Finanznot: Landräte fordern Gipfel mit Landesregierung
In einem dramatischen Appell haben sich die Landräte im Saarland an die Landesregierung gewandt und einen Kommunal-Gipfel gefordert. Der Saarlouiser Landrat und stellvertretende Vorsitzende des Landkreistags, Patrik Lauer (SPD), sagte am Freitag: „Das ist nichts anderes als ein Hilfeschrei, der einer Lage geschuldet ist, wie ich sie noch nicht gesehen habe.“Zu überbordenden Aufgaben und gesellschaftlichen Verwerfungen kämen jetzt auch noch globale Krisensituationen hinzu, die sich lokal auswirkten. „Man hat das Gefühl, alles kommt auf einmal zusammen.“
Die Landräte rechnen damit, dass die Saar-Kreise allein für die Wohngeld-Reform des Bundes 50 zusätzliche Mitarbeiter einstellen müssen. Weitere Belastungen erwarten sie unter anderem durch den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen (ab 2026), die Einführung von G9 sowie das 49-Euro-Ticket. Auch brauchen die Kreise nach den Polizistenmorden von Kusel mehr Personal für ihre Waffenbehörden.
Der Vorsitzende des Landkreistages und St. Wendeler Landrat Udo Recktenwald (CDU) sagte: „Während Bund und Länder die Herausforderungen der Zeit über zusätzliche Schulden finanzieren, sind uns die Hände gebunden.“Die Landkreise müssen ihre Haushalte ausgleichen und finanzieren sich über eine Kreisumlage, die Städte und Gemeinden zahlen. Die Kreisumlage werde 2023 um 127 Millionen auf dann 804 Millionen Euro steigen, sagte Recktenwald. Die Einnahmen stiegen nicht annähernd so stark.
„Wir sind mittlerweile in einer Situation, dass wir nicht mehr wissen, wie die Kommunen das stemmen sollen“, sagte Recktenwald. Es reiche nicht mehr aus, an der einen oder anderen Stelle etwas für die Kommunen zu tun. „Es geht um die Zukunft der kommunalen Selbstverwaltung.“Nach seinen
Angaben entfallen 99,5 Prozent der Ausgaben der Kreise auf Pflichtaufgaben wie Jugend- und Sozialhilfe.
Das Land lässt den Kommunalen Finanzausgleich (KFA) von einem Gutachter untersuchen – auch bezüglich der Frage, ob das Land genug Geld hineingibt. Die Landkreise fordern Mitsprache bei der Auswahl und der Finanzierung des Gutachters. Wenn sich beim KFA nichts tue, „wird die Lage für die allermeisten Kommunen im Land hoffnungslos“, sagte Lauer.
Der Saarlouiser Landrat fordert eine Diskussion darüber, was der Staat künftig noch leisten kann. „Wir leisten uns definitiv zu viele Standards“, sagte Lauer. Der Staat werde „seinen Bürgern nicht alles und jedes abnehmen können“, sagte der Sozialdemokrat. „So ein bisschen ist man für sein Leben auch selbst verantwortlich.“