„Dibbelabbes wird im Backofen zubereitet“
Buchautor Charly Lehnert räumt mit einem weitverbreiteten Irrtum der Saarländer auf.
Wenn Charly Lehnert über das saarländische Nationalgericht spricht, dann beginnt er damit, einen weitverbreiteten Irrtum aufzuklären: „Dibbelabbes wird im Ofen zubereitet. Das, was wir hierzulande in Restaurants, auf Märkten und auch von Fernsehköchen serviert bekommen, ist Schaales, der auf dem Herd zubereitet wird.“Der 84-Jährige ist ein Experte für das Thema und hat – oft zusammen mit seiner Frau – mehrere Bücher über die saarländische Küche geschrieben, zum Beispiel „Oma
Kättsche“, „Schmagges“, „Hauptsach gudd gess“und den Bestseller „Aus Dippe und Pann“.
1985 widmete das Paar dem Dibbelabbes ein eigenes Buch, das seither in mehreren Auflagen erschienen ist. Auch beim Kochen arbeiten die beiden zusammen. „Ich bin der Schnibbler, meine Frau steht am Herd“, sagt Charly Lehnert. Doch mehr als einmal im Monat komme das deftige Gericht nicht auf den Tisch. In seiner Kindheit sei dies anders gewesen. „Meine Mutter stammt aus einer Kartoffelbauerfamilie und bei uns zuhause, wir waren drei Söhne, gab es sehr oft Kartoffeln – zubereitet auf dem Jägerofen, der mit Koks und Kohle geheizt wurde“, erinnert sich Charly Lehnert.
Die Tourismuszentrale des Saarlandes erklärt auf ihrer Internetseite den historischen Ursprung des Dibbelabbes: „Bis zum Ende des Bergbaus im Saarland, das war im Jahr 2012, fuhren die saarländischen Bergmänner unter Tage und verrichteten einen der härtesten und gefährlichsten Jobs der Welt. Die Arbeit im Bergwerk war
extrem anstrengend und zehrte an den körperlichen Kräften der Männer, also musste etwas Nahrhaftes auf den Tisch. Die Bergmannsfrauen waren kreativ und entwickelten kostengünstige Rezepte, damit ihre Liebsten auch schnell wieder zu Kräften kamen.“Auch die Zubereitung wird beschrieben: „Die Zutaten werden zusammen in einem gusseisernen Topf, dem Dibbe, im Ofen gegart oder in der Pfanne ge
braten und ergeben so ein herrlich deftiges Hauptgericht mit knuspriger äußerer Kruste.“Bei dem gusseisernen Topf stimmt Charly Lehnert zu, ebenso bei den Beilagen, die die Tourismuszentrale vorschlägt: Apfelkompott oder Salat. „Friséesalat mit Knoblauch“, sagt er. Dass hierzulande auch Apfelmus, Schmand oder Lachs zum Dibbelabbes gegessen wird, ist für ihn kein Problem – Hauptsa
che, es schmeckt. Es sind nur wenige Zutaten, die für den saarländischen Klassiker notwendig sind: Kartoffeln, Zwiebeln, Lauch, Dörrfleisch, Muskat und Gänse- oder Butterschmalz. Manche geben ein Ei zur Masse oder weitere Gewürze. Viele Familien haben ihr eigenes Rezept, das an die nächste Generation weitergegeben wird. Lehnert empfiehlt mittelfeste Kartoffeln, die „gerappt“, also gerie
ben, und dann mithilfe eines Küchentuchs ausgedrückt werden. Die dabei anfallende stärkehaltige Flüssigkeit könne als Soßenbinder, Hemdenstärke oder Papierkleber benutzt werden. Dibbelabbes ist ganz offensichtlich eine Leidenschaft von Charly Lehnert, doch sein Lieblingsgericht ist es nicht. Am liebsten isst der 84-Jährige Pellkartoffeln pur mit Butter und Salz.