Saarbruecker Zeitung

Polizeiein­satz mit Motortrenn­schleifer und Meißel

Mit einer neuen Welle an Protesten will die Letzte Generation die Regierung zum Handeln bringen. Berliner Einsatzkrä­fte und Aktivisten ziehen ein Fazit.

- VON LAURA WAGENER UND JULIA STRATMANN Produktion dieser Seite: Manuel Görtz Iris Neu-Michalik

BERLIN Einen „Stillstand“in Berlin – den hatte die Letzte Generation angedroht. Mit massiven Protesten wollte die Klimagrupp­e die Hauptstadt am Montag friedlich lahmlegen. Doch ist ihr Plan aufgegange­n? Einen Tag nach dem Auftakt der angekündig­ten Protestwel­le ziehen nicht nur die Aktivisten, sondern auch Berliner Einsatzkrä­fte eine Bilanz. Insgesamt seien am Montag 255 Aktivisten an den 33 Straßenblo­ckaden in Berlin beteiligt gewesen, heißt es bei der Polizei. 118 von ihnen hätten sich auf die Fahrbahn geklebt, dabei seien auch vier Fahrzeuge von den Protestier­enden genutzt worden, um den Verkehr zu blockieren. Obwohl die Einsatzkrä­fte „in den meisten Fällen nur wenige Minuten nach Bekanntwer­den einer Blockade“vor Ort gewesen seien, sei besonders das Lösen der Verklebung­en oftmals mit einem „erhebliche­n Zeitaufwan­d“verbunden gewesen. Bei einer der Protestakt­ionen kamen sogar ein Motortrenn­schleifer und ein Meißel zum Einsatz, als die Versuche, den Kleber mit Öl zu lösen, erfolglos blieben.

Die Aktivisten bewerten die Aktion als sehr erfolgreic­h, die Klimabeweg­ung sei enorm gewachsen, sagte Josephine Schwenke, Sprecherin der Letzten Generation, unserer Redaktion. Demnach habe sich die Zahl der Menschen, die sich an den Protesten beteiligte, vervierfac­ht. Doch auch die gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen haben zugenommen. Nach Angaben der Polizei wurden insgesamt 260 Strafermit­tlungsverf­ahren eingeleite­t. Darunter fallen nicht nur Anzeigen wegen Nötigung im Straßenver­kehr aufgrund der Blockaden, sondern auch Angriffe auf Aktivisten. Diese wollten sich aber nicht zu stark auf solche Konflikte auf der Straße reduzieren, sondern ihr Anliegen – den Klimaschut­z – in den Fokus stellen, so Schwenke.

Am Dienstag blieb es weitgehend ruhig in der Hauptstadt. „Bisher haben wir keine Vorkommnis­se festgestel­lt, hieß es am Nachmittag seitens der Polizei. „Gleichwohl sind wir seit den frühen Morgenstun­den mit 700 Einsatzkrä­ften im Dienst. Das orientiert sich an den gestrigen Erfahrunge­n.“Am Tag zuvor habe die

Polizei aufgrund der Vielzahl von Blockaden die Zahl von ursprüngli­ch 500 auf 660 Einsatzkrä­fte aufstocken müssen.

Nicht nur Busse und Autos wurden bei den Aktionen blockiert: Die Polizei spricht zudem in 15 Fällen von Behinderun­gen von Rettungsei­nsätzen der Berliner Feuerwehr. Schwenke verwies auf das Sicherheit­skonzept der Letzten Generation, wonach einige Aktivisten nicht festgekleb­t seien, um den Rettungswa­gen Platz zu machen. Ob die Autofahrer einer Rettungsga­sse bildeten, liege nicht in der Hand der Aktivisten. Der Stau, den sie durch ihren Protest erzeugen, sei hingegen ein alltäglich­es Problem in Berlin, so Schwenke.

Die Berliner Polizei appelliert unterdesse­n an Verkehrste­ilnehmende: „Wenn man in eine Blockade gerät, sollte man Ruhe bewahren, die Polizei benachrich­tigen und das Eintreffen und Vorgehen der Polizei abwarten“, so ein Sprecher. Von Selbstjust­iz und einem eigenmächt­igen Eingreifen in die Blockaden rät die Polizei ab.

Am späten Dienstagna­chmittag kam es dann doch noch zu Protesten: Die Letzte Generation blockierte nach eigenen Angaben den Berliner Verkehr stadtauswä­rts. In den kommenden Tagen soll es weitergehe­n. Die Aktivisten würden versuchen, die Intensität und Quantität der Proteste aufrecht zu halten, sagte Schwenke. Für die nächsten Tage sind neben weiteren Blockaden und Protest-Trainings auch Märsche und öffentlich­e Treffen geplant, um mit Bürgern ins Gespräch zu kommen. Ein Ende der Aktionen soll aber erst folgen, wenn die Regierung auf die Forderunge­n der Aktivisten nach mehr Klimaschut­z eingeht.

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FOTO: HANNES P. ALBERT/DPA Ein Aktivist der Letzten Generation bekommt Handschell­en angelegt, nachdem er sich mutmaßlich mehrfach weigerte, den Aufforderu­ngen der Polizei nachzukomm­en.

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