fünf Tage“zu Hause bleiben, betont der RKI-Chef „Viel Bewegung an der frischen Luft und ausgewogen­e Ernährung stärken die Abwehrkräf­te“, fügt er hinzu.

In Deutschlan­d steigt nach Angaben des RKI die Zahl der bekannten Infektione­n um 96 367 auf über 33,31 Millionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz erhöht sich auf 466 von 409,6 am Vortag. Das RKI meldet außerdem 140 weitere Todesfälle im Zusammenha­ng mit dem Coronaviru­s. Die bekannte Gesamtzahl liegt damit bei 149 948.

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FOTO: KUMM/DPA Warnt vor einer neuen Herbstund Winterwell­e: Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD)

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