Erweiterung der Fußgängerzone erst im nächsten Jahr
Umsetzung des Herzensprojekts von Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) beginnt deutlich später als geplant. Stadt will sich Fördergeld sichern.
SAARBRÜCKEN (tho) Über wenige Vorhaben wurde im laufenden Jahr in Saarbrücken so kontrovers diskutiert wie über die Vergrößerung der Fußgängerzone am St. Johanner Markt. Während Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) darin einen „zeitgemäßen und wichtigen Schritt“zur Stärkung der City sieht, weil man die historische Altstadt und das Angebot der ansässigen Gastronomen und Händler „ruhiger und sicherer genießen“könne, hatte die SPD im Stadtrat mehrfach von „purer Symbolpolitik“und „Geldverschwendung“gesprochen. Die Erweiterung von derzeit rund 16 000 auf gut 25 000 Quadratmeter sei „unausgegoren und über die Köpfe der Betroffenen hinweg geplant“, so lauteten weitere Vorwürfe der SPD Richtung Verwaltung.
Die FDP, die lange für das Projekt votiert hatte, verabschiedete sich kurz vor der entscheidenden Abstimmung aus den Reihen der Befürworter. In einer denkwürdigen Stadtratssitzung im Juli fand die Erweiterung dann in geheimer Wahl trotzdem eine Mehrheit: 31 der 60 anwesenden Stadtverordneten stimmten dafür, 29 dagegen. Conradts „Zukunftsprojekt“, so hatte er es genannt, weil es seiner Ansicht nach künftig mehr Lebensqualität gebe, war damit gerettet.
Vorgesehen ist, dass fünf Straßen innerhalb des historischen Altstadtrings – die Obertor-, Fass-, Türken-, Kaltenbach- und Katholisch-KirchStraße – außerhalb der üblichen Lieferzeiten von 6 bis 12 Uhr für jeglichen motorisierten Verkehr gesperrt werden. Ausnahmen gibt es unter anderem für Anwohner mit privaten Stellplätzen, Menschen mit Behinderung, Beerdigungsinstitute und den Getränkehandel Stein & Sohn. Die Zufahrten werden teilweise mit versenkbaren Hochsicherheitspollern und massiven Blumenkübeln abgeriegelt. Die bislang bestehende Zufahrt zur Obertorstraße fällt ganz weg. Dort, wo aktuell noch Taxen stehen, kommt bald kein Auto mehr rein oder raus.
Schon nach den Sommerferien sollte der Umbau beginnen, so der ambitionierte Plan, falls keine größeren Lieferengpässe bei Baumaterialien auftreten sollten. Die Ferien sind vorbei, bislang hat sich nichts getan. Und daran wird sich in diesem Jahr auch nichts mehr ändern, wie eine Nachfrage der SZ bei der Stadt ergeben hat. Der Hauptgrund dafür ist aber nicht fehlendes Material. Die Verzögerung des Baustarts um mehrere Monate hängt mit einer Landesförderung zusammen.
„Aufgrund der in der Zwischenzeit getroffenen Absprachen mit dem Land kann ein Förderantrag gestellt werden, mit dem die terrorabwehrbedingten Mehrkosten zur Erweiterung der Fußgängerzone gefördert werden können“, teilt die Stadtpressestelle mit. Zurzeit würden die dafür möglichen und nötigen Gestaltungs- und Sicherheitselemente wie Poller und Pflanzkübel „final abgestimmt“und in die Planung und Ausschreibung eingearbeitet. „Diese Arbeitsschritte werden noch die verbleibenden Monate des Jahres 2022 benötigen. Eine Umsetzung erfolgt daher im Jahr 2023.“Zum voraussichtlichen genauen Zeitpunkt des Baubeginns im neuen Jahr machte die Stadt keine Angaben.
Geht es nach Hendrik Stein, Chef des Getränkehandels Stein & Sohn in der Katholisch-Kirch-Straße, kann sich die Stadt viel Zeit lassen, er befürchtet Umsatzeinbußen. „Jeder Tag, den es länger dauert, ist ein Vorteil“, sagte Stein am Freitag der SZ. Er kenne in seiner Nachbarschaft nur eine einzige Person, die die Erweiterung gut findet. Sie noch zu verhindern, etwa durch eine Klage, das hat er aber abgehakt. „Ich bin nicht glücklich darüber, aber ich füge mich in mein Schicksal.“