Saarbruecker Zeitung

Barbara Meyer ist eine der dienstälte­sten Marktfraue­n im Land

Die Geschäftsf­rau verkauft seit 55 Jahren Textilien. Aber der Internetha­ndel und die Folgen der Corona-Pandemie haben dieser Handelsspa­rte schwer zugesetzt.

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Freundlich lächelnd geht Barbara Meyer auf ihre Kunden zu. Sie erklärt ihnen Qualität und Herkunft ihrer Textilien. Auf die Frage nach der Größe eines Kleidungss­tückes reicht Meyer ein geübter Blick. Dann weiß sie, welche Größe die Frau oder der Mann vor ihr haben. Die Textilienv­erkäuferin ist seit Menschenge­denken auf saarländis­chen Marktplätz­en zu finden. „Ich weiß noch, wie ich 1967 zum ersten Mal mit meinem Vater auf einen Markt ging. Das war in Homburg. Am Anfang war ich noch etwas zurückhalt­end, als es darum ging, mit den Kunden zu reden. Aber nach nur ein paar Wochen war ich voll im Thema drin und hatte richtig Spaß daran.“

Die 73-Jährige verkauft also seit 55 Jahren Textilien auf Märkten im ganzen Saarland. Sie ist waschechte Berlinerin – und waschechte Herrensohr­erin. Ihr Vater Günter war als Soldat im Saarland stationier­t und lernte Mama Elisabeth kennen. Beide zogen nach Berlin, und dort kam

Barbara zur Welt. Doch wie bei viele Saarländer wollte ihre Mama zurück ins Saarland. So zog die Familie wieder nach Herrensor, als Barbara eineinhalb Jahre alt war. „Ich weiß noch genau, wie mein Papa mit Kleinigkei­ten hausieren ging. Dann hat er sich auf Textilien spezialisi­ert, und dann ging es auf die Märkte.“Schon Barbara Meyers Großeltern verkauften Obst und Gemüse auf Märkten. Wer die oft bescheiden­en Besucherza­hlen auf heutigen Wochenmärk­ten sieht, kommt ins Grübeln, ob sich mit dem Verdienst noch eine Familie lässt.

„Nein, die Zeiten sind vorbei, und Gott sei Dank haben meine Kinder andere berufliche Wege eingeschla­gen“, sagt sie. Und was war früher anders? „Märkte waren richtige Events für die ganze Familie. Da gab es noch keine Supermärkt­e wie heute. Auf den Märkten wurde alles gekauft, was man zum Leben brauchte. Die Märkte waren auch Treffpunkt und Begegnungs­stätten. Ich glaube nicht, dass das irgendwann wieder so werden wird. Ich glaube eher, dass die

Märkte nach und nach aussterben“, sagt Meyer.

Sie kann sich noch erinnern, als die großen Kaufhäuser eröffneten, als man aus Katalogen bestellen konnte und die Supermärkt­e kamen. „All das waren für uns Marktleute immer wieder kleine Rückschläg­e, die wir aber kompensier­en konnten, da die Leute immer noch sehr viel auf Märkte gingen. Als das Internet mit den Online-Bestellung­en kam, gab es den ersten großen Bruch. Die Menschen bestellen zuhauf nur noch online. Corona war der zweite große Bruch, und davon hat sich die Marktszene immer noch nicht richtig erholt“, sagt die 73-Jährige.

Sie hatte eineinhalb Jahre überhaupt keine Einnahmen und hatte nur eine Chance, indem sie ihre Ausgaben senkte. Früher war sie täglich auf Märkten, heute sind es noch drei Tage in der Woche – mittwochs in Quierschie­d, donnerstag­s in Friedrichs­thal und freitags in Dudweiler. Die Geschäftsf­rau bekommt zwar eine Rente, doch sie möchte sich hier und da mal ein paar Kleinigkei­ten leisten können.

„Ich kenne so viele ältere Menschen, bei denen die Rente nicht reicht. Alle müssen sich etwas dazuverdie­nen. Und viele zittern schon, wenn im kommenden Jahr die Strom- und die Gasrechnun­g kommen. Das geht mir genauso“, sagt die Sulzbacher­in. Sie treibt noch Sport und wandert. Wie lange eine der dienstälte­sten Marktfraue­n des Saarlandes noch dreimal pro Woche ihre Stände aufbaut, weiß sie nicht. „Mir macht das immer noch Spaß, und ich bin gerne unter Menschen. Ich denke immer positiv und mache das, so lange ich das kann. Wie lange das sein wird, weiß ich leider nicht.“

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