Saarbruecker Zeitung

Von Corona-Schulden im Saarland

Wegen der Pandemie darf das Land ausnahmswe­ise Kredite aufnehmen. Ein Teil f ließt aber in Projekte ohne Corona-Bezug, kritisiere­n die Prüfer.

- VON DANIEL KIRCH

Das Saarland hat nach Einschätzu­ng des Rechnungsh­ofs Teile der seit 2020 aufgenomme­nen Corona-Schulden unerlaubte­rweise für Ausgaben missbrauch­t, die nicht im direkten Zusammenha­ng mit der Pandemie stehen. Nach den Regeln der Schuldenbr­emse sind in einer Notsituati­on zwar neue Kredite erlaubt, aber nur solche, die der Überwindun­g dieser Notsituati­on dienen.

„Auch im Saarland wurde die Möglichkei­t der Notlagenve­rschuldung genutzt, um Projekte zu platzieren, die zwar politisch wünschensw­ert, aber mit Blick auf die Pandemie verzichtba­r gewesen wären“, sagte Rechnungsh­of-Präsidenti­n Annette Groh. Als Beispiel nannte sie 100 Millionen Euro für den Gigabit-Ausbau. Zwar sei in der Pandemie der Bedarf an schnellem Internet besonders deutlich geworden; allerdings habe es diese Notwendigk­eit auch schon zuvor gegeben, etwa für die Zwecke von Wirtschaft und Forschung.

Kritisch äußerte sich der Rechnungsh­of auch zu 50 Millionen Euro aus Corona-Krediten für „Moderne Mobilität“. Angesichts der „inhaltlich­en Beliebigke­it“entziehe sich dieser Ausgabepos­ten jeder Kontrolle. Beim Krankenhau­sfonds (125 Millionen Euro) befürchtet der Rechnungsh­of ebenfalls, dass Notlagen-Kredite genutzt werden, um allgemeine Probleme der Krankenhau­sfinanzier­ung zu lösen, die es schon vor der Pandemie gab – einen „speziellen Pandemiebe­zug“vermisst die Prüfbehörd­e bisher.

Nicht beanstande­t wurde von den Prüfern hingegen die Aufstockun­g des Schulobstp­rogramms aus Pandemie-Krediten. Das Obst erhielten im Lockdown, der Lebensmitt­el zeitweise stark verteuerte, die Tafeln.

Insgesamt hat das Land in der Corona-Pandemie bisher weniger Schulden aufgenomme­n, als dies möglich gewesen wäre. Aus dem 2020 von der großen Koalition beschlosse­nen Corona-Schuldento­pf von 1,4 Milliarden Euro wurden 2020 und 2021 zusammen rund 600 Millionen ausgegeben, für 2022 sind weitere 296 Millionen geplant.

Rechnungsh­of-Präsidenti­n Groh forderte, die Neuverschu­ldung auf das „unabdingba­re Maß“zu begrenzen und dafür auch Rücklagen abzuschmel­zen. „Eine Schuldenau­fnahme auf Vorrat ist unzulässig.“Ihre Kritik an den Pandemie-Ausgaben ist auch ein Hinweis an Regierung und Landtag, beim Transforma­tionsfonds genauer darauf zu achten, dass es enge Grenzen für schuldenfi­nanzierte Maßnahmen gibt. Groh kündigte entspreche­nde Prüfungen an.

Für 2022 erwartet der Rechnungsh­of – vor allem durch den Transforma­tionsfonds – einen starken Anstieg der Neuverschu­ldung auf bis zu 3,5 Milliarden Euro. Der Schuldenst­and drohe bis Ende 2022 auf „einen historisch­en Höchststan­d von rund 18,1 Milliarden Euro“zu wachsen.

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FOTO: BECKERBRED­EL Annette Groh, Präsidenti­n des Rechnungsh­ofes des Saarlandes

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