Wilder Schlagabtausch in letzter Fernseh-Debatte vor Wahl in Brasilien
SÃO PAULO (ap) In der letzten TV-Debatte vor der brasilianischen Präsidentenwahl haben sich die beiden führenden Kandidaten, Amtsinhaber Jair Bolsonaro und Luiz Inácio Lula da Silva, einen wilden Schlagabtausch geliefert. Da da Silva Umfragen zufolge am Sonntag einen Erstrundensieg einfahren könnte, nannte sie ein Meinungsforscher, Mauro Paulino, „die wichtigste seit Brasiliens Wiederdemokratisierung“nach der Militärdiktatur 1985.
Entsprechend hart ging es zur Sache, und die Grenze zu ausfälligen Bemerkungen und Beleidigungen wurde überschritten. „Er redet über Verbrecherbanden, er sollte in den Spiegel schauen“, sagte Da Silva an einem Punkt. „Lügner. Exsträfling. Landesverräter“, schoss Bolsonaro zurück. „Schämen Sie sich, Lula.“„Es ist verrückt, dass ein Präsident hier her kommt und sagt, was er sagt“, erwiderte der 76-jährige Da Silva. „Deshalb wird Sie das Volk am 2. Oktober nach Hause schicken.“
Der Moderator, William Bonner, forderte schließlich höfliche Umgangsformen ein: „Aus Respekt vor der Öffentlichkeit, bitte halten sie den Grad der Besonnenheit für ein demokratische Umfeld ein, das wir in dieser Debatte zu haben versuchen.“
Auch die fünf anderen Kandidatinnen und Kandidaten in der TV-Runde waren nicht zimperlich. Simone Tebet, der der Agrarindustrie nahe steht, attackierte Bolsonaro wegen seiner Umweltbilanz, als in der Debatte das Thema Klimawandel aufgerufen wurde. Bolsonaros Regierung sei für verheerende Waldbrände verantwortlich. „Ihre Regierung sorgte für Bergarbeiter und Holzfäller und schützte sie“, erklärte Tebet. „Sie sind in dieser Hinsicht der schlechteste Präsident in der brasilianischen Geschichte.“Bolsonaro verteidigte sich mit dem Hinweis, dass er das Militär zur Bekämpfung der Waldbrände im Amazonas geschickt habe.
„Er glaubt seine eigenen Lügen“, erwiderte Tebet und ergänzte, dass zu wenig Regen den Ernten geschadet habe. „Der Regenmangel ist also meine Verantwortung? Glückwunsch“erwiderte Bolsonaro mit einem Grinsen.
Da Silva war von 2003 bis 2011 Präsident. 2017 wurde er wegen Geldwäsche und Korruption angeklagt und zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Für die Präsidentenwahl 2018 konnte er deshalb nicht kandidieren. Von April 2018 bis November 2019 saß er im Gefängnis, die Urteile gegen ihn wurden 2021 vom Obersten Gericht aufgehoben, so dass er jetzt wieder bei der Präsidentenwahl antreten kann.