Saarbruecker Zeitung

Wie einst das Feuer

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ls im Herbst des ver

Jahres das auf künstliche­r Intelligen­z (KI) basierende Schreibpro­gramm ChatGPT vorgestell­t wurde, war mir sofort klar: Das ändert alles.

Ein Programm, das auf Knopfdruck druckreife Texte zu jedem x-beliebigen Thema ausspucken kann, für die ein Mensch Stunden, wenn nicht gar Tage gebraucht hätte, wird unser Leben revolution­ieren – in ähnlicher Weise wie einst die Erfindung der Druckerpre­sse oder der Dampfmasch­ine.

Ein halbes Jahr später muss ich mich korrigiere­n. Nachdem ich mich intensiv mit dieser Technologi­e befasst habe, würde ich die jüngsten Durchbrüch­e auf dem Gebiet der KI eher mit dem Feuer vergleiche­n. Das Feuer hat uns Menschen einst mächtig gemacht. Doch ungezähmt kann es auch eine zerstöreri­sche Kraft entfalten, die verheerend­e Konsequenz­en nach sich ziehen kann.

Wenn Computer lernen, wie wir zu denken, dabei auf sämtliche Daten, Schriften und Bücher zurückzugr­eifen, die jemals verfasst worden sind, stehen wir an der Schwelle zu einer neuen Epoche. Der Homo sapiens ist nicht länger allein der Erleuchtet­e auf diesem Planeten. Als wäre plötzlich ein Außerirdis­cher gelandet, der ähnlich wie im Film von Steven Spielberg mahnend seinen leuchtende­n Zeigefinge­r erhebt: „KI nach Hause telefonier­en!“Die Geschichte lehrt uns, dass Zeiten des Umbruchs schon immer gefährlich­e Zeiten waren, brandgefäh­rliche Zeiten. Wie einst beim Feuer müssen wir aufpassen, dass die kostbare Glut nicht erlischt. Gleichzeit­ig müssen wir sicherstel­len, dass diese neue Macht nicht missbrauch­t wird oder gar aus Gier oder durch Unachtsamk­eit außer Kontrolle gerät.

Von einer Zähmung des KI-Feuers sind wir noch weit entfernt. Im Digitalaus­schuss des Deutschen Bundestags wird derzeit die Vorlage einer entspreche­nden EU-Verordnung diskutiert. Dabei hat man sich noch nicht einmal auf eine gemeinsame Definition von KI verständig­en können. Die Zeit drängt. Vielleicht sollten die Abgeordnet­en ChatGPT um Hilfe bitten?

Unser Autor ist Blogger und Digitalexp­erte.

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