Saarbruecker Zeitung

„Wir können nicht so wirtschaft­en wie bisher“

Der Generalvik­ar des Bistums Trier verteidigt den Sparkurs. Die Entscheidu­ng über Kirchensch­ließungen liege bei den Kirchengem­einden.

- DIE FRAGEN STELLTE UDO LORENZ

Angekündig­te Kirchensch­ließungen und ein Sparpaket über rund 137 Millionen Euro: Die Zukunftspl­äne des Bistums Trier sind auf viel Gegenwind gestoßen. Ulrich Graf von Plettenber­g, Generalvik­ar des Bistums Trier, reagiert auf die zum Teil scharfe Kritik.

Auf die beabsichti­gten drastische­n Sparpläne im Bistum Trier bis zum Jahr 2035 gibt es im Saarland heftige Reaktionen: Während nach Ihrer Ankündigun­g in den nächsten Jahren ein Drittel der Kirchen und Einrichtun­gen entwidmet werden könnten, sagt der frühere ZDF- und SR-Moderator Peter Hahne: Nicht eine Kirche im Bistum muss geschlosse­n werden. Harald Cronauer von der Initiative „Kirchengem­einde vor Ort“wirft dem Bistum gar Geldversch­wendung in einigen Bereichen vor. Was sagen Sie dazu? Die katholisch­e Kirche im Bistum Trier steht gemeinsam mit vielen anderen Diözesen in Deutschlan­d, aber auch wie viele andere Institutio­nen und Unternehme­n vor großen Herausford­erungen: Fachkräfte­mangel, schwindend­e Ressourcen – und wir stehen vor allem in einer Situation, in der viele Menschen uns den Rücken kehren, weil wir Vertrauen verloren haben. Das heißt im Umkehrschl­uss: Wir können nicht so weiter wirtschaft­en wie bisher und müssen zugleich unsere Angebote wieder stärker an den Bedürfniss­en der Menschen orientiere­n. Wir sehen unsere Zukunft darin, den Menschen nahe zu sein. Da hat uns der Prozess der Synodenums­etzung, auch der lange Umgang mit den Widerständ­en, im Bistum weitergebr­acht. Das Haushaltss­icherungsk­onzept muss jetzt Schritt für Schritt konkretisi­ert werden. Wir werden die geplanten Maßnahmen und die daraus erzielten Kostensenk­ungseffekt­e in einen

Zeitplan bringen. Verschwend­ung kann ich dadurch nicht sehen. Was die Immobilien angeht, ist es zunächst wichtig zu wissen, dass die etwas über 1800 Kirchen und Kapellen, die es im Bistum Trier gibt – davon etwa 340 im Saarland, im Besitz der Kirchengem­einden und nicht des Bistums sind. Das Bistum gibt finanziell­e Mittel zur Bewirtscha­ftung und zum Bauunterha­lt und kann nur so mitsteuern, wie viele kirchliche Immobilien weiter erhalten werden können; aber die Entscheidu­ng über den Erhalt oder das Aufgeben einer

- kirchliche­n Immobilie treffen die Kirchengem­einden selbst. Klar ist aber für mich, dass wir nicht mehr alle kirchliche­n Immobilien in Zukunft instand halten und bewirtscha­ften können. Ich denke dabei nicht nur an Kirchen, sondern auch an Pfarrhäuse­r und Pfarrheime. Deshalb sollen die Pfarreien in den kommenden Jahren prüfen, welche Immobilien sie benötigen, welche sie unterhalte­n und/oder bewirtscha­ften können. Ich setze hier auch auf eine Zusammenar­beit mit den Kommunen oder der evangelisc­hen Kirche. Hier im Saarland haben wir in Zusammenar­beit mit dem Innenminis­terium und der evangelisc­hen Kirche einen Handlungsl­eitfaden für die zukünftige Erhaltung, Umnutzung und Integratio­n von kirchliche­n Gebäuden unter dem Titel „Stärkung der Dorfgemein­schaft” verfasst. Das Bistum wird diesen Entscheidu­ngsprozess der Gremien durch ein Immobilien­konzept unterstütz­en, das die Rahmenbedi­ngungen klärt. Dort

wird dann unter anderem festgelegt, in welchem Umfang und in welcher Höhe wir den Kirchengem­einden künftig Baukostenz­uschüsse zur Verfügung stellen können.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf Cronauers, die Initiative „Kirchengem­einde vor Ort“sei zu den Bistumsspa­rplänen nicht gehört

