Ungeklärtes Verbrechen
In „Das unsichtbare Mädchen“rückt ein elf Jahre zurückliegender Fall in ein neues Licht.
(ry) Will man sich darüber informieren, wie sicher das Leben in Deutschland ist, bietet dasBundeskriminalamt auf seiner Webseite eine Reihe von Statistiken, die Aufschluss darüber geben. Dort finden sich zu allen Arten von Kriminalität Übersichten, am meisten Interesse wecken dürfte wohl aber der Abschnitt über das schwerste Verbrechen, das man sich überhaupt vorstellen kann: dieTötung eines anderen Menschen. Unter der Überschrift „Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen in Deutschland“hat das BKA im vergangenen Jahr insgesamt 2111 Fälle erfasst, 1998 von ihnen wurden aufgeklärt, was eine Quote von 94,6 Prozent ausmacht. Bei den Kapitalverbrechen scheint man hier also ziemlich sicher leben zu können – vor allem, wenn man davon ausgeht, dass die meisten Tötungsdelikte nicht wie in Gruselgeschichten von einemserienmordendenUnbekannten verübt werden, sondern von Menschen aus dem eigenen Umfeld. 2012 schilderte Regisseur und Grimme-Preisträger Dominik Graf („Im Angesicht des Verbrechens“) indemTV-Krimi„Das unsichtbare Mädchen“eine Geschichte, die in eine solche Richtung deutet. Elmar Wepper als pensionierter Kommissar Josef Altendorf denkt darin noch immer an einen Fall, obwohl dieser offiziell abgeschlossen ist.
Den Ermittler lässt nicht los, dass vor über einer Dekade die achtjährige Sina verschwunden ist und ein geistig behinderter 28-Jähriger dafür verantwortlich gemacht wurde, obwohl die Spurenlage dies gar nicht hergab. Doch er hatte gestanden und wurde trotz Widerruf der Aussage verurteilt. Dieser Fall wird plötzlich wieder überraschend aktuell, als Altendorf nach seiner aktiven Dienstzeit bei einem Ausflug auf den jungen Ermittler Niklas Tanner (Ronald
Zehrfeld) trifft. Dieser untersucht den Fall einer erdrosselten Frau, die schon in der Vergangenheit mit der Polizei in Kontakt gekommen war – als Zeugin imFall Sina. Das bleibt auch vor Tanner nicht lange verborgen, was zu einer Zusammenarbeit mitAltendorf führt. Die beiden Männer könnten dabei unterschiedlicherkaumsein, allerdings eint sie derDrang, dieWahrheit in diesem Labyrinth aus Fallstricken herauszufinden. Probleme macht ihnen dabei ausgerechnet
Tanners Chef WilhelmMichel (UlrichNoethen). Auch er hatVerbindung zum Fall Sina, denn er hatte damals denMann verhaftet und zu einem Geständnis gebracht, der für denMord andemMädchen verurteilt worden war. Und er sieht es gar nicht gern, dass Tanner in alten Akten herumwühlt. Das macht den jungen Kommissar allerdings nur noch versessener.