Endgültiges Aus für Kette Camaieu trifft 19 Filialen in Lothringen
GRAND EST „Merci, Camaieu c’est fini“: Nach dem großen Ausverkauf am vergangenen Samstag hat die französische Modekette Camaieu ihre 514 Filialen im Land geschlossen. Rund 2400 Mitarbeiter haben ihren Posten verloren. Auch im Einkaufszentrum B’est in Farébersviller ging am Abend der Rollladen endgültig runter. Das Handelsgericht von Lille hatte am vergangenen Mittwoch das Insolvenzverfahren eingeleitet und der Kette drei Tage zum Ausverkauf gelassen. Das Unternehmen hatte 230 Millionen Euro Schulden angesammelt und konnte die 90 Millionen Euro, die es zur Fortsetzung der Tätigkeit benötigt hätte, nicht aufbringen.
Das Filialnetz der einst erfolgreichen Kette für preiswerte Damenmode war dicht gespannt. Auch in
vielen kleinen und mittelgroßen Städten Frankreichs war die Marke zu finden. So auch in der direkt ans Saarland angrenzenden Region
Grand Est. Neben den Geschäften in Farébersviller, Sarreguemines und Metz, gab es Filialen unter anderem auch in Sarrebourg, Nancy,
Thionville, Saverne, Mundolsheim bei Straßburg und Colmar. Die Filiale in Forbach war bereits seit dem Sommer 2020 geschlossen. Damit waren zuletzt in Lothringen 19 Geschäfte übriggeblieben.
„Wir erfinden uns ständig neu, und Sie haben uns zur beliebtesten Damen-Konfektionsmarke der Französinnen gemacht, aber trotz aller Bemühungen in einer sehr instabilen Zeit sind wir gezwungen, unsere Aktivitäten einzustellen“, ist seit Samstag auf der Front der Internetseite des Unternehmens zu lesen, wo es zuletzt noch einen Online-Shop gab. Auch aufgrund der Covid-Pandemie war die Kette in die Krise gekommen und hatte seit 2020 mehrfach den Besitzer gewechselt. Zeitweise gehörte sie der Gewerbeimmobiliengruppe Financière immobilière bordelaise, die unter anderem auch mehrere Kaufhäuser der renommierten Galeries Lafayette leitet. Jüngst hatte es bei Camaieu immer mehr Probleme mit Zahlungseinstellungen gegeben, zudem war die Kette durch nicht gezahlte Mieten belastet. Als Gründe für die Krise gab das Unternehmen zuletzt den Krieg in der Ukraine, eine Cyberattacke und Teuerungen bei Rohmaterialien an.
Der französische Staat hatte versucht, die Kette zu retten. Seit Beginn der Gesundheitskrise hatte das Unternehmen 40 Millionen Euro an Subventionen und Darlehen erhalten. Roland Lescure (liberale Partei Groupe Renaissance), beigeordneter Minister für Industrie, hatte am Mittwoch sein Bedauern über die Schließung ausgesprochen. Und dem Aktionär vorgeworfen, den Belebungsplan zu spät und unzureichend vorgelegt zu haben. Das Papier soll nach übereinstimmenden Angaben französischer Medien nur eine Seite umfasst und einen höheren zweistelligen Millionenbetrag vom Staat gefordert haben. Um das Aus zu verhindern, hatten auch die französische Hauts-de-France, wo der Hauptsitz der Kette lag, und die Eurometropole Lille vergeblich Unterstützung zugesagt.
Camaieu war 1984 in Roubaix gegründet worden. Ab den 2000er Jahren expandierte die Firma, es folgten Filialeröffnungen in anderen europäischen Ländern wie Italien, Ungarn und Spanien sowie in Nord- und Westafrika. 2007 wurde das 600. Geschäft in Frankreich eingeweiht. 2018 hatte Camaieu in seinen 900 Geschäften, davon 650 in Frankreich, noch einen Umsatz von 750 Millionen Euro erzielt. Der französische Staat will die ehemaligen Angestellten nun weiter unterstützen.