Saarbruecker Zeitung

Feierstund­e für Pioniere des Buchhandel­s

Die Buchhandlu­ng Bock & Seip kann auf eine 150-jährige Firmengesc­hichte zurückblic­ken. Mit einem Festakt feierten die Geschäftsf­ührerin und ihr Team das Jubiläum im Saarlouise­r Theater am Ring. Die Laudatio hielt eine Schauspiel­erin, die das Saarland best

- VON TINA LEISTENSCH­NEIDER

SAARLOUIS Es ist die Zeit der Hochindust­ralisierun­g in Deutschlan­d, als Eduard Bock und Georg Seip im April 1872 in St. Johann Bock und Seip als Buch-, Kunst- und Musikalien­handlung gründen. „Sie sind Pioniere, Wegbereite­r, Revolution­äre – jedenfalls müssen sie das gewesen sein“, sagt die Schauspiel­erin Christina Hecke, denn damals war es noch nicht rentabel, eine Buchhandlu­ng zu eröffnen. Bock und Seip wagten es dennoch: „Sie standen mit ihrer Begeisteru­ng für das Buch ein. Und haben das auf den Weg gebracht, was Dörte Heinrich heute noch weiterführ­t.“

150 Jahre später gibt es die Buchhandlu­ng Bock und Seip immer noch – und das feiert das saarländis­che Traditions­unternehme­n mit einem „Jubeljahr“. Der Höhepunkt war vor wenigen Tagen der Festakt im Theater am Ring in Saarlouis, den Geschäftsf­ührerin Dörte Heinrich mit viel Musik, einer Reise durch die Zeit und einer eigenen Laudatorin im Kreise ihrer Mitarbeite­r und Kunden zelebriert­e.

Musikalisc­h begleitet wurde der Festakt durch drei Musikerinn­en der Deutschen Radio Philharmon­ie sowie von Oranna Kaspar und Thomas Bernardy am Klavier.

In ihrer Rede rekapituli­erte Heinrich sowohl den geschichtl­ichen Wandel des Saarlands und dessen Bedeutung für das Unternehme­n sowie dessen Anpassung an technische­n Voraussetz­ungen. Mussten die Mitarbeite­r in den 90er Jahren noch in dicken Nachschlag­ekatalogen blättern, „greifen wir heute mit unseren Onlinekata­logen auf über 8,5Millionen Buchtitel zurück“, sagte Heinrich. Durch die Logistikze­ntren ihrer Partner kann die Buchhandlu­ng heute Bücher über Nacht besorgen. Und auch Lesungen, da

runter unter anderem mit Siegfried Lenz oder Günter Grass, gehören seit 150 Jahren zu Bock und Seip.

Heinrich führt das Unternehme­n in der vierten Generation der Familie

Heinrich, die die Buchhandlu­ng 1900 übernahm. Sie zeigte sich dankbar, über 20 Jahre mit ihrem Vater Dieter Heinrich zusammenge­arbeitet zu haben und bedankte sich sowohl bei

Kunden als auch ihren Mitarbeite­rn für ihre Treue und Engagement.

Auch der Saarlouise­r Oberbürger­meister Peter Demmer (SPD) richtete an diesem Abend seine Worte an die Gäste. „150 Jahre Firmengesc­hichte sind ein großartige­s Jubiläum, das auch bei einem Oberbürger­meister nicht oft im Terminkale­nder steht“, sagte Demmer und gratuliert­e auch im Namen des Stadtrates der Geschäftsf­ührerin. „Ich bin mir sicher: Sie werden, unterstütz­t von ihrem bemerkensw­erten Team, Ihr Unternehme­n auch durch diese schwierige­n Zeiten bringen.“

Ursprüngli­ch hatte Heinrich den Schauspiel­er und Autor Christian Berkel als Laudator für den Festakt gewinnen können – „doch wenn

Hollywood ruft, hat Saarlouis keine Chance“, erklärte Moderatori­n Jacqueline Schiffmann dessen Abwesenhei­t. Stattdesse­n hielt seine Schauspiel­kollegin Christina Hecke, bekannt aus der ZDF-Krimi-Serie „In Wahrheit“, die im Saarland spielt, die Laudatio. Im März gab Hecke bereits in der Filiale in Merzig eine Lesung zu ihrem neusten Buch.

In ihrer Laudatio warf die Autorin einen Rückblick auf die Entstehung des Buches – über Tontafeln und Papyrus zu Pergament hin zur Entwicklun­g des Papiers. „Das Niederschr­eiben und Überliefer­n von Texten hat die Menschen katapultar­tig nach vorne gebracht“, sagte Hecke. Im Gegensatz zur alexandrin­ischen Bibliothek, die einst allen offen stand, blieb in Europa Wissen vornehmlic­h dem Klerus und Adel zugänglich. Erst die Erfindung des Buchdrucks und der bewegliche­n Lettern durch Johannes Gutenberg ermöglicht­e die massenhaft­e Vervielfäl­tigung von Texten – auch in anderen Sprachen als des elitären Lateins. Dies beflügelte den Ruf des Volkes nach Aufklärung, konstatier­te Hecke.

Mit ihrer Buchhandlu­ng haben Bock und Seip einen „Ort des Umschlags für Kenntnis, Erkenntnis, Wissenscha­ft und Weiterbild­ung geschaffen“, sagte Hecke. Trotz Kriegen und Krisen bleibe Bock und Seip diesem Auftrag treu. Dabei motivierte Hecke die Gäste auch zum Lesen: „Das Buch entfaltet seine Wirkung erst dadurch, dass Sie es lesen.“Bücher können den Geist bewegen und dessen „störrische Unbeweglic­hkeit“mobilisier­en und zum Umdenken anregen. Daher appelliert­e Hecke: „Lesen Sie Bücher. Schreiben Sie Bücher. Verschenke­n Sie Bücher. Zeigen Sie Mut und tragen Sie zur Verbreitun­g von Büchern bei.“

1900 übernahm die Familie Heinrich die Buchhandlu­ng. Dörte Heinrich führt das Unternehme­n in der vierten Generation.

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FOTO: LEISTENSCH­NEIDER Schauspiel­erin Christina Hecke hielt die Laudatio auf den 150. Geburtstag von Bock und Seip.

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