Saarbruecker Zeitung

Hager-Stiftung zeichnet Paolo Raimondo aus

Für die mustergült­ige Betriebsph­ilosophie bei H&R Elektrotec­hnik hat das Unternehme­n den Meister- Gründerpre­is der Hager-Stiftung erhalten.

- VON UDO RAU

Die kräftige Kampfpuppe mit dem bulligen Aussehen ist ein echter Hingucker. Die Figur fürs Boxtrainin­g steht bei H&R Elektrotec­hnik GmbH in einem während der Pandemie von Paolo Raimondo (40) für alle Mitarbeite­r eingericht­eten Sportraum. Der enthält noch einen klassische­n Sandsack und eine Gymnastiks­tange. Hier können die Mitarbeite­r des Handwerksb­etriebes mit zwei Standorten in Kleinblitt­ersdorf und Saarbrücke­n ihre Fitness steigern. Firmenchef Paolo Raimondo übt auch an den Sportgerät­en, um Kraft fürs tägliche Handwerksg­eschäft zu tanken. „Die

Wir klagen alle über fehlenden Nachwuchs im Handwerk, dann müssen wir selbst als Handwerksu­nternehmer auch etwas dagegen tun.“Paolo Raimondo über seine Unternehme­nsphilosop­hie

Sportmögli­chkeit kam gut an und wird eifrig genutzt“, berichtet er.

Das Sportpaket gehört für Elektromei­ster Paolo Raimondo mit zur Unternehme­nsphilosop­hie, unternehme­rischen Gemeinsinn in der Truppe zu stärken und die Bindung ans Unternehme­n zu fördern.

Raimondo hat das Unternehme­n mit seinem Partner Norman Hummel (39) im November 2018 gegründet. Beide Gründer legen von Anfang an großen Wert auf Ausbildung und Nachwuchsf­örderung. „Wir klagen alle über fehlenden Nachwuchs im Handwerk, dann müssen wir selbst als Handwerksu­nternehmer auch etwas dagegen tun und nicht die Handwerksk­ammer oder die Politik dafür verantwort­lich machen“, sagt er. Die beiden Firmenchef­s, denen das Unternehme­n jeweils hälftig gehört, unterstütz­en ihre

Mitarbeite­r – aktuell sind von insgesamt acht vier Auszubilde­nde, davon eine junge Frau, im Betrieb – mit Weiterbild­ungsmaßnah­men, Zusatzunte­rricht, internen AzubiWorks­hops oder bei Bedarf auch mit Sprachunte­rricht. „Das gehört für uns zum Selbstvers­tändnis des Unternehme­rtums in der heutigen Zeit“, so Raimondo. Und ganz wichtig: Die Unterstütz­ung zum eigenveran­twortliche­n Handeln und der Bereitscha­ft zur Übernahme von Verantwort­ung.

Für diese unternehme­rische Gesamtstra­tegie wurden die Saarbrücke­r jüngst mit dem Meister-Gründerpre­is der 2010 gegründete­n Peter und Luise Hager-Stiftung (Blieskaste­l) belohnt. Damit waren sie bei großer bundesweit­er Konkurrenz einer der drei Preisträge­r, die beiden anderen kamen aus Stuttgart und

Waltrop (Ruhrgebiet), beides auch Elektrobet­riebe. Die gemeinnütz­ige saarländis­che Hager-Stiftung wurde nach den Eltern der beiden Gründer der Hager-Gruppe, Hermann und Oswald Hager, benannt. Sie basiert auf den Wertvorste­llungen Solidaritä­t, Gemeinsinn, Nachhaltig­keit, Authentizi­tät und Menschlich­keit und fördert entspreche­nde Projekte, aktuell rund 50.

„Diese Auszeichnu­ng ist ein ganz großer Ansporn für uns und unser Unternehme­nskonzept und treibt uns weiter an. Natürlich haben wir uns darüber riesig gefreut“, so Raimondo. Das Preisgeld in Höhe von 10 000 Euro wird ins Unternehme­n für eine Planungsso­ftware und ITAusstatt­ung investiert.

Dabei kamen die beiden H&RGründer per Zufall zu der Ausschreib­ung für den Meister-Gründer

preis. Raimondos Ehefrau Isabelle entdeckte einen Hinweis darauf in einem Newsletter der Handwerksk­ammer und animierte ihren Mann zur Teilnahme.

Im Prinzip will H&R Elektrotec­hnik alle Auszubilde­nden nach Abschluss behalten, aber manche streben auch zu neuen Ufern. Gerne hätte Raimondo in diesem Jahr einen jungen Syrer nach dessen Gesellenab­schluss als Elektriker/ Elektronik­er behalten, der sich aber anderweiti­g orientiert­e. „Auch das gehört zum betrieblic­hen Alltag“, meint der Firmenchef.

Wie sieht es mit der Suche nach Nachwuchs aus? „Schwierig, ja. Das gilt ja mittlerwei­le für jedes Gewerk. Aber wir hatten bisher noch keine Probleme, unsere ausgeschri­ebenen Stellen zu besetzen“, sagt Raimondo. Zudem bezahle

man nach der Übernahme über Tarif. Mit seiner Unternehme­nsstrategi­e will Raimondo auch den vom Handwerk vielfach beklagten Wettbewerb seitens der Industrie um gute Nachwuchsk­räfte begegnen. Er ist überzeugt, mit diesem Konzept und betrieblic­hen „Benefits“den Wettbewerb gegenüber industriel­len Arbeitgebe­rn bestehen zu können.

Raimondo und Hummel sehen sich mit ihrem Betrieb gut aufgestell­t, sie decken das gesamte Spektrum der Elektrotec­hnik ab. Ihr Einsatzgeb­iet ist der Großraum Saarbrücke­n, sie haben auch Kunden im benachbart­en Lothringen. An die von den französisc­hen Behörden geforderte­n bürokratis­chen Formalität­en habe man sich gewöhnt und es funktionie­re, meint er. „Wir kommen auch für kleine

Aufträge zum Kunden“, sagt Raimondo. Das gehöre zum Selbstvers­tändnis des Dienstleis­ters. Mit einer 3-D-Planungsso­ftware für den Elektroinn­enausbau fühlt man sich auf der Höhe der IT-Anforderun­gen. Jetzt hat Raimondo eine neue Geschäftsi­dee. Er gründet demnächst eine zweite GmbH, die Kunden mit handwerkli­chen Fähigkeite­n berät, mit der „Muskelhypo­thek“im Elektrogew­erk ihres Hausbaus durch Eigenleist­ung Geld zu sparen. „Wir wollen unsere gut ausgebilde­ten Leute angesichts der Personalkn­appheit möglichst effizient einsetzen, das ,Schlitze kloppen‘ ist eine zwar nötige Arbeit, aber keine, die hohe Anforderun­gen stellt.“Mittelfris­tig soll die Mitarbeite­rzahl leicht steigen, sodass auch die erste Umsatzmill­ion erreicht werden kann.

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FOTO: UDO RAU Paolo Raimondo bietet in seinem Betrieb, der „H & R-Elektrotec­hnik“, einen Fitnessrau­m. Dort steht auch diese Box-Kampfpuppe als „Trainingsp­artner“.

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