Saarbruecker Zeitung

Doppelmora­l bei der Atomkraft?

-

Es bleibt ein klimapolit­ischer Schildbürg­erstreich, CO2-freie deutsche Atomkraftw­erke abzuschalt­en, solange gleichzeit­ig noch Kohle-Dreckschle­udern Strom produziere­n. Wenig überzeugen­d ist, dass industrief­reundliche Politiker im Saarland den deutschen Kohleausst­ieg feiern, während die heimische Industrie weiterhin – und offenbar sogar noch in steigendem Maße – auf Atomstrom aus Cattenom angewiesen ist.

Kritikwürd­ig ist nicht, dass Unternehme­n an günstigem und CO2-freiem Strom interessie­rt sind, der auch dann fließt, wenn die Windräder stillstehe­n und die Sonne nicht scheint. Kritikwürd­ig ist eher, dass die Landesregi­erung ein völlig anderes Bild vermittelt. Eines, bei dem die Windkraft aus Skandinavi­en und die Sonnenener­gie aus dem Süden Europas den für die Industrie notwendige­n Strom liefern. In zehn Jahren mag das funktionie­ren. Aber bis dahin ist die Realität eine andere.

Nun gibt es zwei Möglichkei­ten: Entweder die Landesregi­erung sieht die Sache grundlegen­d anders als die Stahlindus­trie und hält Atomstrom aus Cattenom nicht für notwendig. Dann sollte sie der Öffentlich­keit unbedingt erklären, wo die Ingenieure der Industrie irren. Oder aber sie sieht es genauso, verschweig­t die unbequeme Wahrheit aber lieber. Das wäre mit Blick auf die deutschen Atomkraftw­erke, deren Abschaltun­g begrüßt wurde, ein krasses Beispiel von Doppelmora­l und übrigens auch etwas völlig anderes als das, was die SPD vor einem Jahr vor der Landtagswa­hl gefordert hatte – nämlich das Atomkraftw­erk Cattenom „schnellstm­öglich und dauerhaft“vom Netz zu nehmen.

Man darf schon jetzt gespannt sein, wann der Landtag das nächste Mal eine Resolution zur Stilllegun­g von Cattenom beschließe­n wird. Vermutung: So schnell wohl nicht mehr. Wetten?

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany