Niemand fühlt sich für Bahnstrecke zuständig
Der Bundestag hat Gelder bewilligt, um zu überprüfen, ob eine Bahnverbindung von Brüssel über Luxemburg und Saarbrücken nach Straßburg möglich ist. Doch niemand ruft die Mittel ab.
SAARBRÜCKEN Aus Brüssel kam dieser Tage eine positive Botschaft für das Saarland und die Großregion: Das Europäische Parlament fordert in einem Beschluss, von den umfangreichen Strukturmitteln der EU ab 2028 eine Milliarde Euro für Investitionen in Grenzregionen zu reservieren. „Von solchen zusätzlichen Fördergeldern würden auch das Saarland und die Großregion profitieren“, freute sich die einzige saarländische Europa-Abgeordnete, Manuela Ripa (ÖDP), die auch schon gleich eine Idee hat: Mit dem Geld könne beispielsweise eine direkte Bahnverbindung zwischen Brüssel nach Straßburg über Saarbrücken finanziert werden.
„Einmal im Monat muss das gesamte Europäische Parlament von Brüssel nach Straßburg ziehen. Eine Direktverbindung über Saarbrücken würde die Attraktivität des Saarlandes steigern. Außerdem könnte diese Zuganbindung 250 000 Pendlern täglich in der Großregion eine nachhaltige Mobilität ermöglichen.“
Die Idee für eine Bahnverbindung Brüssel-Luxemburg-SaarbrückenStraßburg ist nicht neu. Im Haushalt des Bundes stehen sogar Mittel für eine Machbarkeitsstudie. Das Problem ist: Niemand ruft diese Mittel ab, weil sich dafür niemand zuständig fühlt.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte am 26. November 2020 auf Initiative des Homburger CDU-Abgeordneten Markus Uhl beschlossen, die Mittel für Machbarkeitsstudien und Vorplanungen für grenzüberschreitende Strecken um eine Million auf 3,5 Millionen Euro aufzustocken. Verbunden mit dem expliziten Hinweis, dass dies auch für Verbindungen „Brüssel-Luxemburg-Saarbrücken-Straßburg und Saarbrücken-Frankfurt Flughafen“gilt.
Nun kommt durch die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic (FDP), auf Uhls Nachfrage heraus: Beantragt wurden Mittel bisher lediglich für die Strecken Rastatt – Haguenau und Freiburg – Colmar.
Die CDU macht Druck auf die Landesregierung. „Für Saarbrücken und das Saarland ist es von zentraler Bedeutung, dass unsere Bahnanbindungen an die europäischen Metropolen und das Rhein-Main-Gebiet verbessert werden“, sagt Uhl. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Roland Theis, erklärt: „Die Landesregierung muss endlich ihre Hausaufgaben machen, sonst verpassen wir eine echte Chance auf eine schienengebundene Anbindung des Landes an das boomende und wachsende Luxemburg. Für große Teile des Landes könnte eine schnelle und verlässliche Anbindung ohne Staugefahr an das Großherzogtum einen ökonomischen und demografischen Quantensprung bedeuten. Die Zugverbindung nach Luxemburg muss eines der zentralen Infrastrukturprojekte sein, denen sich das Saarland in diesem Jahrzehnt widmen muss.“
Doch die Landesregierung fühlt sich für den Abruf der Mittel gar
nicht zuständig. „Das Saarland kann keine Machbarkeitsstudien für den Fernverkehr durchführen. Vor allem nicht außerhalb seiner Landesgrenzen“, sagt eine Sprecherin des Verkehrsministeriums. „Die Einstellung der Gelder im Bundeshaushalt fallen in die Rubrik ‚gut gemeint, aber schlecht gemacht‘. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass das zuständige Bundesverkehrsministerium nicht gewillt ist, diese Gelder in eigener Regie zu verausgaben.“
Ob und wo Infrastruktur für den Fernverkehr benötigt und ausge
baut werde, falle nicht in die Zuständigkeit der Länder. Diese seien nur für den Nahverkehr zuständig. In diesem Bereich führe das Saarland zurzeit mehrere Machbarkeitsstudien zur Reaktivierung von Strecken im Saarland durch.
Im Fall der Strecke Rastatt – Haguenau erteilte den Auftrag für die Machbarkeitsstudie ein Zusammenschluss deutscher und französischer Kommunen, Landkreise und Departements.
Für die Strecke Freiburg – Colmar kam der Auftrag von Bund, Land Ba
den-Württemberg, französischer Regierung, Region Grand Est und Departement Haut-Rhin.
Was sagt das Bundesverkehrsministerium dazu? Staatssekretär Luksic sagt, das Land habe das „Initiativrecht“, der Bund beteilige sich nur in Form einer finanziellen Zuwendung. Im Übrigen, fügt Luksic hinzu, wäre zumindest die Strecke Saarbrücken – Luxemburg doch auch gar kein Fernverkehr.