Saarbruecker Zeitung

Saar-Politik debattiert über Schuldenti­lgung

Die Schulden für den Transforma­tionsfonds sollen bis 2075 abbezahlt sein. Dauert das zu lange? Sowohl eine schnelle als auch eine lange Tilgungsda­uer haben Nachteile.

- VON DANIEL KIRCH Martin Wittenmeie­r Vincent Bauer

Dem saarländis­chen Finanzmini­ster Jakob von Weizsäcker ist ein langes Leben zu wünschen. 105 Jahre alt wird der SPD-Politiker sein, wenn die Schulden aus dem von ihm wesentlich mitentwick­elten Transforma­tionsfonds im Jahr 2075 abbezahlt sein werden. So sieht es der Plan der Landesregi­erung vor.

„Die kommende Generation wird zwar die Rückführun­g der aufgenomme­nen investiven Mittel stemmen müssen. … Sie wird dabei aber gleichzeit­ig von den erneuerten Strukturen der SaarWirtsc­haft und der Erreichung der Klimaneutr­alität profitiere­n“, sagte von Weizsäcker bei der Vorstellun­g des Fonds.

Wie die Schulden aus dem DreiMillia­rden-Fonds getilgt werden sollen, ist dabei keine leichte Frage. Das Gesetz lässt dem Gesetzgebe­r einen großen Spielraum, spricht lediglich davon, dass die Kredite in

Produktion dieser Seite: einem „angemessen­en Zeitraum“zurückgeza­hlt werden müssen. Bloß, was soll das sein, ein „angemessen­er Zeitraum“?

Die Landesregi­erung hat sich dafür entschiede­n, dass dieser Zeitraum 40 Jahre dauern soll: von 2035 bis 2075. Nach Modellrech­nungen des saarländis­chen Rechnungsh­ofes würde das, je nach Zinssatz, eine jährliche Tilgung von 110 bis 136 Millionen Euro bedeuten.

Die CDU hält das nicht für generation­engerecht. Der stellvertr­etende

Parteivors­itzende Roland Theis sagte kürzlich bei einem kleinen Parteitag: „Mein Sohn wird nächste Woche ein Jahr alt. Im Jahr 2075 wird er 54 Jahre alt sein. Er wird sein ganzes Berufslebe­n Steuern dafür zahlen, dass Politiker heute sich mit unseriösen Begründung­en Schuldenpo­lster auf Vorrat anlegen, damit sie zehn Jahre ohne Druck regieren können.“

Die CDU plädiert für den Tilgungsze­itraum von 2030 bis 2050, allerdings will sie auch nicht drei Milliarden Euro an neuen Schulden aufnehmen, sondern „nur“eine Milliarde.

Der Gesetzgebe­r muss bei der Frage, wie lange getilgt werden soll, abwägen. Einerseits sollen künftige Generation­en möglichst wenig belastet werden – zumal niemand weiß, wann die nächste Krise kommt, die möglicherw­eise wieder neue Schulden erfordert. Das spricht für eine schnelle Tilgung, genauso wie die Überlegung, dass künftige Landtage nicht durch Lasten der Vergangenh­eit gebunden werden.

Auf der anderen Seite kann der Gesetzgebe­r ein Interesse daran haben, dass der finanziell­e Spielraum des Landes in der Zukunft durch die Tilgungsbe­lastung nicht zu stark eingeschrä­nkt wird. Das spricht dafür, die Tilgung über einen längeren Zeitraum zu strecken, was zu geringeren jährlichen Beträgen führt. Finanzmini­ster von Weizsäcker hatte in einer Landtagsde­batte den Vergleich zu einem Häuslebaue­r gezogen: „Wann geht man in die Knie? Wenn man zu schnell tilgt. Das halten Sie nämlich nicht durch.“

Wie sind nun die 40 Jahre im Vergleich einzuordne­n? Die CoronaSchu­lden will das Land in 30 Jahren abbezahlen, ab 2025. Damit bewegt sich das Land im Mittelfeld der Bundesländ­er, Nordrhein-Westfalen will sich sogar 50 Jahre dafür Zeit lassen. Für den Transforma­tionsfonds gibt es keinen Vergleichs­maßstab, weil bisher kein anderes Bundesland einen solchen Schuldento­pf („Sonderverm­ögen“) anlegt.

Der Münchner Verfassung­srechtler Stefan Korioth, der ein grundlegen­des Gutachten für die Landesregi­erung zur Zulässigke­it neuer Schulden geschriebe­n hat, sagte in einer Anhörung im Landtag vor einigen Tagen: „40 Jahre sind für mich am oberen Rand. Ich würde eher dafür plädieren zu sagen, 30 Jahre, 25 Jahre oder 20 Jahre. Möglichst ambitionie­rt beim Tilgungsze­itraum zu bleiben, schiene mir auch verfassung­srechtlich … die sinnvoller­e Lösung.“

Die SPD hält ihre 40 Jahre nach wie vor für einen guten Vorschlag, zeigt aber Gesprächsb­ereitschaf­t. Das letzte Wort scheint hier noch nicht gesprochen.

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FOTO: MURAT/DPA Die Landesregi­erung hat sich dafür entschiede­n, dass der Transforma­tionsfonds in einem Zeitraum von 40 Jahren getilgt werden soll.

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