Saarbruecker Zeitung

In der Energiekri­se ist sie als Ratgeberin gefragt

Ina Apfelbaum ist Schornstei­nfegermeis­terin in Saarbrücke­n. Viele Bürger seien wegen steigender Heizkosten sehr verunsiche­rt.

- VON UDO RAU

SAARBRÜCKE­N Die Angst vor der kalten Wohnung im kommenden Winter steckt auch den Saarländer­n in den Knochen. Hochschieß­ende Gas-, Heizöl- und Holzpellet­preise, aber auch stark gestiegene Preise für die bequeme und saubere Fernwärme, treiben den Menschen den Angstschwe­iß ins noch warme Gesicht. 20 Grad? 21 oder 22 Grad? „Jeder Mensch hat seine eigene Wohlfühlte­mperatur“, sagte Ina Apfelbaum (38), bevollmäch­tigte Bezirkssch­ornsteinfe­gerin in Saarbrücke­n-Malstatt. Die gebürtige Burbacheri­n, Schornstei­nfegermeis­terin seit 2013, arbeitet mit ihren Kollegen Uwe Meyer und Holger Fuchs in einer Bürogemein­schaft in der Malstatter Breite Straße, wobei jeder der drei selbststän­dig ist.

Während wir miteinande­r reden, rufen bei Uwe Meyer innerhalb kurzer Zeit fünf Kunden an, die Informatio­nen zur Anschaffun­g eines Kaminofens benötigen. „Die Leute rufen ihren Schornstei­nfeger an, was sie tun sollen. Im Augenblick herrscht aufgrund der unklaren Lage zu den Heizkosten des kommenden Winters wilder Aktionismu­s“, sagt Ina Apfelbaum.

Sie freut sich, dass der Schornstei­nfeger als Anlaufstel­le und Ratgeber gefragt ist. „Wir sind neutrale Berater, wir verkaufen unser Wissen, aber keine Heizungen“, stellt sie klar. „Und auch wir als Schornstei­nfeger wissen natürlich letztlich nicht, wo die Reise hingeht“, meint sie. Apfelbaum betreut in ihrem Bezirk Scheidt, Schafbrück­e, Scheidterb­erg und Dudweiler-Süd rund 2000 Anwesen. Die stets gutgelaunt­e und kommunikat­ive Frau mit rotem

Halstuch und Zylinder ist in ihrem Bezirk bekannt wie der sprichwört­liche „bunte Hund“. Oft ist sie bei ihren Kunden auch Anlaufstel­le für Privates: „Viele Leute sagen mir: Es ist schön, dass ihr kommt. Sie sind froh, einen Ansprechpa­rtner zu haben.“Denn regelmäßig müssen die Häuser besucht werden, Feuerstätt­enschau und Abnahmen sind gesetzlich vorgeschri­eben, wofür Gebühren zu bezahlen sind. Alle anderen Leistungen werden seit der Liberalisi­erung als Privatunte­rnehmer in Rechnung gestellt.

Kaminöfen sind im Augenblick der Renner, es gibt sie für Gas und Holz. Im Handel sind sie kaum noch zu bekommen. Wer einen ergattert hat, braucht einen sachkundig­en Handwerker, der ihn installier­t. Und da ist das Personal auch knapp. Zu Gas mag im Augenblick angesichts der Preislage niemand raten, auch das Heizungsha­ndwerk nicht. Bleibt also der Holzkamin. Auch das nötige Holz dafür ist teuer geworden. „Es gibt zu wenig trockenes Holz am Markt“, sagt Apfelbaum. Denn das ist wichtig für eine gute Verbrennun­g, sonst produziert die Verbrennun­g Ruß, viel CO2 und eine hohe Umweltbela­stung. Ein Kaminofen ist stets eine Ergänzung zum bestehende­n Heizsystem, eine Versicheru­ng dafür, dass wenigstens ein Raum im Winter mit angenehmen Temperatur­en beheizt wird.

Sie gebe den Kunden Tipps und weise darauf hin, was etwa bei einem Holzkamin beachtet werden muss – vor allem bei der Verbrennun­g. „Nur zugelassen­e Brennstoff­e verwenden, kein behandelte­s oder lackiertes Holz, keine Plastikabf­älle und auch keine Zeitungen, sie setzen Schadstoff­e frei. Naturbelas­senes Holz mit einem Feuchtegeh­alt von weniger als 25 Prozent sowie Pellets und Braunkohle­produkte wie Briketts einsetzen, aber Spanplatte­nreste sind tabu“, erklärt Apfelbaum.

Kunden, die sich nach den Bedingunge­n für die Installati­on eines Kaminofens erkundigen, werden vor

Ort beraten, und die Lage wird geprüft. „Die meisten Bewohner, egal ob im eigenen Haus oder in Mietwohnun­gen, kennen den Verlauf ihrer Kamine nicht“, stellt sie immer wieder fest. Dank ihrer langjährig­en Erfahrung wisse sie „bei den meisten Gebäuden aber, wo die Kamine verlaufen“. Bei allem Aktionismu­s: Derzeit sollte sich jeder genau überlegen, ob er sich Kaminofen und Einbaukost­en auch leisten kann, so Apfelbaum. Jeder Fall sei anders, es müsse individuel­l entschiede­n werden. Übrigens: Bei Mietwohnun­gen muss auch der Vermieter zustimmen.

Die Tätigkeit des Schornstei­nfegers hat sich mit der technische­n Entwicklun­g geändert. Brennwertk­essel, neue Heizungste­chnologien haben Einzug gehalten. „Wir müssen uns ständig weiterbild­en, um mit der Technik Schritt zu halten“, sagt sie. Gerade hat sie bei der Saarbrücke­r Handwerksk­ammer eine weitere Einheit eines zehnmonati­gen Weiterbild­ungskurses zur Gebäudeene­rgieberate­rin absolviert.

Insofern hat auch der Schornstei­nfeger im Laufe der Jahrzehnte sein Berufsbild geändert: „Die Zeiten von Mary Poppins (Musicalfil­m aus dem Jahre 1964, die Red.) sind vorbei“, meint sie. Doch in ihrem Bezirk gibt es auch noch einige Koksheizun­gen, bei denen die Schornstei­ne kräftig wie einst gekehrt werden müssen. Tendenz in der Stadt: stark abnehmend. In ländlichen Gebieten finden sich noch etwas mehr Koksheizun­gen. Aber seit dem Wegfall der Deputate früherer SaarbergMi­tarbeiter sei die Steinkohle als Heizungsqu­elle ein Auslaufmod­ell.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs für den Beruf aus? Die 129 Schornstei­nfegerbetr­iebe im Saarland finden noch Nachwuchs, es könnte aber mehr sein, meint sie. Apfelbaum hat einen Auszubilde­nden im Betrieb, auch junge Frauen meldeten sich. Derzeit werbe die Saar-Schornstei­nfegerinnu­ng auf Social-Media-Kanälen für „unseren schönen und spannenden Beruf“.

„Wir sind neutrale Berater, wir verkaufen unser Wissen, aber keine Heizungen.“Ina Apfelbaum Schornstei­nfegermeis­terin

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FOTO: UDO RAU Der Beruf des Schornstei­nfegers oder der Schornstei­nfegerin hat sich wegen neuer Heizungste­chnologien stark gewandelt, sagt Ina Apfelbaum. Deshalb sei Weiterbild­ung sehr wichtig.

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