Wo verlaufen die Trennlinien in der Koalition?
Nach der Mammut-Sitzung Ende März wollen die Spitzen von SPD, Grünen und FDP am Mittwochabend erneut zum Koalitionsausschuss zusammenkommen. Beschlüsse werden keine erwartet, es handele sich um ein Routinetreffen, heißt es. Befriedung an allen Ecken – so lautet die Mission.
ziehung keine Konstellation gebe, die sich näher stünde als andere. „Rot-Grün teilen weiterhin maßgebliche Gemeinsamkeiten“, sagte Kühnert und nannte als Beispiele unter anderem den Atomausstieg, den Zwölf-Euro-Mindestlohn und die Wohngeldreform. „Aber ja, in manchen Fragen ist uns auch die
FDP näher – oftmals ist das der Fall, wenn etwas in Deutschland gebaut werden muss.“
Es ist, wahrscheinlich unbeabsichtigt, ein wenig der Teaser für eine Veranstaltung, die am Dienstag in Berlin-Mitte stattfand. Das Wirtschaftsforum der SPD hatte geladen, zu einer Wirtschaftskonferenz unter dem Titel „Stärken, investieren, beschleunigen: Deutschlands Wirtschaft jetzt voranbringen“. Gastredner war neben dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil, FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Das Werben für den Standort Deutschland kommt nicht von ungefähr. Viele Firmen erwägen eine Abwanderung ins Ausland. Und da sind sich FDP und SPD sehr einig, wenn es darum geht, den Standort Deutschland attraktiv zuhalten. Oder, wie es die Präsidentin des Wirtschaftsforums, Ines Zenke, sagt: BMWK, die Abkürzung des Bundeswirtschaftsministeriums stehe für die Unterstützung der Wirtschaft. Und nicht für ein „Bundesabwicklungsministerium“. Lindner sagt später dann noch zur Wirtschaft, von dort höre er weniger die Bitte nach Subventionen als vielmehr die Bitte nach grünem Licht. „Ausgerechnet grünes Licht“, schmunzelt Lindner und kommt dann auf die Planungsbeschleunigung im Land zu sprechen, bei der er sich mit der SPD sehr einig sei.
Allerdings werden dann doch auch Unterschiede deutlich. SPDChef Klingbeil hatte erst am Vortag einen Vorstoß für die rasche Einführung eines Industriestrompreises unternommen, also für spezielle Stromtarife für die Industrie. „Ich fordere, dass wir in Deutschland
„Rot-Grün teilen weiterhin maßgebliche Gemeinsamkeiten.“Kevin Kühnert SPD-Generalsekretär
sehr schnell einen Industriestrompreis kriegen. Das wird helfen, durch eine Phase zu kommen, wo viele energiepolitische Umbrüche sind“, hatte er bei einem Besuch bei Volkswagen in Wolfsburg gesagt. Separate und vergünstigte Tarife für industriell genutzten Strom sollen dazu beitragen, die Energiekosten in vielen Unternehmen zu senken. Deren teils extreme Steigerungen seit dem Beginn des Ukraine-Krieges werden für manche Firmen inzwischen zu einer existenziellen Belastung. Wirtschaftsverbände sehen sie zudem als wachsende Gefahr für die Standorte Deutschland und Europa insgesamt.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält die Tarife für die deutsche Industrie ebenfalls für deutlich zu hoch. Allerdings will er eher dafür sorgen, dass sich Unternehmen direkt mit billigem Ökostrom versorgen können, anstatt dass der Staat den Strom herunter subventioniert. Und auch Lindner lehnte am Dienstag den von SPD und Grünen angedachten Industriestrompreis ab. Die Energiepreise müssten zwar gedrückt werden. Aber bei extrem teuren Subventionen für einen einheitlichen Industriestrompreis sei er sehr skeptisch, sagte der FDP-Vorsitzende. Es sei auch in der Praxis schwer abzugrenzen, wo Industrie genau beginne und ende. Marktwirtschaftliche Maßnahmen seien immer empfehlenswerter als eine Finanzierung aus dem ohnehin schon angespannten Haushalt. Das wiederum sieht man bei der SPD deutlich anders.