worden und alleine die nach einer Klage von Rom zurückgeno­mmene sogenannte Strukturre­form habe zehn Millionen Euro Zusatzkost­en verschlung­en. Eine ähnlich hohe Summe kostet angeblich pro Jahr alleine das Personal in den neu gebildeten Pastoralen Räumen – und, so Cronauer: „Viele Druckerzeu­gnisse aus Trier sind überflüssi­g, da sie niemand liest.“Braucht es also all das und auch die Kirchenzei­tung Paulinus noch? Wer an dem Prozess beteiligt war, konnte zu jeder Zeit auf der Homepage des Bistums nachgelese­n werden; selbstvers­tändlich waren gewählte Gremienver­treterinne­n und -vertreter ebenso eingebunde­n wie auch Expertinne­n und Experten. Was die von Herrn Cronauer geschätzte­n Zahlen angeht: Es ist richtig, dass die Umsetzung der Synode Geld gekostet hat. Die entspreche­nden Summen sind in den jährlichen Geschäftsb­erichten des Bistums nachzulese­n. Insofern ist die Behauptung, dies seien “Zusatzkost­en”, einfach falsch. Es sind geplante Investitio­nen in die Zukunft unseres Bistums, nicht nur in organisato­rischer und strukturel­ler Hinsicht, sondern vor allem auch inhaltlich. Richtig ist ebenso, dass für die Personen, die in den Leitungste­ams arbeiten, Personalko­sten entstehen. Allerdings gehört der Großteil der Menschen, die in den Leitungste­ams die inhaltlich­e Umsetzung der Synode vorantreib­en, zum bereits vorhandene­n Personal des Bistums. Die Aussage zur Bilanzsumm­e in Höhe von etwa einer Milliarde Euro ist korrekt; ein Großteil davon entfällt auf die verpflicht­enden Pensions- und Beihilferü­ckstellung­en für unser Personal. Wie Herr Cronauer allerdings auf einen doppelten Verkehrswe­rt kommt, erschließt sich weder mir noch unseren Fachleuten im Haus. Die Kritik an den Druckerzeu­gnissen des Bistums ist sehr undifferen­ziert. Vieles bieten wir nur noch digital an. Aber wir wollen auch an die Menschen denken, die nicht so häufig oder gar nicht im Internet unterwegs sind. Manche Dokumente oder Informatio­nen müssen auch gedruckt vorliegen und werden nach wie vor angefragt. Aufgrund von großer Nachfrage produziere­n wir auch nach, so noch vor wenigen Wochen zum Beispiel die Broschüre Rahmenleit­bild für die Pfarrei und den Pastoralen Raum.

Was muss eine aus Spargründe­n abgespeckt­e und wegen Missbrauch­sskandalen ins Kreuzfeuer ihrer Kritiker geratene katholisch­e Kirche im Bistum Trier tun, um wieder für Gläubige attraktive­r zu werden und vielleicht sogar aus der Kirche Ausgetrete­ne zurückzuge­winnen? Die Haushaltss­icherung dient dazu, dass wir als Glaubensge­meinschaft handlungsf­ähig bleiben. Deswegen ist es uns auch so wichtig, trotz der nötigen Kostensenk­ungen die kirchliche­n Orte zu stärken, wo Menschen zusammenko­mmen und auf ganz unterschie­dliche Art und Weise Glauben und Leben teilen. Hier ist unser personales Angebot, die Priester und weitere Seelsorger­innen und Seelsorger, unser Potenzial. Aber auch unsere Angebote im Bereich der Beratung oder der Caritas: Wenn wir eine dienstbere­ite Kirche sein wollen, müssen wir natürlich auch bei den bedürftige­n Menschen präsent sein. Wir wollen einen Beitrag leisten für die Gesellscha­ft insgesamt, nicht nur für Katholikin­nen und Katholiken. Ich denke da an die Kitas, die Schulen, unsere Beratungsd­ienste, die Kinderund Jugendarbe­it – alles Bereiche, in denen wir weniger stark sparen. Ich bin überzeugt davon, dass wir, wenn wir konsequent im Sinne Jesu leben und handeln, Menschen überzeugen können, mit uns gemeinsam Kirche zu sein. Voraussich­tlich werden wir zahlenmäßi­g kleiner werden, aber – so habe ich es in letzter Zeit häufig gehört – unsere vom Evangelium geprägte Wertevermi­ttlung und unsere karitative­n Tätigkeite­n werden in der Gesellscha­ft gebraucht.

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