Wer gewichtet Bösewichter?
Zu „Von schwierigen Prinzen und begehrtem Gas“, SZ vom 26. September: Was bitte? Per Schiff soll das Flüssiggas her? Mit einem der schmutzigsten Transportmittel der Welt? Wie war das mit dem Märchen „Umwelt retten“? Mit Frauenrechten und Demokratie stärken? Und dann machen wir Geschäfte mit sehr umstrittenen, um es gelinde auszudrücken, Regimen? Hauptsache nicht Putin? Gibt es eine Hierarchie von Bösewichtern, die ich nicht kenne? Wer entscheidet darüber, mit welchen Bösewichtern wir noch versöhnlich und diplomatisch umgehen, ab wann sind dieselben kritischen Regime und deren Taten Rechtfertigung für Intoleranz, Negationen und Inkaufnahme von Eskalationen? Dann sagt Bundeskanzler Olaf Scholz noch, dass es richtig sei, in unbequeme Staaten zu reisen, auch wenn man nicht dieselben politischen Überzeugungen teilt (siehe SZ-Leitartikel
„Die wertebasierte Außenpolitik ist am Ende“vom 26. September). Entschuldigung, aber warum nicht gleich Putin so behandeln? Wer hat Interesse, ihn auf die Bestseller-Liste der Bösewichter zu stellen? Wenn schon Geschäfte mit Bösewichtern, dann wäre dringend ein Versöhnen angesagt mit Diktaturen, die uns umweltschonend und effektiv helfen bei der Bewältigung der Kernprobleme: Umwelt und energetische/wirtschaftliche Sicherung. Ja, wir wollen unabhängig werden, aber von welchem Bösewicht? Alles andere dient nur dem Wachstum kritischer Regime und ist nicht dienlich! Weder geistig, kulturell oder sozial noch ökologisch. Wir verlagern nur Probleme, ohne sie zu lösen. Hinzu unterstützen wir Regime, die alle Errungenschaften der Frauen um 100 Jahren zurückzuwerfen, um nicht vom Gendern und demokratischem Verständnis zu sprechen. Oder wann ist unsere Außenministerin nach Saudi-Arabien gefahren, um an Verhandlungen teilzunehmen? Unmöglich. Wenn schon derzeit keine Versöh
nung möglich ist, dann Schluss mit Ammenmärchen! Ich wünsche mir auch mehr kritische Journalisten. Die Leserbriefe helfen schon sehr.
Lucia Liliana Steinmetz, Homburg