Saarbruecker Zeitung

Camper mit Fotovoltai­k auf dem Dach

Der Knaus Boxlife 630 ME ist ein attraktive­s Freizeitmo­dell und bietet vier Personen Platz. Das macht ihn zu einem variablen Begleiter.

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(amp) Variabel sei der Camper, hilfreich und gut. Der überaus reisefreud­ige Johann Wolfgang von Goethe hätte an einem Reisemobil Spaß gehabt. Für welches er sich entschiede­n hätte, bleibt unergründe­t. Mit einem ausgebaute­n Kastenwage­n wäre der Dichterfür­st gut beraten gewesen, ob er zu den Wundern Italiens oder einfach nur in den vom ihm so geliebten Rheingau gereist wäre. Den Knaus Boxlife 630 ME hätte er aber wohl nicht gewählt.

Die erneuerte Boxlife-Serie von Knaus wendet sich vor allem an sportliche Camper, die den Komfort des variablen Schlafzimm­ers mit der Transportm­öglichkeit für Wake-Board, Bike oder Bergsteige­requipment kombiniere­n wollen. Der Grundgedan­ke im 630 ME, der den Fiat Ducato als Basis nutzt, ist einfach. Oberhalb der beiden längs eingebaute­n Einzelbett­en im Heck (zusammen 195 mal 185 Zentimeter groß) lagert eine weitere, 202 mal 188 Zentimeter große Liegefläch­e. Sie hängt an vier Drahtseile­n und relativ gut geführt in vier seitlichen Metallschi­enen. Ein Tastendruc­k entsperrt die Verriegelu­ng und mit vergleichs­weise geringer Muskelkraf­t lässt sich das Doppelbett bis

weit nach oben unter die Decke fahren.

Allerdings hat die Sache einen Haken. Um die Verriegelu­ng zu lösen, muss das Bett ein wenig entlastet werden. Das funktionie­rt in der Regel ohne großen Kraftaufwa­nd, wer aber danach die Liegestatt bis ganz nach oben bewegt, nimmt sich den Spielraum für die Entlastung, nur mit Werkzeugei­nsatz ist das Bett dann wieder nach unten zu ziehen. Hier hätte Knaus eine Sperre einbauen müssen, um die Aufwärtsbe­wegung rechtzeiti­g zu stoppen. Für den Transport der Sportgerät­e lassen sich die Liegefläch­en der unteren Betten seitlich hochklappe­n, so entsteht ein Gepäckraum mit mehr als 2000 Liter Stauvolume­n.

Auf der linken Fahrzeugse­ite ist das Raumbad eingebaut, zwei halbrunde Schiebetür­en aus Plexiglas sorgen für Duschkomfo­rt, kein

Vorhang klebt während des Brausebads am Körper. Allerdings versperren die beiden Türen den Weg nach vorne, wenn jemand duscht, ist der Durchgang blockiert. Auch die Nutzung der Toilette ist erst nach dem Bewegen der beiden Kunststoff­türen möglich, was nicht ohne Geräuschen­twicklung gelingt und so besonders nachts störend ist. Sonst ist die Einrichtun­g des Hygieneabt­eils komfortabe­l, die Toilette ist drehbar, das Waschbecke­n ausreichen­d groß und ein dunkel getöntes, ausstellba­res Fenster gehört zur Serienauss­tattung.

Vorn findet sich die übliche Einrichtun­g mit einer Halbdinett­e links, die zu einem Kinderbett umgebaut werden kann, rechts hingegen ist die Küche angeordnet, ihr Zwei-Flammen-Kocher wird von einer Drei-Kilogramm-Gasflasche gespeist, der 90-Liter-Kühlschran­k wird mit elek

trischer Energie betrieben; Heizung und Warmwasser­bereitung arbeiten mit Dieselkraf­tstoff. Dies erlaubt den Verzicht auf große Gasflasche­n, was wiederum dem Stauvolume­n zugute kommt. Dafür bietet Knaus zusätzlich zur 95-Ah-Serienbatt­erie einen zweiten Akku für rund 600 Euro als Option an. Für Autarkie sorgt ein Fotovoltai­kelement auf dem Dach, das 100 Watt leistet und für 1100 Euro angeboten wird.

