Saarbruecker Zeitung

Wann eine Trennung vom Auto am besten ist

Auch Autos plagt im Alter so manches Zipperlein, das schnell teuer werden kann. Manchmal ist ein Abschied besser.

- VON ANDREAS KÖTTER Produktion dieser Seite: Christian Lingen

STUTTGART (dpa) Irgendwann gelangen selbst die zuverlässi­gsten Autos an diesen Punkt, an dem nicht nur der übliche Verschleiß zum Kostenfakt­or wird. Dann stellen die ersten Zipperlein und außerplanm­äßigen Werkstattb­esuche Nerven und Brieftasch­e auf Geduldspro­be. Das kann die einst große Liebe allmählich schwinden lassen. Etwa, wenn ein Turbolader ersetzt werden muss. Solche Reparature­n gehen meist ins Geld. Wer diese Kosten vermeiden will, muss rechtzeiti­g verkaufen. Bloß, wann ist rechtzeiti­g?

Pauschal lasse sich diese Frage nicht beantworte­n, sagt Carsten Kürten, der in Köln sowohl komplette Restaurier­ungen von Klassikern ebenso anbietet wie einen Reparaturs­ervice für Alltagsfah­rzeuge. „Die Laufleistu­ng, bei der man allmählich darüber nachdenken sollte, zu verkaufen, kann zum Beispiel je nach Fahrzeugga­ttung, Hersteller oder Motorisier­ung stark variieren.“

Wo bei einem Kleinwagen erste Schäden schon bei 80.000 oder 90.000 Kilometer auftauchen können, absolviere eine große Diesel-Limousine eines Premiumher­stellers vielleicht sogar 200.000 Kilometer problemlos. Und auch die Art und Weise, wie und wo ein Auto eingesetzt werde, spiele eine wichtige Rolle bei der Alterung. „Wenn ich vornehmlic­h mit 120 km/h auf der Autobahn unterwegs bin, sind die gefahrenen Kilometer auf dem Tacho uninteress­ant im Vergleich zu einem Auto, das ausschließ­lich im Stadtverke­hr, auf schlechten Straßen und im Stop-and-go-Modus, bewegt wird“, sagt Kürten.

Auch für Constantin Hack vom Auto Club Europa (ACE) gibt es

keine festgeschr­iebene Regel für den richtige Zeitpunkt: „Wir können keine definitive Alters- oder Kilometer-Grenze nennen, bei der Halten teurer wird als Verkaufen oder umgekehrt.“Im Grunde sei das Ganze „eine Art Lottospiel“, nicht zuletzt, weil selbst Fahrzeuge einer Baureihe schon durch ganz unterschie­dliche (Un-)Zuverlässi­gkeit aufgefalle­n seien. „Wenn überhaupt, kann man vielleicht den klassische­n Fünf-Jahreszykl­us als Richtschnu­r heranziehe­n“, bestätigt Kürten. In den ersten drei Jahren erfahre ein

Neuwagen bekanntlic­h den höchsten Wertverlus­t, dann aber flache die Kurve bis zum fünften oder sechsten Jahr immer mehr ab, sodass es nun sinnvoll sei, eine Entscheidu­ng für oder gegen einen Verkauf zu treffen. Bisweilen wird daneben auch die 100.000 Kilometer-Grenze genannt. „Die aber ist ein rein psychologi­scher Richtwert“, sagt Hack. „Das sieht man schon daran, dass ich für ein Auto weniger erlöse, wenn ich es mit einem Tachostand von 103.000 statt mit einem von 97.000 Kilometer verkaufen möchte.“Daher rät er auch dazu, sich möglichst vor der 100.000er-Marke zu entscheide­n, ob man verkaufen wolle. Wer sich gegen einen Verkauf entscheide­t, sollte allerdings damit rechnen, zunächst einmal durch „ein Tal der Tränen“zu müssen, frei nach dem Motto „es muss erst schlechter werden, bevor es besser wird“, gibt Kürten zu bedenken. „Die eine oder andere Reparatur wird zwangsläuf­ig bald anfallen, sodass einem kaum eine andere Wahl bleibt, als tief in die Tasche zu greifen.“Dann allerdings könne man meist erst einmal wieder sorgenfrei fahren, so der KfzFachman­n.

Allerdings kann man auch auf der ganzen Linie Pech haben. So erzählt der Kölner von einer Kundin mit einem zehn Jahre alten, 170.000 Kilometer gefahrenen BMW-Kombi der 5er Reihe. „Bei diesem Fahrzeug ist die Kurbelwell­e an der Riemensche­ibe abgebroche­n, ein so ungewöhnli­cher Schaden, dass man wohl von einem Einzelfall sprechen kann“, so der Experte. „Für Austauschm­otor und Arbeitsloh­n würden jetzt mehr als 10.000 Euro anfallen.“Und auch wenn er Autos gerne erhalte, habe er der Kundin von einer Reparatur dringend abgeraten.

In ein Auto mit 170.000 Kilometern, das einen Zeitwert von vielleicht noch 13.000 oder 14.000 Euro habe, eine solche Summe zu stecken, verbiete sich. Man hätte dann zwar ein Fahrzeug mit einem brandneuen Motor, angesichts einer solchen Laufleistu­ng müsse man aber jederzeit damit rechnen, dass bald auch bei Getriebe oder Fahrwerk kostspieli­ge Probleme auftauchen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN Irgendwann ist es an der Zeit, den alten Wagen in einem noch brauchbare­n Zustand zu verkaufen.
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FOTO: ZACHARIE SCHEURER/DPA-TMN Auch im Internet kann man seinen alten Wagen loswerden. Gebrauchtw­agenportal­e machen es ganz bequem möglich.

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