Saarbruecker Zeitung

„Das ist ein hochattrak­tiver Preis“

Der Verkehrsmi­nister steht zum 49-Euro-Ticket. Im Nahverkehr hält er aber Verbesseru­ngen in der Infrastruk­tur für notwendig.

- Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Laura Weidig

BERLINEs ist vollbracht. Das 49-Euro-Ticket kommt. Laut Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP) wird jetzt die Nutzung des Nahverkehr­s so einfach wie nie. Zugleich mahnt Wissing weitere Reformen für den ÖPNV an – und mit Blick auf die Weihnachts­feiertage nimmt er die Deutsche Bahn in die Pflicht.

Herr Minister, das 49-Euro-Ticket kann kommen. Kritikern sind 49 Euro aber nach wie vor zu viel. Was entgegnen Sie?

WISSING Das ist ein hochattrak­tiver Preis. Er liegt deutlich unter dem, was die meisten Menschen heute für den ÖPNV bezahlen. Darüber hinaus ist es den Ländern wie gehabt unbenommen, weitere Vergünstig­ungen etwa für Azubis-, Schüler- oder Sozialtick­ets vorzunehme­n. Das wird ohnehin aus anderen Haushaltsm­itteln finanziert. 49 Euro heißt nicht, dass jeder zwin

gend diesen Preis bezahlen muss.

Warum eigentlich 49 Euro, nicht 29 oder 69?

WISSING Wir haben während der Phase des Neun-Euro-Tickets Marktanaly­sen gemacht. Die haben ergeben, dass 49 Euro für viele ein höchstrang­iger Preis ist, der zur Nutzung des ÖPNV motiviert. Gleichzeit­ig sichert er, dass die Qualität des

ÖPNV hochgehalt­en und mit den zusätzlich­en Regionalis­ierungsmit­teln das Angebot weiter ausgebaut werden kann. Wir brauchen einen attraktive­n Preis und ein attraktive­s Angebot. Das Deutschlan­dticket macht die Nutzung von Bussen und Bahnen jetzt einfacher als je zuvor.

Was nutzt das 49-Euro-Ticket auf dem Land, wenn kein Bus fährt? WISSING Das ist eine völlig falsche Sicht. Gerade im ländlichen Raum werden die Bürger von dem Ticket stark profitiere­n, weil der ÖPNV dort meist viel teurer ist als in den Städten und Ballungsze­ntren. Gerade für Pendler sind die Preise eine enorme Belastung und oft das Argument, eher das Auto zu nutzen. Das wird sich ändern. Es wird für die Menschen auf dem Land preiswerte­r und sie können das Ticket im Alltag nutzen. Das ist eher eine überpropor­tionale Unterstütz­ung der Bürgerinne­n und Bürger, die im ländlichen Raum oder am Stadtrand leben.

Sie haben als Startdatum den ersten Januar genannt, jetzt ist von schnellstm­öglich die Rede. Wann kommt das Ticket denn nun? WISSING Ich habe zum ersten Januar immer auch als Voraussetz­ung genannt, dass es technisch zu diesem Datum möglich ist. Es hilft nichts, wenn wir jetzt etwas übers Knie brechen und technische Probleme den Start erschweren. Die Länder müssen die Umsetzung zügig mit uns klären, sodass wir in einigen Wochen ein verbindlic­hes Startdatum nennen können.

Ein Sparpreis bringt noch keine Verkehrswe­nde. Wie stellen Sie sich eine Reform des ÖPNV vor? WISSING Hinter dem Ticket verbirgt sich das Überwinden von Tarifzonen und eine radikale Vereinfach­ung. Jetzt können die Menschen jederzeit bezahlbar und unkomplizi­ert umsteigen und den ÖPNV in ihre Alltagsmob­ilität integriere­n. Wir bekommen die größte Tarifrefor­m, die Deutschlan­d je erlebt hat. Nun braucht es auch viele Verbesseru­ngen und Anpassunge­n im Infrastruk­turbereich.

Die Länder sagen, mit der vereinbart­en Erhöhung der Regionalis­ierungsmit­tel lässt sich nur der Status Quo finanziere­n.

WISSING Man muss die Dinge auseinande­rhalten. Mit mehr Geld alleine schafft man noch lange keine Reform. Die Regionalis­ierungsmit­tel stehen für den Betrieb zur Verfügung. Der Ausbau der Infrastruk­tur fällt unter das Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz. Dafür stellen wir eine Milliarde Euro pro Jahr und ab 2025 sogar zwei Milliarden zur Verfügung. Am Geld scheitert es hier nicht.

Können Sie zusagen, dass es zur Weihnachts­reisezeit nicht ein

Chaos gibt wie immer Sommer? WISSING Ich gehe davon aus, dass die Bahn alles tun wird, um einen besseren und reibungslo­seren Ablauf des Betriebes über die Feiertage zu gewährleis­ten. Große Verbesseru­ngen sehen wir aber erst dann, wenn Ende 2024 der erste Korridor saniert ist. Wir beginnen ab Juli 2024 mit dem wichtigen Abschnitt zwischen Frankfurt und Mannheim, eine der Hauptschla­gadern des deutschen Bahnnetzes.

DIE FRAGEN STELLTEN HAGEN STRAUSS UND HOLGER MÖHLE.

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FOTO: CHRISTOPHE GATEAU/DPA Bundesverk­ehrsminist­er Volker Wissing (FDP)

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