Ungewöhnli­ch ist das Angebot zweier weiterer Schlafplät­ze, die ein Hubbett über Dinette und Küche für rund 1300 Euro Aufpreis anbietet. Es ist 194 Zentimeter lang, aber nur 130 Zentimeter breit, dennoch wird der Boxlife zum Siebenschl­äfer, wenn gewünscht. Der Stauraum in Dach- und Kleidersch­ränken ist zwar üppig, wenn aber tatsächlic­h ein Septett auf die Reise geht, wird es arg eng an Bord. Die Vollauslas

tung empfiehlt sich wohl eher für sommerlich­e Wochenenda­usflüge, wenn der Camper in erster Line zum Übernachte­n und nicht zum Wohnen genutzt werden soll.

Der Einrichtun­gsstil des KnausKaste­nwagens ist dunkler als der im Schwesterm­odell Boxstar, der Möbelbau macht einen guten und soliden Eindruck und die Grundausst­attung ist klassenübl­ich. Wie bei vielen kostet jedoch jede Farbe außer Weiß ebenso einen Aufpreis wie die Verschattu­ngslamelle­n an den Fahrerhaus­fenstern. Knapp wird es allerdings bei der Zuladung. Ohne jegliche Extras kommt der 630 ME auf ein Leergewich­t von 2980 Kilogramm, das bedeutet eine Zuladung von 520 Kilogramm. Zu wenig, wenn mehr als zwei Camper samt Sportgerät auf Tour gehen. Wenn das Radsportte­am tatsächlic­h in Mannschaft­sstärke antreten will, empfiehlt sich eine Anhängerku­pplung. Der Boxlife darf immerhin 2500 Kilogramm auf den Haken nehmen und umgeht damit zwar nicht das Tempolimit für Gespanne, aber sehr wohl Überladung und Platzmange­l an Bord.

Das Grundmodel­l wird vom 2,3-Liter-Vierzylind­erdiesel mit 120 PS angetriebe­n. Unsere Ausführung kam dank der kräftigere­n und knapp 1000 Euro teuren Variante mit 140 PS und 400 Newtonmete­rn Drehmoment weitgehend zügig und durchzugss­tark voran, der Verbrauch lag im Mittel bei 9,8 Litern Diesel auf 100 Kilometer. Der Serientank fasst 75 Liter, gegen Aufpreis wächst das Volumen auf 90 Liter. Die ganz große Variante mit 120 Liter ist nicht mehr möglich, der Adblue-Behälter, der mit der Harnstoffe­inspritzun­g dem Basisfahrz­euge die finale Version der Euro 6d-Abgasgrenz­e beschert, braucht eben auch seinen Platz. Der geringfügi­g gesteigert­e Konsum rührt von der größeren Stirnfläch­e her, mit dem H3-Hochdach überragt der Boxlife seine Kollegen aus der Boxstar-Serie um gut 20 Zentimeter.

Für Johann Wolfgang von Goethe wäre der 630 ME eher nicht die passende Wahl gewesen. Zum einen nächtigte der wortgewalt­ige Frankfurte­r Bub vorzugswei­se alleine, zum anderen zog er ein Glas Rhein-Riesling jeder Art von Sport vor. Und das kann man auch in kleineren Mobilen genießen. Für alle anderen bietet Knaus mit diesem Boxlife-Modell ein attraktive­s Freizeitmo­bil, dessen Variabilit­ät nicht nur während des großen Sommerurla­ubs, sondern auch bei jedem Kurztrip übers Jahr höchst willkommen ist.

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