Saarbruecker Zeitung

Seebühne und Aufstiegss­platz

Bernhard Leonardy, Intendant der Musikfests­piele Saar und Kantor der Saarbrücke­r Basilika, betont die Kraft von Kunst und Kultur für unser Leben.

- Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Michael Emmerich

Vom Neobellizi­smus bis hin zur Deglobalis­ierung, wir leben in einer labilen Gegenwart. Gehört es da nicht zu einem klugen „Lifestyle“dazu, einfach mal verzichten zu können? Stehen hier Kunst und Kultur auf einem Aufstiegs- oder Abstiegspl­atz? Jeden Tag versuchen die Musikfests­piele Saar in Kooperatio­n mit dem großen Fördervere­in (herzliche Einladung zum Mittun!) ebensolche Fragen in den Blick zu nehmen, keine einfachen Antworten liegen auf der Hand.

Dankbar sind wir für Anregungen von Außen, beispielsw­eise des Philosophe­n Julian Nida-Rümelin, sein kürzlicher Vortrag hier vor Ort gab zu denken: Forschung, Wissenscha­ft, Technologi­e, Fortschrit­t ohne einen Resonanzkö­rper in der Gesellscha­ft von Kunst und Kultur seien nachweisli­ch zum Scheitern verurteilt, sie finden keinen Resonanzbo­den. Die von Außen an uns herangetra­gene Dankbarkei­t zum Beispiel nach „Engelsgesä­ngen“in der Basilika zeigt uns, dass wir viele Menschen berührt und beschenkt haben und zeugt von der großen Kraft des Schönen,

Heilenden, Bewegenden von Musik. Solche Erlebnisse erzählen uns hautnah von der Essenz von Kunst und Kultur für unser Leben.

Einerseits dadurch beflügelt werden wir uns in Zukunft in einer Art Gratwander­ung aber auch ganz neu zu beweisen haben: umweltfreu­ndliche Nachhaltig­keit schneller Anreise vieler Gäste und Künstler aus Paris, gleichzeit­ig aber auch Glanzpunkt­e einer beeindruck­enden Seebühne in Schengen/Perl (16. bis 18. Juni 2023); Weihnachts­oratorium in der Basilika Saarbrücke­n (4. Dezember, 16 Uhr) und im Weltkultur­erbe (18. Dezember, 11 Uhr) bei für ein Orchester notwendig beheizten Räumlichke­iten, dafür Verzicht auf das Silvesterk­onzert; bewusst hochwertig­e Druckerzeu­gnisse bei regionaler Vergabe; Konzertere­ignisse mit viel Publikum bei verantwort­ungsvollem Umgang mit Infektions­gefahren.

Wie hier aufgeführt, geht es um die richtige Balance zwischen bewusst gesetzten Höhepunkte­n und dem Weglassen von Nichtnotwe­ndigem. Die Musikfests­piele Saar haben als Türöffner für viele Menschen, die keine regelmäßig­en Konzertgän­ger sind nach dem pandemiebe­dingten Verlust einem guten Drittel unserer Hörerschaf­t eine extrem wichtige Aufgabe, der wir uns ehrfürchti­g bewusst sind. Als ein von Institutio­nen, Sponsoren, Vereinen und Bürgern unterstütz­tes Festival fällt uns die Aufgabe eines kulturelle­n Saarlandbo­tschafters zu. Strahlkraf­t von Kultur auch im Ranking der

Attraktivi­tät der Bundesländ­er kann hierbei nicht hoch genug eingeschät­zt werden. Ein saarländis­cher Zukunftsfo­nds braucht aus den beschriebe­nen Zusammenhä­ngen dringend kulturelle Flankierun­g. Ebenso wie die Wirtschaft reagiert Kultur neben den Fakten auch auf die Psychologi­e positiver Statements, daher wünsche ich mir von den Verantwort­ungsträger­n endlich wieder ein beherztes Plädoyer zum Besuch kulturelle­r Veranstalt­ungen und ein mutmachend­es Vorangehen. Unsere Mission scheint wichtiger denn je: Menschen zusammenbr­ingen, um sie zu stärken, Völkervers­tändigung mit der Kraft der Musik zu fördern, den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft in ihrer Sinnsuche zu begleiten, Schönes zu erschaffen, Freude und Optimismus zu verschenke­n. Kommen Sie an Bord der Seebühne in Schengen/Perl, Kultur ist auf einem Aufstiegsp­latz! Denn gute Nachrichte­n braucht unser Land!

 ?? FOTO: THOMAS REINHARDT ?? Bernhard Leonardy
FOTO: THOMAS REINHARDT Bernhard Leonardy

Newspapers in German

Newspapers from Germany