Ganz unten bei Gerd und Oskar
Manchmal lügen Politiker. Allerdings selten unverblümt. In meinem Berufsleben habe ich so etwas nur einmal erlebt: im Herbst 2006 bei einem Interview mit Oskar Lafontaine. Damals war gerade ein Kofferbomben-Anschlag auf Züge in Dortmund und Koblenz gescheitert. Die Zünder hatten nicht funktioniert. Es war der erste Versuch eines großen Terrorangriffs in Deutschland.
Lafontaine, Chef der Linksfraktion im Bundestag, benutzte das als Argument gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. „Das Ergebnis ist, dass die deutsche Außenpolitik den Terrorismus ins Land holt“, sagte er. Als ich einwarf, die Täter hätten sich auf die Mohammed-Karikaturen in dänischen Zeitungen bezogen, nicht auf Afghanistan, es hätte diese Anschläge also auch ohne Bundeswehreinsatz gegeben, guckte mich Lafontaine kurz an und wiederholte: „Das Ergebnis ist, dass die deutsche Außenpolitik den Terrorismus ins Land holt.“Dabei grinste er leicht.
Wer in der Politik absichtlich etwas Falsches behauptet, um Angst oder Hass zu verbreiten, ist ein Demagoge. Dieser Tage erschien ein Text von Oskar Lafontaine zur Ukraine. Er behauptet darin, der „Oligarchen-Knecht“Selenskyj wolle „die Nato weiter in den Krieg verwickeln, bis hin zu einem Weltkrieg“. Es sei skandalös, dass die Bundesregierung ihm folge. Sofortige Friedensverhandlungen seien nötig. Kein Wort über den russischen Überfall, die GräuelTaten gegen Zivilisten oder Putins Terror-Regime im eigenen Land.
Was treibt den jetzt 79-Jährigen heute noch zu so etwas? Politisch hat er keine Bedeutung mehr, außer als privater Berater seiner Frau Sahra Wagenknecht, die wohl eine neue Partei gründen will, welche sowohl Linksaußen als auch Rechtsaußen Wähler fischen soll. Die Erklärung findet sich am Ende des Textes. Da wirbt Lafontaine unvermittelt für sein neues Buch „Ami, it‘s time to go“. Ami go home, statt Russland raus – das ist angesichts des Moskauer Angriffskrieges schon bemerkenswert. Steile Thesen sind jetzt Lafontaines Geschäftsmodell. Politisch-moralisch gesehen ist der Ex-SPD-Chef damit da, wo sich „Gas“-Gerd Schröder schon länger befindet: ganz unten.