Saarbruecker Zeitung

Krisensitz­ung soll die Wende bringen

Nationalma­nnschaft steht bei WM vor dem zweiten Spiel am Sonntag gegen Spanien mit dem Rücken zur Wand.

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(sid) Hansi Flick hat sich in seinem Trainerzim­mer an der blauen Lagune regelrecht den Kopf zerbrochen – jetzt steht sein WMPlan gegen das nächste historisch­e Desaster fest: Mit Mut, Charakter und klarem Kopf sollen die Dämonen von 2018 vertrieben und das drohende Aus im „Endspiel“gegen Spaniens Tormaschin­e verhindert werden. „Wir haben die Qualität, um zu gewinnen“, redete der Bundestrai­ner seine Japan-Verlierer stark. Doch die „rote Furie“ist für die DFB-Elf zur furchteinf­lößenden „schwarzen Bestie“geworden.

Der letzte Pflichtspi­elsieg gegen Spanien gelang vor 34 (!) Jahren, das demütigend­e 0:6 im November 2020 hätte Joachim Löw beinahe den Job gekostet. Jetzt steht sein Erbe Flick im Feuer – und vor seiner größten Bewährungs­probe. Zieht er die richtigen Schlüsse aus dem bitteren 1:2 gegen Japan? Kann Flick die Mannschaft mental wappnen für den aufreibend­en Kampf an diesem Sonntag (20 Uhr/ZDF)?

Der Eindruck am Freitag: Ja, er kann. „Jeder weiß, worauf es ankommt“, betonte Kai Havertz nach einer langen Krisensitz­ung am Vorabend in der Wüstenoase von Al-Ruwais. Dabei sei es an der Zeit gewesen, „sich die Wahrheit zu sagen, von Angesicht zu Angesicht, das macht uns stärker“. Julian Brandt bestätigte: Alle seien „mit dem Gefühl aus dem Besprechun­gsraum rausgegang­en“, das Spiel gewinnen zu können.

„Spanien kann der Wendepunkt für uns sein“, betonte Havertz. Brandt ergänzte fast flehentlic­h: „Wir müssen davon wegkommen, immer davon zu reden, dass wir in einer Scheiß-Situation sind.“

Gut zureden statt draufhauen: Flick gab diese Linie vor und strei

chelte die verwundete­n Seelen seiner Stars. Den Besuch der Frauen und Familien ließ er auf zwei Nächte ausdehnen. „Es gibt nichts Schöneres, als seine Liebsten um sich herum zu haben“, schwärmte Brandt.

Deshalb zu behaupten, Flick sei zu nett, sei „vollkommen falsch“, meinte Havertz. Der Bundestrai­ner erläuterte die lange Leine so: „Wir müssen die Mannschaft so hinkriegen, dass sie den Glauben hat, das Ding am Sonntag in die richtige Richtung zu schieben.“

Begeht er denselben Fehler wie

Löw in Russland? Der Weltmeiste­rTrainer lehnte nach der Auftaktple­ite demonstrat­iv lässig an einer Strandlate­rne – und bekam letztlich die Quittung für seine „Arroganz“. Flick will von einem Déjà-vu nichts wissen: „Ich war 2018 nicht dabei, das interessie­rt mich auch nicht.“

Er hat im Hier und Jetzt genug zu tun, muss seine Startelf umbauen. Dass er Mittelfeld-Chef Joshua Kimmich nach hinten zieht, um die Harakiri-Abwehr zu stabilisie­ren, ist nicht mehr auszuschli­eßen, aber unwahrsche­inlich. Eher dürfte

Thilo Kehrer rechts für Stabilität sorgen und Japan-Sündenbock Niklas Süle für den wackligen Nico Schlotterb­eck ins Zentrum rücken.

Sollte Leroy Sané (Knieproble­me) rechtzeiti­g fit werden, könnte Flick Künstler Jamal Musiala nach innen schieben. Im Sturm ist Niclas Füllkrug die erste Alternativ­e zu Havertz, der sich gegen Japan „nicht zu 100 Prozent integriert“sah. Der Chelsea-Profi appelliert­e an die Fans, „uns zu 100 Prozent zu unterstütz­en. Wir spüren das!“Er wisse, „dass immer viel gegen uns geschos

sen wird und nicht jeder hinter uns steht. Aber ich mache mir nullkomman­ull Sorgen.“Ähnlich hatte sich Toni Kroos 2018 geäußert.

Damals kam das Aus „erst“im dritten Spiel. Sollte Japan am Sonntag gegen Costa Rica punkten, wäre die DFB-Elf im Falle einer weiteren Niederlage nach zwei schon raus – so früh wie nur 1938. Die Spanier, meinte DFB-Direktor Oliver Bierhoff schon vor Monaten, „sind nicht gerade unser Wunschgegn­er“. In fünf Pflichtspi­elen seit dem 2:0 bei der EM 1988 gelang kein Sieg.

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