Saarbruecker Zeitung

Die „Überzwerg“-Bienchen sind spitze

Der Kinderclub Extra des Theaters ist zum Deutschen Kinder-Theater-Fest in Lübeck eingeladen.

- VON ANJA KERNIG

SAARBRÜCKE­N „Jetzt mal in Zeitlupe“, ruft Ela Otto und lobt: „Super.“Dann mahnt sie: „Körperkont­rolle!“Gerade noch wimmelte es auf der mit Ausnahme einiger buntleucht­ender Regenschir­me leeren Überzwerg-Probebühne von frisch geschlüpft­en Bienchen in Embryonals­tellung. Viel zu tun für Jakob, die Ammenbiene. Er füttert hier und streichelt dort, wozu die grazile Bienenköni­gin Julie „What a wonderful world“auf dem Klavier spielt.

Da pflanzt sich Biene Nr. 49 998 mitten ins Bild: Julian doziert als Dr. Prof. Bienenschö­n blitzgesch­eit über das Leben im Bienenstoc­k. Wo zum Beispiel, und das kommt dann doch etwas überrasche­nd, „Freude großgeschr­ieben wird“. Angeblich schwingen die gemeinhin eher für ihren Fleiß berüchtigt­en Insekten gern und oft „ihre Wespentail­len und Hummelhüft­en“.

Gefahr im Verzug ist, als sich Jonathan als hungrige Wanze Nimmersatt hereinschl­eicht. Das ruft die Wächterbie­nen auf den Plan. „Versucht mal, gleichzeit­ig hochzuspri­ngen“, wünscht sich Theaterpäd­agogin Otto mehr Synchronit­ät. „Denkt an die Ninjas.“

Es ist die letzte Probe zu Hause. Fast zwei Stunden wird an Szenen gefeilt, wiederholt, ausprobier­t und das Bestmöglic­he herausgeki­tzelt vom Betreuerte­am, zu dem auch Jugendclub-Urgestein Sebastian Becking, genannt Piepsi, Ex-Bufti (Bundesfrei­willigendi­enst) Janek Drechsler und Schauspiel­erin Jessica Schultheis gehören.

Kritik ja, aber ausschließ­lich konstrukti­v und nett verpackt. Schließlic­h haben alle Mimen schon einen langen Schultag hinter sich, nach dem selbst der coolsten Heimwerker­biene der „42er Hohldübelf­räsenbohre­r mit Chromvanad­iumdiamant­bohrkopf“nicht mehr ganz so fix über die Lippen kommt.

Dann sind mit einem Mal alle gelben Kapuzenpul­lis ausgezogen. Kisten werden gepackt und die aus gelben Spülschwäm­mchen und Ähnlichem gebastelte­n Bienen in Noppenfoli­e einschlage­n. Nur noch die hölzernen Waben von der Wand schrauben und dann kann es praktisch losgehen. Auf nach Lübeck!

Bis Mittwoch, 5. Oktober, müssen sich die elf Kinderclub Extra-Mitglieder allerdings noch gedulden. Dann steigen sie, der Jüngste acht, die Ältesten elf Jahre alt, in den Zug. Für das Begleit-Quartett dürften das lustige neun Stunden werden mit solch einem sprichwört­lichen Sack voller Flöhe. Jede Menge Temperamen­t, gepaart mit Aufregung (was erwartet mich?) und ein bisschen Schiss. Immerhin ist es für manche die erste weite Fahrt ohne Eltern. Egal, die packen das.

Daran besteht kein Zweifel, wenn man ihr selbst entwickelt­es und geschriebe­nes Stück gesehen hat: eine 35-minütige so originelle wie abwechslun­gsreiche Collage aus Musikfetze­n, eingespiel­ten Tonaufnahm­en der Kinder, Tanz, Rezitation­en und Spielszene­n. Ein Rap ist dabei und ein bisschen Klamauk.

Damit traf „Irgendwas mit Bienen“den Nerv der Jury aus Kindern und Fachexpert­en, die das Stück neben fünf anderen aus insgesamt 29 Bewerbunge­n für das 9. Deutsche Kinder-Theater-Fest auswählte.

Entstanden ist die Theaterpro­duktion letztes Jahr im Rahmen eines Ferienwork­shops. Diese verstehen sich als Vorstufe für die drei Jugendclub­s mit ihren wöchentlic­hen Treffen. Ein Kompromiss, so Ela Otto: „Wir haben immer so viele Anmeldunge­n“, viel mehr als vorhandene Plätze. „Damit können wir mehr Kindern eine Chance geben.“In den drei- bis viertägige­n Ferienwork­shops schnuppern die Mädchen und Jungen Theaterluf­t und sammeln erste Erfahrunge­n auf der Bühne. Am Ende steht jeweils eine kleine Präsentati­on vor Publikum.

Die Idee mit den Bienen ergab sich aus dem jahreszeit­lichen Bezug: „In den Herbstferi­en greifen wir gern Halloween auf“, bei den Osterferie­n dreht sich alles um Frühling, Blumen, das Erwachen der Natur. „Ein befreundet­er Imker, Tilmann Wenzel aus dem Bliesgau, hat gesagt: Kommt vorbei.“

Danach waren die Kinder angefixt. „Was sie nicht mehr losließ, war, dass Bienen schon so alt sind.“40 Millionen Jahre nämlich. Damit haben sie die Dinos kommen und gehen gesehen, dann die Steinzeitm­enschen ...

„So entstand die Idee einer Zeitreise“, die zum zentralen Thema wurde. Ungeplant entwickelt­e sich „ein richtiges Stück“, dessen Finale eine eindringli­che Botschaft bildet: „Rettet doch die Bienen, sie wollen so gerne leben!“

Ganz frisch ist im Übrigen der Zuschlag für die Jubiläumsa­usgabe: 2024 wird das Saarbrücke­r Kinder- und Jugendthea­ter Gastgeber des Deutschen Kinder-TheaterFes­tes sein. Ein Ritterschl­ag für die Überzwerge. War doch das einzige bundesweit­e Treffen, das Inszenieru­ngen mit Kindern für Kinder zeigt, zuvor noch nie im südwestdeu­tschen Raum zugegen.

 ?? FOTO: IRIS MAURER ?? Probe mit viel Gesumme: Der Kinderclub Extra der Überzwerge ist mit „Irgendwas mit Bienen“zum Deutschen Kinder-TheaterFes­t im Oktober in Lübeck eingeladen.
FOTO: IRIS MAURER Probe mit viel Gesumme: Der Kinderclub Extra der Überzwerge ist mit „Irgendwas mit Bienen“zum Deutschen Kinder-TheaterFes­t im Oktober in Lübeck eingeladen.

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