Das Erntedankfest ist für viele Saarländer aktueller denn je
SAARBRÜCKEN Seit 50 Jahren wird in Deutschland am ersten Oktobersonntag gemäß einem Beschluss der Katholischen Bischofskonferenz von 1972 das ansonsten bis auf die alten Römer, Griechen und Israelis zurückreichende Erntedankfest gefeiert. An diesem Sonntag, 2. Oktober, ist es wieder soweit – und es stellt sich die Frage: Ist das noch zeitgemäß? Das Erntedankfest ist jedenfalls kein gesetzlicher Feiertag und der nächste Sonntag in vielen saarländischen Städten zudem verkaufsoffen. Dennoch, so eine SZ-Umfrage, gab und gibt es auch wieder etliche Erntedank-Feste und Gottesdienste dazu im Land.
„Erntedank brauchen wir unbedingt, denn es ist längst nicht mehr selbstverständlich, dass die Regale im Supermarkt immer voll sind“, betont der Hauptgeschäftsführer des Saar-Bauernverbandes, Alexander Welsch. „Gerade in Krisenzeiten konzentrieren sich die Menschen auch wieder gern auf Traditionen.“Auf den abgeernteten Feldern stehen nach seinen Angaben derzeit nur noch Sonnenblumen. Ansonsten laute die diesjährige Saar-Erntebilanz: Viel weniger Gras für die Fütterung der Tiere, kleinere Kartoffeln als sonst, aber immerhin eine akzeptable Getreideeinfuhr. Auch bei den Winzern ist man recht zuversichtlich für einen guten, weil sonnenverwöhnten 2022er-Jahrgang.
„Ob Dürre, Hagel, Frost oder Überschwemmung: An Erntedank machen sich Christen bewusst, dass nicht alles in ihrer Hand liegt, sondern letztlich in der Hand des Schöpfers“, heißt es beim Bistum Trier, zu dem der größte Teil des überwiegend katholischen Saarlandes gehört. „Gerade angesichts der Klimakrise ist ein Festtag wie Erntedank hoch aktuell.“So diene der Festtag auch dazu, Kinder zu sensibilisieren, woher und von wem unser Essen komme und welche Missstände es dabei gebe, sagt Ute Kirch von der Bistums-Pressestelle. Exemplarisch für die vielen kirchlichen Veranstaltungen nennt sie den Erntedankgottesdienst mit Brotsegnung und Gabenprozession der saarländischen Bäckerinnung am Sonntag um zwölf Uhr in der Saarbrücker Basilika St. Johann. In Völklingen St. Eligius ist um 10.30 Uhr ein Gottesdienst mit bolivianischen Gästen unter dem Motto „Gesunde Nahrung – Dank für die Gaben der Schöpfung“. Erntedankaktionen gibt es unter anderem auch in der Pfarrkirche St. Anna in St. Wendel sowie in Wadgassen und Werbeln, wo – wie auch andernorts – Erntekörbchen zum Segnen mitgebracht werden können.
Beim katholischen Dekanat Saarpfalz, das zum Bistum Speyer gehört, heißt es: „Wir werden an der Tradition, Erntedank in den Kirchen und auch in den Kindertagesstätten zu feiern, festhalten.“Als exemplarische Erntedank-Aktionen nennt Christine Wilke-Zech von der Bistumspressestelle unter anderem die Eucharistiefeiern in Bliesdalheim, Reinheim, Aßweiler, Blieskastel und
Biesingen (hier erst am 8. Oktober mit anschließender Verköstigung durch den Obst- und Gartenbauverein). In der evangelischen Kirche wurde Erntedank wie auch bei einigen Bauernorganisationen im Land schon früher im September gefeiert.
Und wer es etwas weltlicher möchte: Der Saarländische Rundfunk (SR 3) lädt für Sonntag erstmals nach zwei Jahren Corona-Pause wieder zu seiner traditionellen Landpartie auf sechs Höfen ein: dem Wintringer Hof in Kleinblittersdorf, dem Oberen Eschweilerhof in Neunkirchen, einer Schäferei in Blieskastel-Seelbach, dem Bexbacher Blumengarten, einer Baumschule in Oberthal-Güdesweiler und dem Weinlehrpfad in Perl-Sehndorf.