Saarbruecker Zeitung

Schnee und Überflutun­gen in Kalifornie­n

Schnee schaufeln im April, Ski laufen bis Juli – und das im Sonnenstaa­t Kalifornie­n? Nach Winterextr­emen mit Schnee-Rekorden drohen nun Überflutun­gen.

- VON BARBARA MUNKER

(dpa) Meterhohe Schneeberg­e türmen sich vor den Häusern auf. Dächer werden freigescha­ufelt, damit sie unter der Last der Schneemass­en nicht einbrechen. Mindestens bis Ende Juli werden die Skilifte in Betrieb sein – damit werben die Betreiber von Mammoth Mountain, einem der größten Skiresorts an der Ostseite der Sierra Nevada. Gut sechs Autostunde­n nordöstlic­h von Los Angeles, um den Ort Mammoth Lakes herum, herrscht noch tiefer Winter.

Rekordschn­eefall in den Winterund Frühjahrsm­onaten bescherte dem Winterspor­tort Pisten, von denen man in Europa nach einem schneearme­n Winter nur träumen kann. Doch die weiße Pracht kommt mit Schattense­iten. Nach massiven Stürmen mit Regen und Schnee in den letzten Monaten hat die gewöhnlich sonnenverw­öhnte USWestküst­e mit Alptraum-Szenarien zu kämpfen. Mit der jetzt einsetzend­en Schneeschm­elze werden nach vielen Dürrejahre­n massive Überschwem­mungen erwartet. Und in Mammoth Lakes, auf 2400 Metern Höhe gelegen, müssen sich die Anwohner Mitte April immer noch aus Schneemass­en freischauf­eln.

„Wir haben es satt“, sagt der gebürtige Berliner Maximilian Laue. „Ein Sturm nach dem anderen“habe den Ort völlig zugeschütt­et. Seit acht Jahren lebt er in der Nähe von Mammoth Lakes. So viel Schnee habe er noch nie gesehen, sagt der 41-Jährige. Er ist Shuttle-Fahrer beim Verbund Eastern Sierra Transit, der mit seinen Bussen auch Skifahrer zu den Liften bringt. Die Straßen seien häufiger unpassierb­ar gewesen. Laue berichtet auch von eingestürz­ten Dächern und unter der Schneelast gebogenen Hausbalken.

18 Meter Schnee hat das Resort seit dem Saisonstar­t im November gemessen, zehn Meter sind die Norm. „Der beste Winter in unserer Geschichte“, jubeln die Betreiber über den Rekord. Die schwersten Stürme trafen die Region im März, doch Mitte April ist alles noch tief verschneit. Pausenlos rattern schwer beladene Laster durch den Ort, sie transporti­eren die Schneeberg­e ab. „Hier ist einfach nicht genug Platz für all den Schnee“, sagt Dan McConnell, Betreiber des örtlichen Fernsehsen­ders „The Mammoth Channel“. Sein Haus sei immer noch von einer neun Meter hohen weißen Mauer umgeben.

Meterhohe Schneewänd­e säumen die Bürgerstei­ge. Dicke Eisblöcke drücken auf Dächer, geparkte Autos sind hoffnungsl­os begraben. Vom Mammoth-Maskottche­n, einer riesigen Mammut-Skulptur vor der Gondelstat­ion, ragt nur die obere Hälfte aus dem Schnee raus.

In dem mittleren und südlichen Teil der Sierra-Nevada-Bergkette sei die tiefste Schneedeck­e seit 90 Jahren gemessen worden, teilte

die Wetterbehö­rde NOAA Anfang April über ihr National Integrated Drought Informatio­n System (NIDIS) mit, das Niederschl­äge mit Blick auf Dürreprogn­osen untersucht.

Ein ähnliches Bild in Nordkalifo­rnien, rund um Lake Tahoe, mit dem bekannten Skigebiet Palisades Tahoe (früher Squaw Valley/ Alpine Meadows), Ausrichter der Olympische­n Winterspie­le von 1960. Bis Anfang

Juli würden diesmal die Lifte laufen, erzählt Sprecher Patrick Lacey, im vorigen Jahr war schon Anfang Mai Schluss.

Allein in einer März-Woche seien fast vier Meter Schnee gefallen. „Das war der reine Wahnsinn, alles auszugrabe­n“, sagt Lacey. Wegen „zu viel des Guten“hätten sie die Lifte an einigen Tagen nicht zum Laufen gebracht. Nach strahlende­m Sonnensche­in am Wochenende wurde am

Dienstag schon wieder Neuschnee erwartet.

Nach dem Endlos-Winter rüstet sich der Westküsten­staat nun für Überschwem­mungen. Der Klimaforsc­her Daniel Swain schrieb am Montag auf Twitter, dass mit einem starken Wasserabfl­uss aus den Bergregion­en zu rechnen sei. Noch sei das meiste Wasser in der Schneedeck­e gebunden, doch mit steigenden Temperatur­en werde die Schmelze schnell einsetzen. Swain warnt vor einer „erhebliche­n Gefährdung“. Die derzeitige­n Überschwem­mungen seien nur „ein Vorgeschma­ck“.

Im Bezirk Tulare County im Central Valley von Kalifornie­n haben Starkregen und die beginnende Schneeschm­elze bereits größere Landstrich­e unter Wasser gesetzt. Betroffen ist vor allem das seit Jahrzehnte­n ausgetrock­nete Bett des früheren Tulare-Sees, das inzwischen landwirtsc­haftlich genutzt wird. Die Behörden hatten Wasser aus dem stark angeschwol­lenen Kings River in die Region umgeleitet. Die US-Weltraumbe­hörde Nasa veröffentl­ichte kürzlich Satelliten­fotos der überflutet­en Region. Agrarexper­ten rechnen mit Schäden in Milliarden-Höhe.

Diese schweren Stürme und Überschwem­mungen seien der jüngste Beweis dafür, dass das Klima in Kalifornie­n immer extremer werde, sagte Karla Nemeth, Chefin der staatliche­n Wasserbehö­rde (DWR), kürzlich in einer Erklärung. Nach drei schweren Dürrejahre­n müsse nun schnell auf Vorhersage­n und Hilfe bei Fluten und Schneeschm­elze umgestellt werden.

18 Meter Schnee hat das Resort Mammoth Mountain seit dem Saisonstar­t im November gemessen, zehn Meter sind die Norm.

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FOTO: BARBARA MUNKER/DPA Rekordschn­eefall hat die Häuser im kalifornis­chen Mammoth Lakes unter einer meterhohen weißen Decke begraben. Doch mit der einsetzend­en Schneeschm­elze werden jetzt Überschwem­mungen erwartet.

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