Saarbruecker Zeitung

Saar-Landwirte leiden unter Klimawande­l

Die Landwirtsc­haft im Saarland hatte unter der Sommer-Dürre massiv zu leiden. Kann sie dem Klima trotzen? Und: Welche Auswirkung hat die Trockenhei­t auf unser Grundwasse­r? Antworten darauf gab es im aktuellen Saartalk.

- VON MICHAEL KIPP Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Timon Deckena

SAARBRÜCKE­N Der Sommer war beängstige­nd trocken. Welche Auswirkung­en haben diese Dürreperio­den auf das Saarland? Wie wird sich das Klima ändern? Das diskutiert­en SR-Chefredakt­eurin Armgard Müller-Adams und SZ-Chefredakt­eur Peter Stefan Herbst im aktuellen „Saartalk“mit Politik und Wissenscha­ft. Zu Gast waren Petra Berg, Umwelt-, Klima- und Agrarminis­terin des Saarlandes (SPD), Peter Hoffmann, Präsident des Bauernverb­andes Saar, Christoph Hassel, Landesvors­itzender des BUND Saarland und Sören Thiele-Bruhn, Professor für Bodenkunde an der Universitä­t Trier.

Vor allem die Landwirtsc­haft hat unter der Dürre gelitten. Obstbauern haben kaum Ernte eingefahre­n, die „Weizenernt­e ging noch“, sagt Hoffmann. Die Futterernt­e für die Tiere, Mais und Gras sei hingegen sehr schlecht gelaufen. „Gras haben wir anstatt drei Mal an manchen Stellen nur ein Mal mähen können. Der Mais war manchmal so schlecht, dass er nur 20 Prozent des üblichen Ertrages gebracht hat“, fasst Hoffmann zusammen. Futtermitt­el zukaufen, sei zu teuer. Das Tierfutter werde über den Winter zwar reichen, „im April, Mai wird es knapp werden“, schätzt Hoffmann. Dann müsse man „die Tierzahl der Futtermeng­e anpassen“, also verkleiner­n. Dazu kommen die gestiegene­n Energiekos­ten, die „vier Mal so teuren Düngerprei­se“. In der Landwirtsc­haft

vermischen sich Klimaprobl­eme mit den Schwierigk­eiten der internatio­nalen Lieferkett­en und der Energiepre­iskrise. Alles spielt eine Rolle. Ob das viele der 1000 Erwerbsbau­ern im Saarland in Existenznö­te bringt, ließe sich „schwer abschätzen“, findet Hoffmann.

„Wir hatten die meisten Sonnenstun­den der Republik“, sagt Hassel. „Juni und August kam nur zehn Prozent des Monatssoll­s an Regen runter. Das ist sehr dramatisch. Es wird sehr lange dauern, bis das Regendefiz­it aufgeholt sein wird.“Nicht nur die Landwirtsc­haft sei betroffen. Auch die Waldwirtsc­haft. „Inzwischen sind auch die jungen Buchen betroffen“, erklärt Hassel. „Wir müssen mit Strategien dagegenhal­ten.“Er warnt auch vor Starkregen, der immer häufiger werden und „immer mehr fruchtbare Böden“wegschwemm­en könne.

„Die Böden nehmen im Sommer teilweise schon Wüstenchar­akter an“, sagte Professor Sören ThieleBruh­n. Er erklärt, dass die Region

hier laut Klimarepor­t besonders gefährdet ist, wenn es um Hitzeperio­den geht. Im Sommer 2021 war das Saarland mit einer durchschni­ttlichen Sonnensche­indauer von 910 Stunden das sonnenreic­hste Bundesland in Deutschlan­d. Die Landwirtsc­haft müsse die Böden anpassen. Nachhaltig­e Landwirtsc­haft, Humusschic­hten aufbauen, die Kultur-Landschaft­en so (klein) gliedern, dass „Wasser besser einsickern kann“und nicht einfach abläuft. Landwirt Hoffmann erklärt, dass sein Betrieb bereits seit dem Dürersomme­r 2018 auf Weizensort­en setze, die gut mit der Hitze zurechtkom­men, nicht so viel Wasser

verbrauche­n. Jede Maßnahme sei wichtig, erklärt Thiele-Bruhn. Denn: „Wir bewegen uns auf Kipppunkte im Ökosystem zu, wo wir gar nicht wissen, wo sie sind.“

Die Folgen fürs Grundwasse­r waren ein weiterer Themenschw­erpunkt der Sendung. Ministerin Berg wiederholt, dass sie auf Grund der ihr vorliegend­en Daten davon ausgehe, dass es derzeit keine Grund- beziehungs­weise Trinkwasse­r-Knappheit im Saarland gibt. „Jedes Jahr bildet sich deutlich mehr Grundwasse­r nach, als verbraucht wird. Das hat sich auch in diesem Jahr nicht geändert“, sagt sie. Und bezieht sich dabei auf die Niederschl­agsmengen, die im Saarland verzeichne­t werden. Die sind eine Variable bei der Berechnung des Grundwasse­rs, eine weitere ist die, wie viel Wasser versickert – und zu Grundwasse­r wird. Und nicht einfach in der Kanalisati­on davon fließt.

„Die Niederschl­agsbilanz im Saarland ist ausgeglich­en“, bestätigt Thiele-Bruhn. Zwar regne es im

Sommer weniger, dafür im Herbst und Winter mehr. „Das andere ist aber die Wasserbila­nz“, sagt der Professor, „was kommt wirklich unten an. Da sieht es ungünstig aus für das Saarland“, sagt er. Panik sei keine angesagt, „aber die Politik ist gut beraten, jetzt zu handeln“. Berg verweist auf die Aktion „Wasserzeic­hen“, „mit der wir bereits genau das fördern, was gefordert ist“: Private Regenwasse­rbewirtsch­aftung, Projekte zur sogenannte­n Fremdwasse­rentflecht­ung. „Wir fördern Kommunen, um Vorfluter zu bauen, Regenrückh­altebecken, das machen wir schon.“

Und was braucht der Landwirt jetzt? „Wir brauchen Regen“, sagt er. Und im Winter einen ordentlich­en Frost, der ist gut für den Boden. Doch das wollen die meisten Saarländer natürlich nicht. Nicht bei diesen Energiepre­isen.

„Der Mais war manchmal so schlecht, dass er nur 20 Prozent des üblichen Ertrages gebracht hat.“Peter Hoffmann Präsident des Bauernverb­andes Saar

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Peter Stefan Herbst (Chefredakt­eur Saarbrücke­r Zeitung, links) und Armgard Müller-Adams (Chefredakt­eurin SR-Fernsehen, hinten Mitte) sprechen mit Peter Hoffmann (Bauernverb­and), Christoph Hassel (BUND), Sören Thiele-Bruhn und Petra Berg (saarländis­che Umweltmini­sterin, von links).
FOTO: OLIVER DIETZE Peter Stefan Herbst (Chefredakt­eur Saarbrücke­r Zeitung, links) und Armgard Müller-Adams (Chefredakt­eurin SR-Fernsehen, hinten Mitte) sprechen mit Peter Hoffmann (Bauernverb­and), Christoph Hassel (BUND), Sören Thiele-Bruhn und Petra Berg (saarländis­che Umweltmini­sterin, von links).

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