„Das ist ein hochattraktiver Preis“
Der Verkehrsminister steht zum 49-Euro-Ticket. Im Nahverkehr hält er aber Verbesserungen in der Infrastruktur für notwendig.
BERLINEs ist vollbracht. Das 49-Euro-Ticket kommt. Laut Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wird jetzt die Nutzung des Nahverkehrs so einfach wie nie. Zugleich mahnt Wissing weitere Reformen für den ÖPNV an – und mit Blick auf die Weihnachtsfeiertage nimmt er die Deutsche Bahn in die Pflicht.
Herr Minister, das 49-Euro-Ticket kann kommen. Kritikern sind 49 Euro aber nach wie vor zu viel. Was entgegnen Sie?
WISSING Das ist ein hochattraktiver Preis. Er liegt deutlich unter dem, was die meisten Menschen heute für den ÖPNV bezahlen. Darüber hinaus ist es den Ländern wie gehabt unbenommen, weitere Vergünstigungen etwa für Azubis-, Schüler- oder Sozialtickets vorzunehmen. Das wird ohnehin aus anderen Haushaltsmitteln finanziert. 49 Euro heißt nicht, dass jeder zwin
gend diesen Preis bezahlen muss.
Warum eigentlich 49 Euro, nicht 29 oder 69?
WISSING Wir haben während der Phase des Neun-Euro-Tickets Marktanalysen gemacht. Die haben ergeben, dass 49 Euro für viele ein höchstrangiger Preis ist, der zur Nutzung des ÖPNV motiviert. Gleichzeitig sichert er, dass die Qualität des
ÖPNV hochgehalten und mit den zusätzlichen Regionalisierungsmitteln das Angebot weiter ausgebaut werden kann. Wir brauchen einen attraktiven Preis und ein attraktives Angebot. Das Deutschlandticket macht die Nutzung von Bussen und Bahnen jetzt einfacher als je zuvor.
Was nutzt das 49-Euro-Ticket auf dem Land, wenn kein Bus fährt? WISSING Das ist eine völlig falsche Sicht. Gerade im ländlichen Raum werden die Bürger von dem Ticket stark profitieren, weil der ÖPNV dort meist viel teurer ist als in den Städten und Ballungszentren. Gerade für Pendler sind die Preise eine enorme Belastung und oft das Argument, eher das Auto zu nutzen. Das wird sich ändern. Es wird für die Menschen auf dem Land preiswerter und sie können das Ticket im Alltag nutzen. Das ist eher eine überproportionale Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger, die im ländlichen Raum oder am Stadtrand leben.
Sie haben als Startdatum den ersten Januar genannt, jetzt ist von schnellstmöglich die Rede. Wann kommt das Ticket denn nun? WISSING Ich habe zum ersten Januar immer auch als Voraussetzung genannt, dass es technisch zu diesem Datum möglich ist. Es hilft nichts, wenn wir jetzt etwas übers Knie brechen und technische Probleme den Start erschweren. Die Länder müssen die Umsetzung zügig mit uns klären, sodass wir in einigen Wochen ein verbindliches Startdatum nennen können.
Ein Sparpreis bringt noch keine Verkehrswende. Wie stellen Sie sich eine Reform des ÖPNV vor? WISSING Hinter dem Ticket verbirgt sich das Überwinden von Tarifzonen und eine radikale Vereinfachung. Jetzt können die Menschen jederzeit bezahlbar und unkompliziert umsteigen und den ÖPNV in ihre Alltagsmobilität integrieren. Wir bekommen die größte Tarifreform, die Deutschland je erlebt hat. Nun braucht es auch viele Verbesserungen und Anpassungen im Infrastrukturbereich.
Die Länder sagen, mit der vereinbarten Erhöhung der Regionalisierungsmittel lässt sich nur der Status Quo finanzieren.
WISSING Man muss die Dinge auseinanderhalten. Mit mehr Geld alleine schafft man noch lange keine Reform. Die Regionalisierungsmittel stehen für den Betrieb zur Verfügung. Der Ausbau der Infrastruktur fällt unter das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Dafür stellen wir eine Milliarde Euro pro Jahr und ab 2025 sogar zwei Milliarden zur Verfügung. Am Geld scheitert es hier nicht.
Können Sie zusagen, dass es zur Weihnachtsreisezeit nicht ein
Chaos gibt wie immer Sommer? WISSING Ich gehe davon aus, dass die Bahn alles tun wird, um einen besseren und reibungsloseren Ablauf des Betriebes über die Feiertage zu gewährleisten. Große Verbesserungen sehen wir aber erst dann, wenn Ende 2024 der erste Korridor saniert ist. Wir beginnen ab Juli 2024 mit dem wichtigen Abschnitt zwischen Frankfurt und Mannheim, eine der Hauptschlagadern des deutschen Bahnnetzes.
DIE FRAGEN STELLTEN HAGEN STRAUSS UND HOLGER MÖHLE.