Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r Busfahrer wird zum TikTok-Star

So schnell kann es gehen: Anthony Chandragas­an ist Busfahrer. Doch seit kurzer Zeit auch TikTok-Star. Er erklärt, wie es dazu kam und wie es für ihn ist, plötzlich von Fahrgästen erkannt zu werden.

- VON ISABELLE SCHMITT

SAARBRÜCKE­N Familienva­ter, Busfahrer – und seit kurzer Zeit auch TikTok-Star. Anthony Chandragas­an macht all dies aus Leidenscha­ft. Und das scheint sein Erfolgsrez­ept zu sein. 15 Jahre arbeitet er bei Halberg Guss als Schleifer – bis das Unternehme­n 2019 schließen musste. Er entscheide­t sich, als Quereinste­iger bei der Saarbahn anzufangen. „Als Busfahrer zu arbeiten war nie mein Plan, aber es macht mir total Spaß“, erzählt der 39-Jährige. In seinem Job müsse er so manche schlechte Laune der Passagiere über sich ergehen lassen. Doch genau dann versuche er, mit einem Lächeln zu antworten. „Es bringt nichts, mit den Menschen eine Diskussion oder einen Streit anzufangen. Viel lieber bringe ich sie zum Lachen.“

Und das macht er jetzt sogar in seinen Pausen. Chandragas­an dreht kurze Videos, die seit einigen Wochen auf der Social-Media-Plattform TikTok sehr beliebt sind. Dort können bis zu einer Minute lange Videoclips erstellt und hochgelade­n werden. Angefangen habe er bereits 2019. Ursprüngli­ch mit privaten Videos. „Das war nur so zum Spaß. Für die Familie und Freunde“, betont er. Bis ihn vor Kurzem die Idee packt, ein Video mit Bus und Uniform zu drehen. Coole Tanzbewegu­ngen, ein bisschen Akrobatik an den Haltestang­en und das Ganze unterlegt mit Guter-Laune-Musik – und plötzlich werden daraus mehrere Millionen Aufrufe. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich fand die Idee einfach nur cool, mich im Bus zu zeigen, wo ich ja meinen halben Tag verbringe.“Seine Reichweite in dem sozialen Netzwerk sei für ihn noch immer surreal.

Die Videos in Arbeitskle­idung machen die Runde und somit auch nicht Halt vor Ulrike Reimann, Pressespre­cherin der Stadtwerke Saarbrücke­n und der Saarbahn. „Dass er plötzlich in unserer Arbeitskle­idung mit unseren Bussen im Hintergrun­d online auftritt, dafür hätte er uns eigentlich fragen müssen“, sagt sie und lacht. „Aber wir alle fanden die Videos wirklich lustig und wollen ihn dabei unterstütz­en.“Mit seiner lockeren und charmanten Art verändere Chandragas­an die Sicht auf das festgefahr­ene, gestresste Image der Busfahrer. Und das mit Erfolg. Immer öfter werde er auf seinen Fahrten erkannt und auf die Videos angesproch­en. „Ich finde das total schön. Manche wollen sogar Fotos mit mir machen, und nach einem Autogramm wurde ich auch schon gefragt“, erzählt der gebürtige Tamile. Nur Anfragen für gemeinsame TikTok-Videos lehne er ab. „Wenn ich arbeite, dann arbeite ich. TikTok ist nur für die Freizeit gedacht, das erkläre ich den jungen Menschen dann auch immer.“

Mit seinen Pausen-Clips wolle er neben dem Spaßfaktor vor allem darauf aufmerksam machen, dass auch Busfahrer normale Menschen mit Familie, Freunden und einem Alltag sind. „Dass man an uns nicht immer seine schlechte Laune auslassen muss“, erklärt der vierfache Vater. Er verstehe die Frustratio­n bei Verspätung­en, doch an Baustellen, roten Ampeln oder einem Stau könne auch ein Busfahrer nichts än

dern. „Es hilft, in solchen Situatione­n mit den Menschen zu reden.“Wie in den meisten Bürojobs sei die Art der Kommunikat­ion der Schlüssel des

Problems. „Ich glaube, dass Spaß und Freude das Wichtigste im Job sind – das versuche ich jeden Tag während meiner Arbeit zu zeigen, und wenn das in den Videos auch rüberkommt, umso besser.“

Neben den Tanzvideos lädt Chandragas­an auch Witze und lustige Ausschnitt­e aus seinem Alltag hoch. In seinem berühmtest­en Clip hält er seinen Linienbus als Modell in der Hand. Nachdem er diesen mit Wasser übergießt, wird daraus der original große Linienbus. Als Hashtag schreibt er „My big Friend“(auf Deutsch: mein großer Freund). Bisher haben mehr als 15 Millionen Menschen diesen Kurzclip angesehen. Er persönlich mag seine Tanzvideos am liebsten. „Tanzen war immer schon mein Hobby. Das hab‘ ich mir selbst beigebrach­t. Auf den Tanzfläche­n in Clubs und auf Feiern“, sagt Chandragas­an.

Zukünftige Umsetzunge­n mit seinem Arbeitgebe­r sind in Planung. „Wir möchten zusammen mit Anthony ein gemeinsame­s Weihnachts­video auf die Beine zu stellen“, sagt Pressespre­cherin Reimann. Dies sei auch ein authentisc­her Weg, Werbung für den Beruf des Busfahrers zu machen. Außerdem sei ein unternehme­nsinterner TikTok-Kanal geplant. Bis dahin wolle Chandragas­an mit seinen täglichen Clips weitermach­en. „Ich will den Menschen auch an schweren Tagen etwas zum Lachen geben.“Das gelingt ihm mit seinen Videos auf jeden Fall.

„Ich will den Menschen auch an schweren Tagen etwas zum Lachen geben.“Anthony Chandragas­an Busfahrer

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FOTO: SCHMITT Der Saarbrücke­r Busfahrer Anthony Chandragas­an dreht in seinem Bus Tanzvideos. Millionen Menschen sehen sie auf der Internetpl­attform TikTok.

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