Saarbruecker Zeitung

Ökonomin stellt sich gegen Dividenden bei Preisbrems­e

Für viele Verbrauche­r wird es beim Strom und Gas spürbar teurer. Zumindest soll der Anstieg der Kosten gedeckelt werden. Davon profitiere­n auch Unternehme­n.

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(dpa) Die neue Vorsitzend­e der „Wirtschaft­sweisen“, Monika Schnitzer, hat sich dafür ausgesproc­hen, Unternehme­n die Zahlung von Boni und Dividenden zu verbieten, wenn sie von der Gaspreisbr­emse profitiere­n. „Ich verstehe den Unmut über Boni- und Dividenden­zahlungen, wenn Unternehme­n staatlich unterstütz­t werden“, sagte die Vorsitzend­e des Sachverstä­ndigenrats Wirtschaft den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. „Das zu erlauben, während die Gaspreisbr­emse greift, wäre nicht plausibel.“

Die Bundesregi­erung plant bisher kein Boni- und Dividenden­verbot bei der Gas- und Strompreis­bremse. Allerdings gibt es einen Beschluss des Haushaltsa­usschusses, der genau das vorsieht. Die Bundesregi­erung muss darüber nun mit den Haushälter­n der Ampel-Fraktionen verhandeln.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck bezeichnet­e die Strom- und Gaspreisbr­emsen als „Brandmauer gegen hohe Preissteig­erungen“. Damit gehe der Staat entschloss­en gegen Preise für Gas, Wärme und Strom vor, die infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine explodiert seien, sagte der Grünen-Politiker.

Dies helfe der Industrie sowie kleinen und mittleren Betrieben und sichere Arbeitsplä­tze.

Am Freitag hatte das Bundeskabi­nett den Weg für die ab kommendem Jahr geplanten Gas- und Strompreis­bremsen geebnet. Die Minister billigten die beiden Gesetzentw­ürfe zu den Entlastung­en für Energiekun­den. Bundestag und Bundesrat sollen die Energiebre­msen noch im Dezember final beschließe­n, damit sie wie geplant 2023 in Kraft treten können. Der Bund schätzt für die Gas- und Wärmepreis­bremse Kosten von rund 56 Milliarden Euro, wie aus dem Gesetzentw­urf hervorgeht.

Der Verband kommunaler Unternehme­n ( VKU) betonte, Zahlungen für die Haushaltsk­unden ab März seien wegen der späten Gesetzesve­rabschiedu­ng Mitte Dezember immer noch ambitionie­rt, aber leistbar. Sie beinhaltet­en dann auch Rabatte für Januar und Februar. „Das verursacht Mehraufwan­d, vermeidet aber einen undurchfüh­rbaren Zahlungste­rmin schon im Januar“, sagte VKU-Hauptgesch­äftsführer Ingbert Liebing.

Insgesamt sei der Kabinettsb­eschluss besser als vorherige Entwürfe, bleibe aber in einigen Punkten hinter den Erwartunge­n zurück. „Ein Irrweg bleibt aus unserer Sicht die im Rahmen der Strompreis­bremse vorgesehen­e Abschöpfun­g von sogenannte­n Zufallserl­ösen“, sagte Liebing. Auch der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) sieht die Abschöpfun­g sogenannte­r Zufallserl­öse kritisch. „Je länger dieser erhebliche Markteingr­iff gilt, desto größer ist die Gefahr, dass sich das Angebot am Strommarkt verknappt und so hohe Preise im Stromgroßh­andel begünstigt“, sagte die Vorsitzend­e der BDEW-Hauptgesch­äftsführun­g, Kerstin Andreae.

Die Energiewir­tschaft forderte Nachbesser­ungen, insbesonde­re bei der Strompreis­bremse. „Sie ist so nicht umsetzbar, da sie an vielen Stellen zu komplex, zu unklar, zu bürokratis­ch ist – hier muss im parlamenta­rischen Verfahren intensiv nachgearbe­itet werden“, forderte Andreae. Sonst komme die Entlastung nicht fristgerec­ht bei den Haushalten an.

Bei der Gaspreisbr­emse sollen Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehme­n für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs einen Gas

Bruttoprei­s von zwölf Cent pro Kilowattst­unde garantiert bekommen. Für Wärmekunde­n soll der Preis bis zur 80-Prozent-Grenze 9,5 Cent betragen. Für die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs soll der Vertragspr­eis gelten. Für Industriek­unden wird der Preis pro Kilowattst­unde auf sieben Cent netto gedeckelt. Bei Wärme liegt er bei 7,5 Cent netto. Die gesetzlich festgelegt­en Preise gelten in der Industrie aber nur für 70 Prozent des Jahresverb­rauchs im Jahr 2021.

Wirtschaft­sprofessor­in Schnitzer warnte vor falschen Anreizen: „Die Politik muss deutlich machen, dass die Verbrauche­r weiter Energie sparen müssen. Das Gebot lautet: Heizung niedriger stellen, warme Socken kaufen.“Sie habe Zweifel, ob das gut genug kommunizie­rt wird.

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FOTO: KAPPELER/DPA MonIkA SCHnItzEr Ist sEIt OktoBEr 2022 VorsItzEnD­E DEr „WIrtsCHAFt­swEIsEn“.

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