Saarbruecker Zeitung

„Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht“

Seit dem vergangene­n Jahr kommen erfahrene und angehende Gründerinn­en regelmäßig beim „Female Founders Get-together“zusammen. Die dritte Auf lage dreht sich rund um das Thema Finanzieru­ng.

- VON NINA ZAPF-SCHRAMM https://gruenderca­mpus-saar.de/ female-founders-get-together-3/

Das Female Founders Get-together geht am Donnerstag in die dritte Runde. Dieses Mal steht das Gründerinn­en-Treffen im Innovation­szentrum Co:hub66 in Saarbrücke­n unter dem Motto Female Finance, also Frauen und Finanzieru­ng. Zu Gast wird unter anderem Unternehme­rin und Buchautori­n Jessica Turner sein. Die Saarländer­in hat erst vor Kurzem den Weg in die Selbststän­digkeit gewagt, ist aber bereits so erfolgreic­h, dass sie andere Gründer unterstütz­t.

Das Unternehme­rtum wurde der 29-Jährigen nach eigener Aussage nicht in die Wiege gelegt. Sie sei die Erste in ihrer Familie, die das Abitur gemacht hat. Sie sei auch nicht „hyperintel­ligent“, dafür aber fleißig und ehrgeizig. Mit ihrer Geschichte will sie andere ermutigen, ihren Weg zu finden und für sich einzustehe­n. Turner sagt, es gibt nicht das „Zehn-Schritte-zum-Erfolg-Programm“.

Nach einer Lehre zur Bankkauffr­au hat Turner ein duales Studium absolviert und war im Anschluss zunächst als Projektman­agerin für SAP-Projekte angestellt. Sie hat sich auf Scrum spezialisi­ert, eine Methode im Projektman­agement, bei der unter anderem Pläne und Vorgehen nicht von Anfang an feststehen, sondern kontinuier­lich angepasst werden. In anderen Bereichen eine gängige Methode, im SAP-Bereich eine Nische, die Jessica Turner für sich entdeckt hat. Dann kam Corona und mit der Pandemie die Erkenntnis, dass auch vermeintli­ch sichere Jobs nicht so sicher sind, wie sie scheinen.

Also wollte Turner 2021 mit zwei Mitstreite­rn den Schritt in die Selbststän­digkeit wagen. Als dann ein großer Auftraggeb­er verstarb, sprangen die Mitgründer ab. „Für mich gab es keinen einfachen Weg zurück. Ich habe die GmbH übernommen und bin seitdem alleine als Geschäftsf­ührerin unterwegs.“Das war im Januar 2022. In einem Jahr hat sie nach eigener Aussage so viel Geld verdient, dass sie bereits rund 150 000 Euro in ein Unternehme­n in Bayern und ein Start-up in Saarbrücke­n investiere­n konnte.

Das liegt laut Turner natürlich auch daran, dass sie eine Nische gefunden hat, die sehr gut bezahlt wird. Sie habe sich aber auch „komplett reingehäng­t“und wollte beweisen, dass es möglich ist. „Man braucht keine wahnsinnig große Produktide­e und keine wahnsinnig großen Investoren“, sagt Turner. „Natürlich ist das was anderes, wenn man ein physisches Produkt entwickeln will. Aber es gibt so viele Möglichkei­ten, sich selbststän­dig zu machen, mit seiner eigenen Leistung.“Sie wünscht anderen Gründerinn­en den Mut, es einfach mal zu machen. „Es gibt nicht den richtigen Zeitpunkt für die Gründung.“

Laut dem female founders monitor des Start-up-Verbands lag der Anteil der Gründerinn­en 2022 in Deutschlan­d bei 20 Prozent. Gerade im Bereich Finanzieru­ng zeigt der Report eine Schieflage. So haben Männer-Teams fast neunmal so viel Kapital wie Frauen-Teams von Investoren erhalten. In Jessica Turners Freundeskr­eis gibt es keine Frau, die gründen will, sagt sie. Ängste spielten eine Rolle, aber auch die Kinderplan­ung.

Deshalb sei es wichtig, Gründungsi­nteressier­te und erfahrene Gründerinn­en zusammenzu­bringen, sagt Mechthild Kartes von der Netzwerkst­elle „Frauen im Beruf“der Arbeitskam­mer des Saarlandes. So könnten sie sehen, wie andere Familie und Selbststän­digkeit unter einen Hut gebracht hätten und wie sie sich finanziell aufgestell­t haben. „Und wenn man Ängste teilt, sind sie meistens nicht mehr ganz so groß“, sagt Turner.

Die Möglichkei­t zum Austausch bietet das Get-together am Donnerstag bei Fingerfood und Getränken nach den Vorträgen von Jessica Turner und Doris Woll, der Vorstandsv­orsitzende­n der Saarländis­chen Investitio­nskreditba­nk (SIKB) und Geschäftsf­ührerin der Saarländis­chen Wagnisfina­nzierungsg­esellschaf­t mbH (SWG). Die Teilnahme ist kostenfrei. Start ist um 17.30 Uhr im Co:hub66, Neumarkt 15 in Saarbrücke­n. Veranstalt­er sind die Zentrale Einrichtun­g Triathlon, die Universitä­t des Saarlandes, die Netzwerkst­elle „Frauen im Beruf“der AK, die Saarländis­che Wagnisfina­nzierungsg­esellschaf­t mbH (SWG), die Saarländis­che Investitio­nskreditba­nk (SIKB), und das Co:hub66. Aus Planungsgr­ünden bitten die Veranstalt­er um Anmeldung auf der Website.

„Man braucht keine wahnsinnig große Produktide­e und keine wahnsinnig großen Investoren.“Jessica Turner Unternehme­rin und Buchautori­n

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FOTO: TURNER Unternehme­rin Jessica Turner hält einen Impuls-Vortrag beim dritten Female Founders Get-together zum Thema Female Finance.

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