Ein Schauraum für zugewanderte Kreative
Im Saarbrücker „ Arrival Room“können kreative Zugewanderte ihre künstlerischen Ideen verwirklichen. Worauf hoffen die Macher des „ Ankunftsraums“bei der Teilnahme an einem bundesweiten Wettbewerb?
In der Kunstgalerie „Arrival Room“(Ankunftsraum) in der Großherzog-Friedrich-Straße 74 wird am heutigen Freitag von 18 bis 22 Uhr gefeiert – und zwar eine „Voting Party“. Bei dieser Abstimmungsfeier, wie es auf Deutsch hieße, können die Gäste durch einen Klick im Internet an der richtigen Stelle für diese besondere Galerie etwas Gutes tun und ihr zu einem Publikumspreis in Höhe von 10 000 Euro verhelfen.
Als einziges Kulturprojekt aus dem Saarland hat sich der Arrival Room am bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb „Social Startup Pitch – Teilhabe Schaffen“beteiligt. Und es jetzt unter die acht Finalisten geschafft.
Dieser Wettbewerb, so erklärt es Eugen Georg, Mitbegründer und Geschäftsführer des „Ankunftsraums“, wolle Gründer, Gründerinnen und innovative Projekte unterstützen, „die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Lebenssituation von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern, und die dafür auf die Kraft von Kunst und Kultur setzen“. Damit sei dieser Wettbewerb wie „maßgeschneidert“für den Saarbrücker „Ankunftsraum“.
Der 2019 gegründete „Arrival Room“soll ein Raum sein für Menschen mit Zuwanderungsbiografie. „Wir wollten einen Ort schaffen, wo sie zeigen können, was sie kreativ produzieren, wo sie ihr Herzensprojekt realisieren können, das kann eine Ausstellung sein, aber genauso gut ein kleines Konzert oder ein Workshop“, erklärt Georg das Anliegen.
Entstanden war die Idee aus der Arbeit mit Flüchtlingen. Georg, der aus Rumänien stammt, in Saarbrücken aufgewachsen ist und in den Niederlanden ein Diplomstudium im „Interaktiven Design“abschloss, kehrte hierher zurück, als in der Landeshauptstadt gerade vermehrt Geflüchtete ankamen. Es waren Menschen aus Syrien,
Eritrea, Irak, mit denen er ein anspruchsvolles Theaterprojekt aufzog. Die Truppe namens „Morgen wird schöner“fiel auf, besonders mit ihrer Performance in einem fahrenden Linienbus, bei der die Mitglieder Szenen aus ihrem Leben zwischen den Fahrgästen aufführten.
Nach dieser Erfahrung mit der „nomadisierenden“Truppe suchte Georg zusammen mit einigen Mitstreitern einen festen Raum, um dort ein stetiges Angebot für die vielfältigen Talente zu schaffen. Erste Station war ein Hinterhof in der Großherzog-Friedrich-Straße 95, in dem sich Künstler und Ateliers über Garagen eingerichtet haben. Gerade mal eine Ausstellung hatten Georg, der im Vorstand von Maryam Farahani und Thomas Schulz unterstützt wird, dort auf die Beine stellen können, als im März 2020 die Covid-Pandemie und der Lockdown kamen. Das Team des „Arrival Rooms“ließ sich nicht lähmen und erfand im Frühjahr 2020 das rein digitale Social Distancing Art Festival („Soda-Festival“).
Es gelang ein echter Coup. „Wir wollen eine Online-Kunstausstellung im Saarland schaffen, aber über die sozialen Plattformen hat sich das so verbreitet, dass wir Beiträge aus der ganzen Welt erhielten, aus 30 Ländern, das ging bis China, Indien und Australien“, erinnert sich Georg. Auch dank eines neuen Kooperationspartners und Sponsors konnte der „Ankunftsraum“Monate später an eine neue Adresse umziehen: Die Räume dort sind größer heller, haben Schaufenster und liegen direkt an der SaarbahnHaltestelle Uhlandstraße, was die Sichtbarkeit erhöht hat und sogar Passanten anlockt.
Mit den Covid-Lockerungen im Sommer 2021 folgte im neuen „Arrival Room“in der Großherzog-Friedrich-Straße 74 nahezu ein Projekt auf das andere: meist Ausstellungen, auch mal Lesungen und Workshops. Künstlerinnen aus Frankreich, Uganda, der Ukraine, mit chinesischen, vietnamesischen oder auch japanischen Wurzeln stellten hier aus. Meist junge Talente oder auch Kunststudierende, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen oder ihre erste Ausstellung überhaupt hatten.
Georg, der den „Ankunftsraum“inzwischen als hauptamtlicher Geschäftsführer leitet, hat das Konzept weiterentwickelt. Er bietet den jungen Künstlern, die sich bewerben, ein Coaching an, damit sie ihre Ausstellung realisieren können. „Wir fangen an mit dem Ausstellungskonzept, wie und was produziert wird, wie der Inhalt, der Titel der Ausstellung sein soll, dann überlegen wir gemeinsam, welche Kunstwerke gezeigt werden sollen,“beschreibt Georg den Prozess, der dann bis zur Einrichtung der Ausstellung, der Organisation der Vernissage, der Pressearbeit und der Öffnungszeiten samt Aufsicht geht. Im Dezember wird es eine Meme-Factory im „Arrival Room“geben. „Da lernt man , wie man ein Internet-Meme macht und was es für eine kulturelle Bedeutung hat, die Ergebnisse werden ausgestellt“, erläutert Georg, was die Teilnehmenden erwartet. Derzeit wird auch der „Ankunftsraum“selbst als Projekt gecoacht, um sich noch besser aufzustellen und zu präsentieren, denn das gehört zum Angebot des Wettbewerbs „Social Startup Pitch“für die Finalisten.
Durchgeführt wird der Wettbewerb von der Potsdamer gemeinnützigen Gesellschaft Social Impact mit Förderung der Düsseldorfer Henkel-Stiftung. Bei der Abschluss-Präsentation am 15. Dezember in Düsseldorf werden dann drei Sieger gekürt und mit zusammen 90 000 Euro Preisgeld bedacht. Mit 10 000 Euro ausgestattet ist der Publikumspreis, ihn erhält das Projekt, das bis zum 12. Dezember die meisten Stimmen im Internet auf sich vereinen kann.
„Wir wollten einen Ort schaffen, wo sie zeigen können, was sie kreativ produzieren, wo sie ihr Herzensprojekt realisieren können, das kann eine Ausstellung sein, aber genauso gut ein kleines Konzert oder ein Workshop“Eugen Georg Geschäftsführer des „ Arrival Rooms“über sein Konzept
Die Abstimmung für den Social Startup Pitch „Teilhabe schaffen“der Fritz Henkel Stiftung für Teilhabe durch kulturelle Bildung läuft noch bis zum
12. Dezember. Der Sieger erhält einen Preis von 10 000 Euro. Hier geht’s zum Online-Voting: https://pollforall.com/pl6d84g4