Tor oder Abseits? Klatschen oder nicht? – Eine GLOSSE
Auch wenn meine Lieblingsmannschaft Erfolg hat: ich bin immer der Verlierer, sobald ich mich der Gefahr aussetze, Fußballspiele in Gesellschaft anzuschauen. Ungezählt sind die mitleidigen Blicke, die man mir zuwirft, wenn ich „Toooor!!!“jubele, obwohl der Spieler – für den Kenner glasklar erkennbar – im Abseits war. Sämtliche gut gemeinte Versuche, mir diese angeblich völlig simple Regel zu erklären, sind gescheitert, was mich vom gemeinschaftlichen Mitfiebern jedoch nicht abhalten kann. Zumindest gute Freunde müssen mein Nichtwissen aushalten! Schließlich haben sie mit mir auch etwas zu lachen, wenn ich „Schröder“für sein exzellentes Pass-Spiel lobe, obwohl der gute Mann „Müller“heißt, oder wenn ich mein nichtvorhandenes Expertentum durch Kommentare zu Trikots und Frisuren auszugleichen versuche. Neulich hat mir jemand gebeichtet, dass er ja gerne in klassische Konzerte gehen würde, wenn er nur wüsste, wann er klatschen soll (und vor allem: wann nicht). Da fiel mir ein steinschwerer Ball vom Herzen: Es gibt also Leute, denen es ähnlich geht wie mir als unkundigem Fußballfan!
Dabei ist die Sache mit dem Klatschen viel leichter zu verstehen als die Abseitsfrage. Geklatscht wird in der klassischen Musik immer erst am Ende eines Werkes, zum Beispiel einer Sonate, einer Suite oder einer Symphonie. Diese Werke bestehen aus mehreren sogenannten „Sätzen“wie etwa Allegro, Andante, Menuett oder Largo. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Buch: Das ganze Buch ist das Werk, die einzelnen Kapitel heißen in der Musik „Sätze“. Geklatscht wird also immer erst am Ende des „Buches“– selbst dann, wenn man zwischendurch so begeistert ist, dass es einen regelrecht in den Händen juckt.
Wer vor dem Konzert sein Handy ausschaltet, während des Konzertes das Plaudern einstellt und nicht gerade dann lauthals hustet, wenn die Solistin zarteste Töne anstimmt oder das Orchester eine stimmungsvolle Pause einlegt, hat schon alles richtig gemacht. Wer bei der Frage „ jetzt klatschen oder noch nicht?“bei seinen ersten Konzertbesuchen unsicher ist, dem empfehle ich meine neueste Public-Viewing-Methode: Ich warte mit meinem „Toooor!“-Jubel vorerst einfach, bis einer der AbseitsExperten begeistert vom Hocker springt.