Saarbruecker Zeitung

Hauptsache, die Kasse stimmt

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Ich kann das nicht mehr hören und mag es nicht mehr lesen. Diese verlogene Doppelmora­l ist unerträgli­ch. Seit Jahren ist bekannt, dass in Katar Menschenre­chte, so wie wir sie verstehen, keine Rolle spielen. Dass Arbeiter, die aus ärmsten Ländern angeworben wurden, um die Stadien und sonstigen Gebäude zur Ausrichtun­g der WM zu bauen, unter schlimmste­n Bedingunge­n arbeiten müssen und weitestgeh­end rechtlos sind. Man weiß, dass Frauen dort unterdrück­t werden und Alkohol (teils) verboten ist. Und man weiß, dass es dort heiß ist. Jetzt auf einmal ist das Geschrei groß. Es vergeht kein Tag, an dem die Nachrichte­n nicht voll sind vor Empörung, in Zeitungen wird seitenweis­e beklagt, wie schlimm es ist, dass die Spiele in Katar stattfinde­n und nahe der Stadien kein Alkohol verkauft werden darf. Die Polemik reicht bis „Spiele der Schande“, auch am Samstag ( Anm. d. Red.: „Katar-WM erntet viel Kritik und kaum Vorfreude“und „Das Herrscherh­aus in Katar zwischen Gas, Geld und Ehrgeiz“, SZ vom 19./20. November) war wieder eine ganze Seite der Saarbrücke­r Zeitung dem Thema gewidmet. Nicht nur das, es wird uns suggeriert, dass bei uns kaum jemand

die Übertragun­g der Fußballspi­ele sehen will. Also, die Menschen, die ich angesproch­en habe, wollen alle zumindest die Spiele sehen, an denen Deutschlan­d beteiligt ist, wenn nicht noch mehr. Auch wurde festgestel­lt, dass aus Protest niemand Public Viewing veranstalt­en will. Wundert das irgendjema­nd? Nein, denn um diese Jahreszeit hat bei nasskaltem Wetter wohl auch der eingefleis­chteste Fußballfan keine Lust, sich mit Fähnchen und Tröte ins Freie zu stellen oder zu setzen. Mit Public Viewing wäre kein Geld zu verdienen. Denn darum geht es, nur um Geld! Warum hat kein Land die Fußball-WM boykottier­t? Auch Deutschlan­d nicht, das doch jetzt so laut moralisier­t. Alle nehmen teil, auch ARD und ZDF übertragen die Fußballspi­ele. Also, alles nur Blabla und viel Lärm um nichts, Hauptsache, die Kasse stimmt!

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