Albert Stoffer – ein saarländischer Franzose
Albert Stoffer liebt das Saarland, engagiert sich ehrenamtlich und wurde dafür mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet
Der 3. Dezember 2021 war ein ganz großer Tag im Leben Albert Stoffers, als er im Schloss Bellevue in Berlin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. „In Anerkennung der um die Bundesrepublik Deutschland erworbenen besonderen Verdienste“, heißt es in der Verleihungsurkunde. „Dass ich als Franzose eine solche Auszeichnung erhalten würde, hätte ich nie im Leben gedacht“, sagt Stoffer. Seine Familie stammt aus dem Elsass, das 1940 vom Deutschen Reich annektiert worden war. Weil sein Vater Arbeitsdienste in BerlinNeukölln verrichten musste, kam Albert Stoffer dort am 7. April 1945 zur Welt. Nach dem Krieg kehrten seine Eltern nach Mulhouse (Mülhausen) zurück. Von klein auf erhielt er im Elternhaus Prügel statt Liebe, wurde mit Verboten gequält. So wollte er nach der Schulzeit im sozialpädagogischen Bereich arbeiten, absolvierte eine Ausbildung als Erzieher und sollte nach bestandener Prüfung ein Kinderheim übernehmen. Doch das erlaubten ihm seine Eltern nicht.
Stattdessen musste er als Verwaltungsangestellter im Mülhauser Rathaus arbeiten. Während seines Wehrdienstes lernte er dann 1965 Christa Kunkel aus Brotdorf kennen und lieben. Seine Eltern waren gegen diese Verbindung. Sie nannten Christa Kunkel eine
„Boche“– eine abwertende Bezeichnung für Deutsche. Trotzdem heiratete Stoffer im Jahr 1967 seine Christa, verließ drei Jahre später seine Eltern und seine Arbeitsstelle und ging nach Deutschland.
Im Ehrenamt Erfüllung gefunden
In Saarbrücken fand er in einer Filiale der Banque Nationale de
Paris Arbeit, war aber nicht glücklich in seinem Job, obwohl er sich bis zum stellvertretenden Abteilungsleiter hochgearbeitet hatte. „Ich fühlte mich als Erzieher und wollte unbedingt etwas in diesem Bereich machen, also nahm ich Ehrenämter an und fand hier meine Erfüllung“, erzählt er. Zunächst engagierte er sich im Landesverband Saar des deutschen Kinderschutzbundes, dessen Vor
sitzender er Ende der 1970er-Jahre war. „Ich habe Kinder im Winterbergkrankenhaus besucht, die sonst nie Besuch kriegen, bot auf der Welt der Familie eine Kinderbetreuung an, machte in der Weihnachtszeit den Nikolaus, brachte die Wäsche von alleinerziehenden Müttern nach Hause und meine Frau wusch sie“, erzählt er. Außerdem sammelte er Spielsachen, verteilte sie an arme Kinder. Zudem widmete er sich vietnamesischen Kriegsflüchtlingen, die in Schwalbach untergebracht waren. 30 Familien betreute er dort auf eigene Kosten. Parallel dazu kümmert sich Albert Stoffer seit Ende 1970 um die in Lebach lebenden Asylbewerber und Flüchtlinge. Er erledigt für sie Amtsbesuche, bringt kranke Kinder zum Arzt, versorgt die Familien mit Geld und Hilfsgütern, die er privat akquirieren kann.
Im Saarland heimisch geworden
1981 war er mit seiner Frau von Saarbrücken nach Riegelsberg gezogen, ein Jahr später nach Heusweiler. 2008 ging Stoffer in Rente, aber nicht in den Ruhestand. Er will weiterhin für die ABG Heusweiler/Riegelsberg als Französischlehrer in den Heusweiler Grundschulen arbeiten und bei der VHS
Heusweiler Kurse leiten. Längst ist er im Saarland heimisch geworden, fühlt sich als „saarländischer Franzose“, bedauert allerdings, dass er die deutsche Staatsbürgerschaft nicht erwerben kann. „Dazu müsste ich meine französische Staatsbürgerschaft abgeben, aber das will ich nicht“, sagt er. Was gefällt ihm so sehr am Saarland, dass er auf Lebenszeit sesshaft wurde? „Mir gefällt hier am besten das französische Flair. Die Nähe zu Frankreich, die gemeinsame Geschichte des Saarlandes mit Elsass und Lothringen. Außerdem ist es landschaftlich wunderbar im Saar
land“, erklärt er. Neben dem Land gefallen ihm auch die Leute. „Man wird überall gut aufgenommen, kann mit jedem ‚schwätze‘ und die Leute sehen mich nicht als Ausländer. Ich gehöre zu ihnen, das Saarland ist meine Heimat“, so Stoffer. Und weil er sich so wohl fühlt und Land und Leute liebt, will er auch etwas zurückgeben. So kümmert er sich weiterhin um die Flüchtlinge in Lebach, besucht weiterhin als Nikolaus die Kindergärten, verteilt Geschenke und bringt seit September zweimal pro Woche in Heusweiler Frauen aus Syrien, der Türkei, Vietnam und der Ukraine im
Rahmen des vom saarländischen Kultusministerium geförderten Projektes für Zuwanderer „Mama lernt Deutsch“die deutsche Sprache bei. „Ein Franzose, der Deutsch unterrichtet!
Das muss man sich mal vorstellen! Aber die VHS-Direktorin Caroline Lehberger hat mich gefragt, ob ich mir das zutraue. Und ich habe ja gesagt“, so Albert Stoffer. Ans Aufhören denkt er noch nicht. „Ich wäre ja alt genug, um in den Ruhestand zu gehen, aber ich KANN nicht aufhören, das ehrenamtliche Engagement ist mein Hobby“, betont der 77-Jährige. dg