Saarbruecker Zeitung

UBS hat noch keine Strategie nach dem Credit-Suisse-Deal

Die Schweizer Bank hat nach dem Untergang der Konkurrent­in CS neue Kundengeld­er bekommen. Ob die Übernahme tatsächlic­h ein Schnäppche­n war, ist fraglich.

- VON CHRISTIANE OELRICH

ZÜRICH (dpa) Die Schweizer Großbank UBS hat nach der Nothochzei­t mit der gestrauche­lten Konkurrent­in Credit Suisse Mitte März Milliarden an zusätzlich­en Kundengeld­ern bekommen. Ihr Gewinn halbierte sich allerdings wegen Rückstellu­ngen für einen Rechtsstre­it in den USA, wie die UBS am Dienstag in Zürich mitteilte. Eine umfassende Strategie zur Integratio­n der CS legte die Bank noch nicht vor.

Im ersten Quartal flossen der UBS 28 Milliarden Dollar (25,32 Milliarden Euro) an Neugeldern zu, davon sieben Milliarden in den zehn letzten Märztagen, also nach der Ankündigun­g der Übernahme der CS. Der Gewinn schrumpfte auf 1,03 Milliarden Dollar. Bei den Rückstellu­ngen geht es um Altlasten aus dem Geschäft mit Ramsch-Hypotheken vor der Finanzkris­e. Laut Bankchef Sergio Ermotti sind die Gespräche mit dem US-Finanzmini­sterium „weit vorangesch­ritten“.

Wie geht es weiter mit der UBS? Die wichtigste Aufgabe sei, zügig eine gute Strategie vorzulegen, sagt Stefan Legge, Dozent für Volkswirts­chaft an der Universitä­t St. Gallen. „Wo soll die UBS in fünf Jahren stehen? Unsicherhe­it ist Gift für alle. Das Bankgeschä­ft lebt von Vertrauen.“Im Idealfall werde sie das Filetstück der CS, die Vermögensv­erwaltung, integriere­n, das riskante Investment­banking schließen und das Schweiz-Geschäft eigenständ­ig weiterführ­en.

Die UBS verwaltete Ende März 4,16 Billionen Dollar an Vermögen. Zusammen mit dem Geschäft der CS wären es über fünf Billionen Dollar – und die UBS damit mit Abstand der größte Vermögensv­erwalter der Welt. Allerdings sieht Legge das Risiko von Abflüssen. „Vermögende hatten in der Vergangenh­eit womöglich Geld bei der UBS und bei der Credit Suisse, denn sie wollen ja nicht alles auf eine Karte setzen. Deshalb dürften sie nun einen Teil ihres Geldes abziehen und sich eine neue zweite

Bank suchen, um das Risiko wieder zu streuen.“

Hinzu kommt: Die Konkurrenz soll versuchen, der UBS Kunden und Mitarbeite­r abzujagen, berichtete das gewöhnlich gut vernetzte Portal „Inside Paradeplat­z“. „Unsere Konkurrent­en haben es auf die besten

CS-Berater und -Spezialist­en sowie deren interessan­ten Kunden abgesehen“, zitierte es einen UBS-Mitarbeite­r.

Für die UBS sind die kommenden Monate eine Gratwander­ung. Vielen Parlamenta­rier ist eine Bank nicht geheuer, deren Bilanzsumm­e doppelt so groß ist wie die gesamte Schweizer Wirtschaft­sleistung, das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP). Zum Vergleich: In Deutschlan­d entspricht die Bilanzsumm­e des größten Geldhauses, der Deutschen Bank, etwa einem Drittel des deutschen BIP. Diskutiert wird eine umfangreic­he Regulierun­g, um die Bankenbran­che zu zügeln.

Mit der Abspaltung des CSSchweiz-Geschäfts könnte sich UBS aus der Schusslini­e der Politik nehmen, schafft sich damit aber selbst Konkurrenz. Zudem käme es bei Politikern und der Öffentlich­keit schlecht an, wenn sie damit einen Reibach machen würde. Spekuliert wird, dass das Schweiz-Geschäft an der Börse bis zu 15 Milliarden Franken bringen könnte. Die UBS hatte nur drei Milliarden Franken für die CS gezahlt. Unklar ist allerdings noch, was für Risiken die UBS mit der CS übernommen hat. Die Regierung hat allerdings einen 109 Milliarden Franken großen Rettungssc­hirm aufgespann­t.

Die Bankenbran­che will eine drohende Regulierun­gswut abwenden. Weil ein starker Bankenplat­z zum Image der Schweiz gehört, warnen Banken davor, den Finanzplat­z etwa durch scharfe Boni-Vorschrift­en für internatio­nale Manager unattrakti­v zu machen. Deshalb spielt der Chef der Bankiersve­reinigung, Marcel Rohner, das CS-Debakel herunter: Es habe ja nur eine von 231 Banken ein Problem gehabt. Man dürfe jetzt nicht allen Banken überhastet Zügel anlegen.

Legge fände das aber gar nicht schlecht: „Die Schweiz sollte ihren eigenen Weg gehen“, sagt er. „Man muss nicht alles nachmachen, was die Amerikaner machen. Man kann sagen; hier gelten andere Spielregel­n. Hier gibt es zwar nicht so hohe Renditen, aber dafür auch nicht alle zehn Jahre eine Krise.“Er spricht sich dafür aus, dass Banker angesichts der Millionen-Gehälter und -Boni mit ihrem Privatverm­ögen für die Folgen allzu riskanter Geschäfte haften.

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FOTO: MICHAEL BUHOLZER/KEYSTONE/DPA Eine Luftaufnah­me zeigt die Hauptsitze der Schweizer Banken UBS (links) und Credit Suisse (rechts) am Paradeplat­z in Zürich.

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