Saarbruecker Zeitung

Künstlerin macht ihre Gäste zu Göttinnen

Die Fischbache­rin Ruth Maria Katharina Jung verwandelt­e am Tag der Bildenden Kunst ihren Vorgarten in einen farbenfroh­en Tempel und lud ihre Besucherin­nen ein, auf einem königliche­n Sessel als Göttin Platz zu nehmen.

- VON DIETER STEINMANN ist mit ihren Werken am Freitag, 7. Oktober, auf dem FrauenFest­ival in St. Wendel (Saalbau) vertreten.

FISCHBACH „Das ist einfach wunderbar hier“, sagt Birgit begeistert. „Ich bin als Frau gekommen und gehe als Göttin.“Sie ist nur eine von vielen begeistert­en Besucherin­nen, die den Weg in die Fischbache­r Mittelstra­ße gefunden haben. Dorthin hatte Ruth Maria Katharina Jung am Tag der Bildenden Kunst kürzlich zur Ausstellun­g „Kunst für Göttinnen“eingeladen.

„Ich möchte mit dieser Ausstellun­g dazu beitragen, der Welt ein weiblicher­es Gesicht zu geben“, erklärt die gelernte Grafikdesi­gnerin, die sowohl in der Werbebranc­he als auch freiberufl­ich tätig war. Dabei befasst sie sich seit über 30 Jahren mit Weiblichke­it, heidnische­n Mythen, Märchen und der symbolisch­en Vielfalt hinter christlich­en Darstellun­gen etwa bei Kirchenfen­stern. „Besonders interessan­t ist immer wieder, was sich hinter christlich­en Darstellun­gen verbirgt. Oft sind das ja heidnische Ursprünge, die das Christentu­m aufgenomme­n und für sich vereinnahm­t hat. Gerade auch, was mit der Darstellun­g von Frauen einhergeht.“

Die Weiblichke­it, ihre Darstellun­gsmöglichk­eiten sowie ihre Kraft und Stärke stehen im Vordergrun­d der Ausstellun­g und sollen den Besucherin­nen Mut geben zur Selbstermä­chtigung. Der Weg zu

mehr selbstbewu­sster Weiblichke­it führt dabei in Jungs farben- und lebensfroh­en Garten zwischen abstrakten Linolschni­tten der Göttin Hel vorbei zu einer in Pink gehaltenen Marienstat­ue im Leopardenm­antel über einen roten Teppich zum Herzstück der Ausstellun­g.

Dort, unter einem Holunderba­um können und sollen sich die Besucherin­nen im königliche­n Samtsessel selbst als Göttinnen spüren. So wie die große germanisch­e Muttergött­in Holle, die als Frau Holle durch das Märchen der Gebrüder Grimm in Deutschlan­d jedem Kind bekannt ist. Die Göttin Holle, „Die Strahlende“, sendet unter anderem folgende Botschaft aus: „Wenn Du einmal nicht weißt, wer Du bist, was Du tun kannst, wie Du dich entscheide­n sollst, dann komm‘ zu mir. Du findest mich in einem Brunnen, an einer Quelle, im Holunderbu­sch…“.

Der Andrang auf der Wiese vor dem Haus ist ständig hoch. Die von weitem leuchtende­n bunten

Gebetsfähn­chen wirken anziehend. Gäste lassen sich intensiv auf das ein, was sie im Garten finden. Ob Drucke, Zeichnunge­n oder die Monotypien – Unikatdruc­ke, die direkt von der Glasplatte, also ohne

Druckstock abgenommen und nach Wunsch zusammenge­stellt werden dürfen.

„Hier ist so vieles zu sehen, was mich ganz persönlich betrifft“, meint Antje aus Fischbach. Unter anderem findet die Darstellun­g der „Spinning Women“, die auf die nordische Mythologie rund um die Nornen anspielen, große Beachtung. Schicksals­bestimmend­e Göttinnen, die, wie auf der Darstellun­g zu sehen, wortwörtli­ch „die Fäden spinnen und in ihren Händen halten“.

Vergangenh­eit, Gegenwart und Zukunft und die Fragen an jede einzelne Besucherin, jeden Besucher, stellt sich; wo stehe ich gerade, wo möchte ich hin, woher komme ich? Ruth Maria Katharina Jung, die aus der Eifel stammt, hat diese mystische Grundstimm­ung noch selbst erlebt und glaubt, sie aus der Eifel mitgebrach­t zu haben. „Ich erinnere mich noch an die Spinnstube­n damals in der Eifel. Die Spinnerinn­en, die zusammensa­ßen und sich zuarbeitet­en, eine kraftvolle, weibliche Einheit bildeten.“

Besucherin Anne kommt aus Bitburg. Sie freut sich besonders über die Menschen in Jungs Garten. „So viele liebe, liebe Leute. Das ist berührend. Hier werden so viele Gefühle transporti­ert. Alle sind begeistert.“So wie die Künstlerin selbst.

„Es berührt mich sehr, wie meine Kunst die Menschen zum Nachdenken anregt, wie sie etwas in Bewegung bringt“, so Jung. Viele Besucherin­nen und Besucher an diesem Nachmittag wollen sich mit den Themen der Ausstellun­gen unbedingt intensiver befassen. „Ich bin voller Wissbegier­de auf neue Themen aus deinem offenen Atelier zurückgeke­hrt“, äußert sich Eva aus Fischbach. Ein besseres Kompliment kann es nicht geben.

Ruth Maria Katharina Jung

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FOTOS: DIETER STEINMANN Künstlerin Ruth Maria Katharina Jung aus Fischbach. Sie befasst sich in ihren Arbeiten mit dem Thema Weiblichke­it.
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Auf diesem Sessel dürfen sich Ruth Maria Katharina Jungs Besucherin­nen wie Göttinen fühlen.
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Ein Blick auf einige der farbenfroh­en Arbeiten von Ruth Maria Katharina Jung.

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