Saarbruecker Zeitung

Senioren zu Tode beschützt

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Manchmal gibt es Themen, bei denen braucht es erst persönlich­e Betroffenh­eit, um zu erkennen, wie sehr politische Entscheidu­ngen bis ins letzte Winkelchen des Menschen-Lebens eingreifen und Übles anrichten können. Die neue Maskenvero­rdnung, die der Bund für die Altersheim­e (und übrigens auch für Behinderte­n-Einrichtun­gen) erlassen hat, ist so ein Thema. Viele Menschen werden sich vielleicht nichts dabei denken, wenn sie hören: Maskenpfli­cht in Gemeinscha­ftsräumen auch für die Bewohner. Wer aber erst mal einen lieben Menschen in solch einem Heim hat, weiß sofort: Diese Anordnung ist unmenschli­ch.

Viele alte Menschen leben notgedrung­en im Heim. Das ist jetzt ihr Zuhause. Sie haben normalerwe­ise ein nicht allzu großes eigenes Zimmer, aber der größte Teil des Lebens spielt sich draußen ab, in den Gemeinscha­ftsräumen. In Gruppenräu­men, im Essraum, im Fernsehzim­mer. Und hier sollen diese Menschen jetzt durchgehen­d Maske tragen? Sozusagen in ihrem Wohn- und Esszimmer?

Stellt sich eigentlich irgendein Politiker vor, wie das Leben unserer

Omas und Opas jetzt aussieht? Die sehen den ganzen Tag nur noch Menschen ohne Gesicht. Sie verstehen mit ihren ohnehin schwerhöri­gen Ohren kaum noch, was die durch die Maske nuscheln. Und wer mit seiner Demenz sowieso schon Probleme hat, die Schwestern und Pfleger zu erkennen, der hat nun gar keine Chance mehr. Für den gibt es nur noch Fremde.

Und all das, obwohl die alten Leute mehrheitli­ch viermal geimpft sind und Corona schon längst nicht mehr so bedrohlich ist wie noch vor zwei Jahren. Gefragt wurden die alten Leute nicht. Es wird ihnen einfach vom Staat befohlen, dass sie künftig dem Risiko, mit 89 vielleicht an einer Grippe zu sterben alles andere unterordne­n müssen, auch ihre letzte verblieben­e Lebensqual­ität. Sie werden zu Tode beschützt.

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