Und Menschen von kernigem Schlage …
Nach der Abstimmung am 23. Oktober 1955 trat das Saarland zum 1. Januar 1957 als 10. Bundesland dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland bei. Ein Schlussstrich unter eine lange Zeit des Hin und Her zwischen Frankreich und Deutschland.
Wissen Sie, dass es einmal eine saarländische Hymne gab? Und wir sprechen hier nicht von dem wohl jedem saarländischen Kind bekannten „Steigerlied“. Nein, eine richtige Hymne, so wie sie für jedes richtige Land vor einem Spiel zweier Fußballnationalmannschaften gespielt wird. Ganz offiziell also. Warum das so war? Eben weil das Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 aus dem Rest der französischen Besatzungszone ausgegliedert wurde, im Juni 1947 eine eigene Verfassung und eine eigene Staatsbürgerschaft erhielt. Das Saarland war autonom, aber wirtschaftlich an Frankreich angeschlossen. Als am 22. November 1950 die saarländische Fußballnationalmannschaft zu ihrer ersten Partie gegen eine B-Auswahl der Schweiz auf das Spielfeld des Kieselhumes lief, musste irgendwie ein Lied her. „Ich weiß, wo ein liebliches, freundliches Tal …“war nicht gerade ein Gassenhauer und ob seinerzeit überhaupt jemand mitgesungen hat, ist nicht überliefert. Aber – und jetzt kommen wir endlich zur Sache – es gab in dieser Hymne eine Textzeile, die „wie Arsch auf Eimer“zu den Bewohnern des Saarlandes passte. Besungen wurden da nämlich die „Menschen vom kernigen Schlage.“Und tatsächlich mussten die Jungs und Mädels, die an der Saar siedelten, über viele Generationen hinweg so einiges durchmachen. Als Durchmarschgebiet einiger großer Eroberer und in zahlreichen Kriegen, als Puffer und Zankapfel zwischen den „ewigen Erzfeinden“Deutschland und Frankreich, als Spielball der Großmächte.
Sie mussten sich wahrlich oft als „vom kernigen Schlage“beweisen, um durchzuhalten, um weiter zu machen, um überhaupt bleiben zu können in ihrem so „lieblichen Tal.“Das Spiel auf dem Kieselhumes konnten übrigens die kernigen Jungs von der Saar mit 5:3 für sich entscheiden.
Gehen wir in der Geschichte des Saarlandes, das in etwa in seiner jetzigen Form seit dem 10. Januar 1920 durch ein Mandat des Völkerbundes festgeschrieben wurde, einige wenige Schritte zurück, bevor wir auf den folgenden Seiten in die Ereignisse der letzten 65
Jahre seit der „kleinen Wiedervereinigung“blicken. Die Kelten waren da, die Römer natürlich auch, Napoleon zog gleich mehrmals durch, Hitler, nun ja, der war auch mal da. Die Franzosen kamen und gingen. Einige blieben auch da: Merci beaucoup pour le „Savoir vivre“, chers amis! Viele ließen etwas hier, viele nahmen etwas mit, oft zu viel, manchmal auch alles. Mal war das Saarland heiß begehrt, mal hätten es so manche gerne abgeschenkt. Es kamen die Glanzzeiten des Bergbaus, der Glas-, der Eisen- und Stahlhütten, die lange Zeit blieben und für einen passablen Wohlstand sorgten, gleichzeitig aber auch für Neid.
Was sich wirklich als standhaft erwies, waren die Menschen an der Saar. Mit ihrer Hartnäckigkeit, mit ihrer offenen, herzlichen Art unter dem harten Kern, ihrer Freude an den schönen Dingen des Lebens, ihrem spitzbübischem Charme, ihrer Freude am Genuss, am Feiern, an der direkten Ansprache. Eben gerade heraus und „vor den Latz geknallt“. Kernig! Natürlich hat so mancher Saarländer sein Säckchen geschnürt, hat in der großen weiten Welt seinen Hut abgelegt und „sein Ding gemacht“. Die meisten aber kamen wieder zurück. Einfach deshalb, weil es nur hier gibt, was es hier gibt. Weil nur „dehemm so geschwätzt werd wie
ma ääwe schwätze duht“. Und weil das Saarland eben anders ist als so manch anderes Bundesland. Weil es seine Menschen geschafft haben, die harte Bürde seiner
Lage inmitten zweier Großmächte nicht nur zu tragen, sondern sie zum Wohle aller Beteiligten in einen freundlichen, friedlichen Raum der Verständigung zu verwandeln. So wie die Menschen auf der anderen Seite des ehemaligen Grenzzaunes im Elsass und in Lothringen, die ein ähnliches Schicksal trugen. Hier wie da wurde der Grundstein dessen gelegt, was Europa heute darstellt. Seien wir als Saarländer ruhig ein bisschen stolz darauf.
Das Saarland in seiner jetzigen Form gibt es seit 1920