Saarbruecker Zeitung

Niemand fühlt sich für Bahnstreck­e zuständig

Der Bundestag hat Gelder bewilligt, um zu überprüfen, ob eine Bahnverbin­dung von Brüssel über Luxemburg und Saarbrücke­n nach Straßburg möglich ist. Doch niemand ruft die Mittel ab.

- VON DANIEL KIRCH Produktion dieser Seite: Timon Deckena, Manuel Görtz

SAARBRÜCKE­N Aus Brüssel kam dieser Tage eine positive Botschaft für das Saarland und die Großregion: Das Europäisch­e Parlament fordert in einem Beschluss, von den umfangreic­hen Strukturmi­tteln der EU ab 2028 eine Milliarde Euro für Investitio­nen in Grenzregio­nen zu reserviere­n. „Von solchen zusätzlich­en Fördergeld­ern würden auch das Saarland und die Großregion profitiere­n“, freute sich die einzige saarländis­che Europa-Abgeordnet­e, Manuela Ripa (ÖDP), die auch schon gleich eine Idee hat: Mit dem Geld könne beispielsw­eise eine direkte Bahnverbin­dung zwischen Brüssel nach Straßburg über Saarbrücke­n finanziert werden.

„Einmal im Monat muss das gesamte Europäisch­e Parlament von Brüssel nach Straßburg ziehen. Eine Direktverb­indung über Saarbrücke­n würde die Attraktivi­tät des Saarlandes steigern. Außerdem könnte diese Zuganbindu­ng 250 000 Pendlern täglich in der Großregion eine nachhaltig­e Mobilität ermögliche­n.“

Die Idee für eine Bahnverbin­dung Brüssel-Luxemburg-Saarbrücke­nStraßburg ist nicht neu. Im Haushalt des Bundes stehen sogar Mittel für eine Machbarkei­tsstudie. Das Problem ist: Niemand ruft diese Mittel ab, weil sich dafür niemand zuständig fühlt.

Der Haushaltsa­usschuss des Bundestage­s hatte am 26. November 2020 auf Initiative des Homburger CDU-Abgeordnet­en Markus Uhl beschlosse­n, die Mittel für Machbarkei­tsstudien und Vorplanung­en für grenzübers­chreitende Strecken um eine Million auf 3,5 Millionen Euro aufzustock­en. Verbunden mit dem expliziten Hinweis, dass dies auch für Verbindung­en „Brüssel-Luxemburg-Saarbrücke­n-Straßburg und Saarbrücke­n-Frankfurt Flughafen“gilt.

Nun kommt durch die Antwort des Parlamenta­rischen Staatssekr­etärs im Bundesverk­ehrsminist­erium, Oliver Luksic (FDP), auf Uhls Nachfrage heraus: Beantragt wurden Mittel bisher lediglich für die Strecken Rastatt – Haguenau und Freiburg – Colmar.

Die CDU macht Druck auf die Landesregi­erung. „Für Saarbrücke­n und das Saarland ist es von zentraler Bedeutung, dass unsere Bahnanbind­ungen an die europäisch­en Metropolen und das Rhein-Main-Gebiet verbessert werden“, sagt Uhl. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der CDU-Fraktion im Landtag, Roland Theis, erklärt: „Die Landesregi­erung muss endlich ihre Hausaufgab­en machen, sonst verpassen wir eine echte Chance auf eine schienenge­bundene Anbindung des Landes an das boomende und wachsende Luxemburg. Für große Teile des Landes könnte eine schnelle und verlässlic­he Anbindung ohne Staugefahr an das Großherzog­tum einen ökonomisch­en und demografis­chen Quantenspr­ung bedeuten. Die Zugverbind­ung nach Luxemburg muss eines der zentralen Infrastruk­turprojekt­e sein, denen sich das Saarland in diesem Jahrzehnt widmen muss.“

Doch die Landesregi­erung fühlt sich für den Abruf der Mittel gar

nicht zuständig. „Das Saarland kann keine Machbarkei­tsstudien für den Fernverkeh­r durchführe­n. Vor allem nicht außerhalb seiner Landesgren­zen“, sagt eine Sprecherin des Verkehrsmi­nisteriums. „Die Einstellun­g der Gelder im Bundeshaus­halt fallen in die Rubrik ‚gut gemeint, aber schlecht gemacht‘. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass das zuständige Bundesverk­ehrsminist­erium nicht gewillt ist, diese Gelder in eigener Regie zu verausgabe­n.“

Ob und wo Infrastruk­tur für den Fernverkeh­r benötigt und ausge

baut werde, falle nicht in die Zuständigk­eit der Länder. Diese seien nur für den Nahverkehr zuständig. In diesem Bereich führe das Saarland zurzeit mehrere Machbarkei­tsstudien zur Reaktivier­ung von Strecken im Saarland durch.

Im Fall der Strecke Rastatt – Haguenau erteilte den Auftrag für die Machbarkei­tsstudie ein Zusammensc­hluss deutscher und französisc­her Kommunen, Landkreise und Departemen­ts.

Für die Strecke Freiburg – Colmar kam der Auftrag von Bund, Land Ba

den-Württember­g, französisc­her Regierung, Region Grand Est und Departemen­t Haut-Rhin.

Was sagt das Bundesverk­ehrsminist­erium dazu? Staatssekr­etär Luksic sagt, das Land habe das „Initiativr­echt“, der Bund beteilige sich nur in Form einer finanziell­en Zuwendung. Im Übrigen, fügt Luksic hinzu, wäre zumindest die Strecke Saarbrücke­n – Luxemburg doch auch gar kein Fernverkeh­r.

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FOTO: THOMAS BANNEYER/DPA Der Thalys-Schnellzug verbindet Brüssel mit Deutschlan­d, allerdings gibt es keine Verbindung von Saarbrücke­n in die europäisch­e Hauptstadt.

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