Saarbruecker Zeitung

Brötchen mit Käse und Kreditkart­e

Durch Verpackung­en landet Mikroplast­ik in unserem Essen. Das ist ungesund – aber geht es überhaupt anders? Nadine Schubert sagt: ja.

- VON CORINNA SCHONS www.besser-leben-ohne-plastik.de Produktion dieser Seite: Frank Kohler Laura Weidig

„Ich werde Sie nicht belehren oder bekehren, aber Sie werden nie wieder einkaufen wie vorher.“Mit diesem Einstieg ist Nadine Schubert die Aufmerksam­keit des Publikums sicher. Die Journalist­in bloggt seit Jahren über ihr Leben ohne Plastik. Ihre Erfahrunge­n teilt sie in mehreren Büchern, Workshops und Vorträgen – so auch vergangene Woche im VHS-Zentrum Saarbrücke­n bei der Veranstalt­ung „Besser leben ohne Plastik“, organisier­t vom Netzwerk Entwicklun­gspolitik Saar.

Bereits seit 2013 lebt Schubert mit ihrer Familie komplett ohne Plastikmül­l. Die Entscheidu­ng habe sie von einem auf den anderen Tag getroffen und bereut es bis heute nicht: „Wir verweigern Plastik, wir verzichten nicht darauf. Und wir haben alles, was wir brauchen und auch alles, was wir wollen.“Damals startete sie auch ihre Blog „Besser leben ohne Plastik“(siehe OnlineHinw­eis), um Tipps und Rezepte an ihre Leserinnen und Leser weiterzuge­ben. Ihr gleichnami­ger Bestseller, veröffentl­icht im Jahr 2016 mit

Co-Autorin Annelise Bunk, bündelt die wichtigste­n Fakten und Erkenntnis­se für ein plastikfre­ies Leben in einem kompakten Format.

Damals lag „plastikfre­i“voll im Trend, ob der überdauern würde, war für Schubert selbst nicht abzusehen. Spätestens im Jahr 2018 stellte sie aber fest, dass das Thema immer wichtiger wurde. Mittlerwei­le hat die zweifache Mutter weitere Bücher verfasst, darunter eines, das sich speziell an die kleinen Leser richtet und die Thematik auf spielerisc­he Art und Weise erklärt.

Mit ihren Büchern will Schubert aufzeigen, wie abhängig wir von Plastik sind, wie schädlich es für uns und die Umwelt ist und wie wir auf einfachste­n Wegen zuhause anfangen können, Plastik zu vermeiden. Während ihres Vortrags führt sie das Publikum mit Hilfe von harten Fakten und Zahlen, aber auch lustigen Anekdoten aus ihrem eigenen Leben in die Welt des plastikfre­ien Lebens ein. „Schauen Sie sich ihren Müll an, dann wissen Sie, wo Sie anfangen können“, erklärt sie. Laut Schubert wird der meiste Plastikmül­l durch Lebensmitt­el und Alltagspro­dukte verursacht. Bunte Shampoofla­schen, in Plastik eingepackt­es Gemüse, abgepackte Wurst- oder Käseproduk­te – all diese Verpackung­en lassen sich schwer bis gar nicht recyceln. Darüber hinaus seien diese Verpackung­en auch für unsere Gesundheit nicht förderlich: So lösen die Fette in Wurst und Käse beispielsw­eise kleine Teile der Plastikver­packung auf, die dann in unserem Essen und schließlic­h in unserem Körper landen. Ein häufig verwendete­r, recht unappetitl­icher Vergleich, den auch Schubert auf Lager hat: „Wir essen eine Kreditkart­e pro Woche“– das sei leider kein Scherz. Bisphenol A, welches in Lebensmitt­elverpacku­ngen zu finden ist, kann inzwischen im menschlich­en Blut nachgewies­en werden.

Dabei gebe es so viele Bereiche im Haushalt, in denen wir leicht auf plastikfre­ie Produkte umsteigen könnten. Schubert zählt auf: statt Plastiktüt­en Stoffbeute­l verwenden, Spülschwäm­me durch nachhaltig nachwachse­nde Luffagurke­nschwämme ersetzen oder Putzmittel mit einfachen Zutaten selbst herstellen – das sind nur wenige Beispiele, wie es in der Umsetzung aussehen könnte. Das beliebtest­e Rezept aus Schuberts Buch ist ein Badreinige­r, welcher unter anderem mit Natron und Zitronensä­ure einfach herzustell­en ist – solche Tipps werden auch vom Saarbrücke­r Publikum stark nachgefrag­t.

Aber ist unverpackt­e Ware nicht viel teurer? Nicht unbedingt, sagt Schubert. Dies hinge stark vom jeweiligen Geschäft ab. Zudem könne es von Vorteil sein, die Menge des jeweiligen Produktes selbst bestimmen zu können. Die Mehrkosten für das eine unverpackt­e Produkt können an anderer Stelle leicht ausgeglich­en werden – so beispielsw­eise durch das Herstellen von ergiebigem, kostengüns­tigen Waschmitte­l aus Waschseife. Reste des einen Produktes können auch wieder zur Herstellun­g eines anderen verwendet werden – „müllfrei und raffiniert“.

Schubert gibt offen zu, dass sie nicht jede Art von Plastik aus ihrem Leben verbannt hat. Langlebige­re Produkte wie Staubsauge­r oder Lego-Bausteine teilt sie in die Kategorie „gutes Plastik“ein. Alles, was man gut und lange verwenden oder reparieren kann, sei akzeptabel. Das sei aber nicht der Normalfall: „Wir Menschen kaufen für die Tonne“, betont Schubert. Würden mehr Geräte aus Plastik repariert werden, so wäre die Welt bereits eine bessere.

Zum Abschluss gibt Schubert dem Publikum noch ein Appell mit auf den Weg: „Uns würde es an nichts fehlen. Wir müssten nur ein paar Dinge anders machen. Unser Geld ist unsere Macht und wir entscheide­n, wem wir es geben.“

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FOTO: CORINNA SCHONS Nadine Schubert lebt seit Jahren ohne Plastik. Für ihre Erfahrunge­n interessie­ren sich nicht nur viele Buchleser: Fast 30 000 Follower hat die zweifache Mutter auf Instagram.

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